ESNS Festival 2019 – San Holo im Interview

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ESNS // 16.-19.01.2019 // Groningen (Niederlande)
Line-up: Famke Louise, Brides of Lucifer, Ocean Wisdom, Gato Preto, John Moods, Lord Kesseli & The Drums, Mio, Naked Cameo, Say Yes Dog, Someone, Eerie Wanda, Elderbrook, Cassia, Ferris & Sylvester, Blanco White, Ivan Dorn, Long Tall Jefferson, Fieh, Moncrieff, Nico Casal, Sascha Boole, Tomat Petrella, Thom Artway u. v. a.
www.eurosonic-noorderslag.nl
www.sanholo.com

Und jährlich grüßt das Murmeltier. Es ist mal wieder so weit: Die genre-übergreifende Musikbranche gesellt sich ins niederländische Groningen, um ein riesiges Meet & Greet zu veranstalten. Die Entdeckung von vielversprechenden Newcomern – dieses Ziel haben sich die Veranstalter auf ihre Fahne geschrieben. Die Organisatoren sind (und das ist kein Geheimnis) übrigens die gleichen, die auch den Amsterdam Dance Event durchführen. Unterschiede zum Großen-Bruder-Festival: Beim ESNS steht nicht nur elektronische Musik im Mittelpunkt, sondern jede Art von Sound. Ambient, Pop, Singer / Songwriter, Elektro, Hip-Hop. Aber, klar: Auch Techno, House, Minimal. Premiere in 2019: Es wird diesmal gleich zwei Fokus-Länder geben – und nicht, wie bisher, nur ein Land. Letztes Jahr war Dänemark im musikalischen Zirkelzentrum. Bei der kommenden Ausgabe sind es die Tschechische Republik und die Slowakei, die viele Artists aus den eigenen Reihen nach Holland schicken.
Rund 350 Showcases fahren die Betreiber auf, mehr als 4000 Konferenzteilnehmer werden erwartet. Gut 150 Panels und Keynotes mit Vorträgen, Diskussionsrunden und -foren gibt es vor Ort. Und natürlich jede Menge Feiermöglichkeiten: Roundabout 400 Konzerte, Gigs und Performances finden an den vier Tagen im Januar statt. Einer, der schon öfter dabei war und mittlerweile zu den Top-Playern zählt, ist San Holo. Und mit ihm haben wir uns mal intensiv über das Big Business unterhalten.

Im September erschien dein Debütalbum „album1“. Erzähl doch mal: Wie war so der Ideenfindungs- und der Produktionsprozess? Und: Wie kamst du auf den „überaus kreativen“ Albumnamen?

Die Idee für dieses Album war, etwas Neues zu tun. Ich wollte meinen Sound unbedingt neu erfinden. Zum Konzept gehörte auch, dass ich meine Skills an der Gitarre weiter verfolgt und intensiviert habe und diese Elemente ins Album einfließen ließ. Ich hatte in den letzten vier Jahren straight elektronische Musik gemacht, und ich hatte das Gefühl, wirklich alles aus mir herausgeholt zu haben. Die Quintessenz mit Folge: Ich habe mich in einem airbnb in Los Angeles eingeschlossen und begann zu schreiben. Sechs Monate später war das Werk fertig. Dieser Prozess war eine der intensivsten Phasen meines Lebens, und zugleich eine wirklich schöne.
Der „kreative“ Albumname? Der kam mir ganz einfach in den Sinn. Ich wollte, dass meine Hörer und Fans nicht mit Vorurteilen an das Debütalbum herantreten. Ich wollte und will ihnen Spielraum für eigene Interpretationen lassen.

ESNS in Groningen. Warst du schon mal dort und wie sind deine Pläne für ESNS 2019?

Ja, ich war dieses Jahr bereits am Start und habe dort gespielt. Ich freue mich schon riesig auf Januar 2019, um wieder dabei sein zu dürfen. Es macht immer wieder Spaß, in meinem „native Country“ zu spielen, in meiner Heimat. Mein Plan ist, eine Shortcut-Version meines Albums live zu spielen, die ich momentan während meiner US-Tournee – in Anführungszeichen – teste. Ich kam zuvor direkt aus Australien und in Kürze spiele ich meine letzte Show, bevor es dann vier Wochen in den Urlaub geht. Und bevor dann 2019 und ESNS kommt. (lacht)

ESNS, ADE & Co. – Was denkst du: Wie wichtig sind solche Musikkonferenzen für die Entwicklung der Musikszene?

