Fabio und Moon – Von der WG ins Studio

Fabio_Moon

Das erfolgreiche Spin-Twist-Records-Duo Fabio & Moon fand trotz vollem Terminkalender die Zeit für ein Interview mit uns. Die beiden sind sowohl zusammen als auch jeder für sich als Solo-Act ein absoluter Garant für tanzbaren Sound. Wir haben also mal ein wenig hinter die Kulissen von Fabio & Moon geschaut.

Bitte stellt euch doch kurz vor – wer sind Fabio & Moon? 

Fabio: Moin! Ich heiße Fabio Fusco und bin 36 Jahre jung. Meine Heimatstadt ist Hamburg, hier lebe ich. Wegen meines Namens denken viele, ich sei Brasilianer. Aber nein, von so weit her bin ich nicht gereist – und es ist ein italienischer Name. Meine Eltern sind damals aus Italien nach Deutschland ausgewandert.

Benni: Ich bin Benni Glowatzki, 38 Jahre alt und wohne in Ottensen, circa zehn Gehminuten von Fabio entfernt. Geboren bin ich in Bayern und aufgewachsen in Niedersachsen, mittlerweile bin ich aber auch seit 17 Jahren in Hamburg beheimatet.

Wie seid ihr zur Goa/Trance-Musik gekommen? 

Fabio: Auf den Psy-/Progressive-Trance- oder Goa-Sound, wie man sagt, bin ich etwa 1996 gestoßen. Vielleicht hast du mitbekommen, dass ich früher ein Profi-Skateboarder war, und dort, wo wir geskatet sind, hat ein Freund eine Goa-Party veranstaltet. Da dachte ich mir: Das schau ich mir mal an! Sofort hat mich das ganze Ambiente umgehauen, die Musik, die Deko, die Vibes … So was kann man sich heute schwer vorstellen, denn zu der Zeit war es auch noch etwas ganz anderes als heute.

Nach diesem Erlebnis hatte ich auch Bock darauf und fing an, mir die ersten Platten zu kaufen. Die Mk2-Plattenspieler hatte ich schon – mein Paps, der früher auch selbst DJ war, hatte sie mir geschenkt. Zu der Zeit hatte ich schon etwas Hip-Hop und Drum ’n’ Bass aufgelegt. Und etwas später habe ich dann mit eigenen Produktionen angefangen.

Benni: Tatsächlich gibt es zwischen Fabio und mir hier einige Parallelen. Ich wurde Ende der Neunzigerjahre von meinen älteren Freunden auf mein erstes Goa-Festival mitgenommen. Das Festival, die Musik und die Szene generell haben mich total beeindruckt und so habe ich in diesem Sommer diese Leidenschaft für mich entdeckt.

1997 war es dann so weit: Ich habe mir meine ersten Plattenspieler und Mischer gekauft und unzählige Nächte davor verbracht.

Wo liegen eure musikalischen Wurzeln? 

Fabio: Da ich ja, wie schon erwähnt, aus der Skater-Szene komme, habe ich natürlich mit Hip-Hop, Rock, Punk und etwas Drum ’n’ Bass angefangen. Meine Wurzeln liegen also in verschiedenen Genres. Ich bin sehr, sehr offen, was Musik angeht. Aber jetzt, nach 22 Jahren Psy-/Progressive-Trance, könnte man doch schon fast sagen, dass meine Wurzeln genau dort liegen.

Benni: Ich bin 1979 geboren und mit dem New-Wave-Sound und Punk aufgewachsen. Die Mischung aus Synthesizer-Sound und Punk-Musik ist genau mein Ding. New Order, The Cure, Billy Idol, Depeche Mode – das kann ich mir stundenlang anhören.

Wie kam es dazu, dass ihr selbst auflegen und produzieren wolltet?

Fabio: Ich glaube, es liegt in unserer menschlichen Natur, sich selbst verwirklichen zu wollen. Und wenn man merkt, dass es einem gelingt, dann verfolgt man es weiter.

