Coldcut – 30 Jahre und kein bisschen leise

Press Photo 1 - Coldcut x On-U Sound - Photo Credit Ahead Of Our Time5

Man kann durchaus von einem biblischen Alter reden, wenn man über die Existenz von Coldcut spricht. 30 Jahre in einer recht schnelllebigen, elektronischen Musikszene sind aller Ehren Wert – und vor allem noch lange nicht das Ende. 1987 erschein die erste Single „Beats + Pieces“ auf ihrem Label Ahead Of Our Time, zwei Jahre später der erste Longplayer. Jon More und Matt Black produzierten Welthits wie „Doctorin’ The House“ oder „People Hold On“ und gründeten 1990 das stilbildende Label Ninja Tune. Im Mai erschien ihr neues Album „Outside The Echo Chamber“, das zusammen mit Adrian Sherwood produziert haben. Jon More stand uns Rede und Antwort: 

Glückwunsch, 30 Jahre Coldcut, das klingt unglaublich, oder? Habt ihr euch in eurer Anfangszeit jemals darüber Gedanken macht, was die Zukunft für Coldcut bringen würde?

Da habe ich nie drüber nachgedacht. Viele meiner damaligen Lieblingskünstler sind nur ein paar Jahre in der Musikindustrie geblieben. Ich denke, dass wir Ninja Tune gestartet haben, hat unsere Langlebigkeit begünstigt. 

Ihr habt drei Dekaden passiert, befindet euch in der vierten. Wir würdest du jede dieser in einem Satz beschreiben?

80er-Jahre: Geburt, die zeit der Unschuld und der Möglichkeiten – Dauerwellen, Schulterpolster & Hip-Hop

90er-Jahre: Konsolidierung. Das Rave-Zeitalter und die Anfänge der Superstar-DJs – ob das nun gut ist oder nicht. Ninja Tune etabliert sich. Baggy Shirts und Neon-leuchtende Klamotten.

00er-Jahre: Veränderung, eine Zeit der Besinnung und Hoffnung löste sich in einer Zeit von Krieg und Hass auf. 911, Massenvernichtungswaffen, Google, die Internetexplosion.

10er-Jahre: Technologie wird mächtig. Hoffnung könnte zurückkehren, aber Falsche-Flagge-Aktionen, Leaks, Wiki hier & Wiki da, globale Erwärmung, Reality Stars …

Im Mai habt hier ein neues Album veröffentlicht, elf Jahre nach dem bisher letzten und 28 Jahre nach dem Debütalbum. ist die Motivation noch wie am ersten Tag? Auch mit dem Hintergrund, dass Alben heutzutage nicht mehr den gleichen Stellenwert wie früher haben.

Musik zu machen, ist etwas, was man fühlt und wozu man nicht gezwungen wird, wenn wir an unseren eigenen Beat arbeiten. Es ist wahr, das Albumkonzept ist im Niedergang, Playlists sind jetzt das Ding. Aber Musik ist Musik und wir hoffen, dass unsere zeitlos ist.

Wenn ihr die Arbeit für euer Label Ninja Tune betrachtet, was sind die größten Unterscheide zwischen heute und den Anfangszeiten?

Es gibt so viele Unterschiede, aber viele Dinge sind auch immer noch gleich. Hosen bleiben Hosen. Sie können eng anliegen, weit oder baggy sein, aber es sind alles noch Hosen. Die großen Veränderungen kommen wie Wellen daher. Man muss sie reiten und hoffen, dass man ans Ufer navigieren kann. Der Marsch der Technologie ist nicht zu stoppen. Wir passen uns an, denn das bedeutet, menschlich zu sein.

Ist es heute einfacher oder schwieriger, Musik erfolgreich zu veröffentlichen?

Ich denke, es ist viel einfacher heutzutage Musik zu veröffentlichen, aber viel schwieriger damit Erfolg zu haben und davon zu leben.

Auch wenn es schwer fällt, aber was sind deine Ninja-Tune-Lieblingsalben?

Alle Alben von Thundercat … Cinematic Orchestra, Bonobo … ich kann mich nicht auf eins festlegen, es sind so viele.

Aus dem FAZEmag 068/10.2017

Termin:
24.11.17 | Hannover, Cumberlandsche Galerie (Jon More DJ-Set)
www.coldcut.net