Ich denke, solche Festivitäten sind sehr hilf- und aufschlussreich, und sie können überaus motivierend sein, um neue und gleichgesinnte Leute kennenzulernen. Man kann bei solchen Konferenzen auf Tuchfühlung mit den Artists gehen, da die Venues eher klein und überschaubar sind – was sehr gut ist! Das Besondere bei ESNS ist die großartige Möglichkeit, neue Künstler zu entdecken, da das Line-up nicht auf kommerziell bereits erfolgreiche Acts ausgelegt ist. Nebst ESNS ist aber auch der Amsterdam Dance Event einer meiner Top-Favoriten bezüglich Musik-Konferenzen. Gerade in den letzten zwei Jahren haben wir hier massiv mein Label Bitbird vorangetrieben und etliche Showcases beim ADE gemacht. Außerdem habe ich beim diesjährigen ADE ein Panel ins Leben gerufen. Also kann ich schon sagen: Ich bin absolut pro Konferenzen! (lacht)

ESNS ist vor allem für Newcomer interessant. Wenn du viele Jahre zurückdenkst, als du noch in den Startlöchern warst und deine Karriere noch in den Kinderschuhen steckte – wie fing alles an?

Los ging es im zarten Alter von 13 Jahren, als ich mit dem Gitarre spielen anfing. Das habe ich an der Rotterdam Conservatory After Highschool gelernt. Anschließend habe ich zwar in vielen Bands gespielt, aber die haben sich nach kurzer Zeit immer wieder aufgelöst. Aus den unterschiedlichsten Gründen – oft wegen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der jeweiligen Kombo. Weißt du, eine Band ist wie eine Familie: Es ist schwer, alle Mitglieder gleichermaßen zufriedenzustellen. Also entschied ich mich für den Soloweg. Dann bin ich einzig und allein für das verantwortlich, was geht – und was schief geht. (lacht) Ich begann mit Ambient, Post-Rock und Gitarren-Sound, kam aber Schritt für Schritt weiter in Richtung elektronischer Musik und Hip-Hop. Ich habe diverse Remixe gemacht und diese auf Soundcloud hochgeladen. Und dann kam mein Remix zu „The Next Episode“ von Dr. Dre. Und der sprengte alle Ketten – und der Ball begann unaufhaltsam zu rollen.

Du hast es vorhin schon erwähnt: dein eigenes Label Bitbird. Sind neue Releases geplant?

Und ob! Wir sind gerade dabei, die Debüt-EP „Minds“ von Taska Black zu veröffentlichen – auf die ich wirklich sehr gespannt bin. Taska ist übrigens bei all meinen „album1“-Tournee-Terminen als Support-Act dabei. Das ist für ihn auch eine große wie großartige Chance, den Leuten sein Können zu beweisen. Wir haben auch eine EP des Rotterdamer Pianisten Analogue Dear in der Pipeline. Dann noch eine Single von Duskus, die ebenfalls bei meiner Tour im Gepäck ist. Und viele neue, aufstrebende Acts.

Klingt nach jeder Menge Arbeit, viel Input und vielversprechendem Output. Umso schwieriger, jetzt den Spagat zur nächsten Frage zu meistern. Ich stelle sie jetzt einfach mal: Gab es „den peinlichsten Moment“ in deiner DJ-Laufbahn?

Oh ja, den gab es. Ist noch gar nicht so lange her. Ich habe auf der Mainstage des Tomorrowland gespielt und einen ziemlich fetten Fehler gemacht. Geht mal auf meinen Twitter-Account und guckt euch das Video an, was ich da vergeigt habe. (lacht)

Ich sag jetzt mal so: Kann passieren, sollte aber nicht passieren. Aber: Schwamm drüber und auf zur nächsten Frage: Welches war der Moment, den du als DJ nie vergessen wirst?

Für mich sind die Augenblicke auf den großen Festivals unvergesslich. Total verrückt, wie viele Leute da vor dir stehen und zu deinem Sound abgehen. Wenn ich überlege, dass ich in Rockbands angefangen, dann über viele Jahre hinweg in meinem Schlafzimmer Musik produziert habe – und dann finde ich mich plötzlich auf den Mainstages von Coachella, Lollapalooza & Co. wieder. Und zu sehen, wie die Partycrowd abgeht, das ist für mich immer noch total surreal. Und ich hoffe, das Gefühl hört niemals auf.

Kurz und knapp: Deine Musik in nur einem Wort?

Emotional. Oder warte … Besser noch: nostalgisch.

Und last but not least: Deine aktuelle Top-5:

1. The Blaze – Virile
2. Flaws – All We Are
3. Analogue Dear – Obrecht
4. DROELOE x Sem – Facing The Sea
5. Marcioz – Mate Um Bonito Hoje Mesmo