Complexed Records – Drumcomplex macht die 50 voll

Von Emmerich am Rhein bis in die ganze Welt: So oder so ähnlich läuft das nicht nur für Drumcomplex, sondern auch für die Musik, die auf dem eigenen Label Complexed Records erscheint. Mittlerweile sind es ganze 50 Veröffentlichungen – und mit der „Cosmos“-EP hat Drumcomplex selbst die Jubiläumsausgabe geschaffen. Für uns der perfekte Anlass, um mal wieder das Gespräch mit dem Musiker und Labelbetreiber Arnd Reichow zu suchen.

Drumcomplex-Studio 3 5


Als Drumcomplex veröffentlichst du zusammen mit deinem Bruder seit etwa 2002 House- und Techno-Musik, rund zwölf Jahre später kam dann das eigene Label Complexed Records dazu. Welche Idee stand hinter mit dem eigenen Imprint? Wofür sollte Complexed Records bei der Gründung vor vier Jahren stehen?

Um ganz ehrlich zu sein: Ich hatte einfach total Bock auf ein eigenes Label, auch schon damals, als wir mit Drumcomplex gestartet sind. Es hat sich dann jedoch alles über Jahre gezogen, bis ich den Raum und die Zeit dafür hatte, das Label an den Start zu bringen. Die Idee dahinter war relativ einfach: Es ging darum, eine Plattform zu schaffen, mit der ich Musik befreundeter Künstler und natürlich auch unsere eigenen Sachen releasen kann. Das war früher so und ist teilweise heute immer noch so bei Complexed Records.

Wie kam es nach zwölf Jahren zu dem Wunsch, ein eigenes Label zu führen? Die Kontakte zu zahlreichen A&Rs und anderen Kollegen bestanden doch bereits. 


Genau das ist der springende Punkt: Wir haben super Kontakte und veröffentlichen auf wirklich tollen Labels. Aber auf Complexed entscheide letztendlich ich über das Wann, Was und Wo. Das gibt einem schon eine gewisse Freiheit, die man auf anderen Labels nur eingeschränkt genießen kann. Dort gilt es, sich dem Stil und der Label-Philosophie anzupassen.

Euer Projekt Drumcomplex betreibt ihr als Duo. So auch das Label?


Wir sind zusammen gestartet, Daniel und ich. Mein Bruder ist ein begnadeter Musiker und Tontechniker und ich habe viel von ihm gelernt über die Jahre. Nach unserem ersten Solo-Album „Perfection Is In Imperfection“ im Jahr 2016 hat er sich immer mehr aus dem Produktionsprozess zurückgezogen. Er war nie derjenige, der auf die Bühne wollte, und geht gerade einen anderen Weg. Wir verstehen uns jedoch nach wie vor blendend und er verfolgt das ganze Projekt mit großer Spannung. Das Label, das ich 2012 gegründet habe, war hingegen schon immer mein alleiniges Baby.

Wofür steht Complexed heute?
Hat sich an der Vision in der Zwischenzeit etwas geändert, weil du mittlerweile vielleicht noch mehr Erfahrung hast als noch vor vier Jahren?


Im Grunde veröffentliche ich immer noch Musik, die mir gefällt, und biete Freunden, aber auch anderen Acts die Möglichkeit, auf Complexed zu releasen. Natürlich habe ich viel gelernt während der letzten 50 Veröffentlichungen; Promotion ist zum Beispiel ein ewiges Thema, an dem man kontinuierlich wachsen kann. Ich arbeite hier seit ein paar Jahren mit Pull Proxy zusammen, die einen super Job machen.

Welchen Einfluss hat das aktuelle Zeitgeschehen auf die Musik von Complexed?


Trends kommen und Trends gehen – ich denke, das ist bei uns nicht anders.

Als Betreiber kannst du natürlich alle Releases empfehlen, doch bei 50 Nummern gibt es mit Sicherheit ein paar „Secret Weapons“ im Complexed-Katalog. Welche kannst du unseren Lesern besonders ans Herz legen?


Zum einen gibt es da diesen Alexander-Kowalski-Remix von der Nummer „Valley Of Hope“ von Kevin de Vries. Ich bin seit langer Zeit ein riesen Kowalski-Fan und umso schöner war es, als er uns den Remix zusagte. Alexander lieferte uns sogar zwei verschiedene Versionen von Kevins Nummer, einen klassischen Remix und einen Ambient-Mix.
Zum anderen wäre da „We Are All One“ von Sven Sossong. Sven hat mit „We Are All One“ sein Album bei uns platziert, der Titel-Track ist eine Hymne, die alle Dancefloors in Ekstase versetzt. Nicht zu vergessen: „Hurting Me“ von Sad Girl. Sad Girl ist ein Geist, denn keiner weiß, wer oder was hinter diesem Projekt steckt. Die Musik ist episch und komplett analog produziert. Haltet die Augen und Ohren offen – da kommt noch mehr!

Kevin de Vries erregt nun seit Monaten immer mehr Aufmerksamkeit. Vier EPs hat er mittlerweile bei dir veröffentlicht. Wie habt ihr zusammengefunden und wie siehst du die Entwicklung des jungen Acts?

Kevin schickte mir 2014 ein Demo und ich empfand die Musik als sehr interessant und frisch; eigentlich war es gar nicht die Richtung, nach der ich aktiv gesucht hatte. Wir telefonierten sehr lange und es entwickelte sich eine enge Freundschaft, die bis heute anhält. Es vergeht im Grunde kaum ein Tag, an dem wir nicht in Kontakt stehen.
Ich finde, Kevin hat besonders nach der „Journey Through Life“ auf Complexed einen echten Sprung gemacht und auch Adam Beyer ist durch diese EP auf ihn aufmerksam geworden. Den Rest kennt man ja: Drumcode-Release, Teil der „Fabric Mix“-CD von Tale of Us, die „We Are The Brave“-EP usw.
Für mich ist er einer der jungen Wilden, die die Szene aufmischen.

Auch Linus Quick hat sich bei Complexed verewigt, unter anderem mit seinem Album „True Friends“. Linus ist schon seit vielen Jahren Teil der elektronischen Szene und ein sehr talentierter Künstler. Nun tritt er immer mehr aus dem Schatten ins Licht. Dürfen wir uns auf weitere Veröffentlichungen von ihm freuen?

Ich habe die Frage gerade an ihn weitergeleitet und er hat sie mit „Ja“ beantwortet. Ich freue mich sehr, dass Linus sein Album bei uns releast hat. Er ist supertalentiert und eine mega Produktionsmaschine. Ende des Jahres darf ich ihn dann wieder auf dem Label begrüßen – mit einem dicken Release in der Tasche!

Wie sieht im Allgemeinen der Plan für die kommenden Releases aus? Und wie geht es mit dem Sublabel Complexed Ltd. weiter, auf dem 2016 dein Album „Perfection Is In Imperfection“ erschien?

Ich plane auf Complexed im Grunde nur maximal zwei bis drei Releases im Voraus. Ich mag es nicht, wenn Veröffentlichungen ewig auf sich warten lassen. Demnächst erscheint eine coole EP von Relham, einem neuen Künstler, inklusive Remixen von Andre Crom und Cortechs. Außerdem habe ich den Wiener Künstler und alten Freund Chris Nait gesignt, mit einem dicken David-Temessi-Remix. Complexed Ltd. habe ich gegründet, weil ich für mein Album mit einem anderen Vertrieb zusammengearbeitet habe, seitdem liegt es allerdings auf Eis. Mal sehen, was die Zukunft bringt.

Und das 50. Release kommt nun von Drumcomplex selbst – drei Titel birgt die „Cosmos“-EP. War es Zufall oder Plan, dass diese Katalognummer von dir gestaltet wird? Verspürt man da plötzlich besonderen Druck?

Ich wollte schon, dass das 50. Release von mir ist, und glücklicherweise gingen mir die drei Titel auch richtig gut von der Hand. Ich hatte bei der Entstehung echt viel Freude und eigentlich gar keinen Druck. Nun bin ich sehr zufrieden mit dem Ergebnis und auch echt glücklich mit der Kollaboration mit DJ Yeni. Auch hier besteht eine Freundschaft, die sich im Laufe des letzten Jahres entwickelt hat. Ich finde es immer toll, wenn wir alle gut miteinander klar kommen und uns gegenseitig supporten. „Complexed Family“-Style! (lacht)

 

Aus dem FAZEmag 076/06.2018
Text: Gutkind
www.drumcomplex.de

 


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