Benni: Bei mir war es zu Anfang „just for fun“. Als DJ entwickelt man einen eigenen Stil. Und wenn man erst eine konkrete Vorstellung hat, möchte man sich selbst auch verwirklichen. So kommt man dann vom Auflegen zum Produzieren. Doch zu Anfang machte man sich natürlich nicht viele Gedanken darüber, was wäre, wenn – man hatte einfach nur Spaß.

Welcher war euer erster Track und wann ist er erschienen? 

Benni: Der erste Track kam 2010 als „Disco Brain Damage“-EP auf Spin Twist Records raus. Genau genommen waren es vier Tracks, die als EP veröffentlicht wurden. Aber ich erinnere mich, dass „Disco Brain Damage“ der erste Track war, den wir zusammen produziert haben.

Fabio: Mein erster Track kam, glaube ich, im Jahr 2002 auf einer Compilation und hieß „Select A Level“. Und, wie Benni gesagt hat, „Disco Brain Damage“ war unser erster gemeinsamer Track.

Was war der Auslöser dafür, dass ihr Fabio & Moon gegründet habt? 

Fabio: Wir waren schon davor gut befreundet und hingen öfter unter der Woche zusammen rum. Zu der Zeit waren wir beide musikalisch unterwegs – ich hatte mein eigenes Projekt und Benni war DJ. Dann fingen wir langsam an, hier in Hamburg und Umgebung zusammen aufzulegen. Es hat so gut funktioniert, dass wir uns im Studio wiedergefunden haben, um Musik zu produzieren. Nach reichlicher Überlegung haben wir Hannes, dem Gründer von Spin Twist Records, dann ein Stück geschickt. Nur ein paar Stunden später antwortete er, er wolle es gerne so schnell wie möglich veröffentlichen.

Benni: Mit dem gemeinsamen Auflegen hat es angefangen. Ende 2008 sind wir zusammen in eine WG gezogen. Wie Fabio schon sagte, haben wir generell viel gemeinsam gechillt und abgehangen. Und gelegentlich waren wir im Studio und haben einfach so drauflos produziert, ohne eine wirkliche Intention. Wir haben einfach gemacht, was uns Spaß machte, wir hatten nichts Konkretes geplant. Der Name hat sich dann nach einigen Studiosessions ergeben, als eventuelle Veröffentlichungen bei Spin Twist Records im Raum standen.

Was ist eurer Meinung nach euer Erfolgsrezept? 

Fabio: Wir haben kein sogenanntes Erfolgsrezept. Wir lieben das, was wir machen. Das ist es! Einfach produzieren, ohne darüber nachzudenken, ob das auf dem Floor abgeht oder nicht. Die besten Nummern entstehen häufig dann, wenn wir einfach das machen, worauf wir Bock haben. Viele fangen an, ihren Stil zu ändern, weil etwas Bestimmtes aktuell auf dem Markt angesagt ist. Im Gegensatz dazu bleiben wir unserem Stil immer treu. Ich denke, Erfolg kommt auch von langer, harter Arbeit im Studio. Ich bin jeden Tag von morgens um 9:00 Uhr bis abends um 20:00 Uhr dort – ein kleiner Streber sozusagen. Es bleibt halt ein Job wie jeder andere auch.

Benni: Fabio hat es schon sehr gut auf den Punkt gebracht. Aber ich denke, dass zusätzlich auch unsere Live-Auftritte etwas Besonderes sind. Wir geben immer alles und versuchen, das Publikum mitzunehmen.

Wie kam die Zusammenarbeit mit Spin Twist Records zustande? 

Benni: Ich kenne Hannes von Spin Twist schon ziemlich lange und wir haben schon seit vielen Jahren guten Kontakt. Ich habe Ende der Neunziger angefangen, kleine Partys zu organisieren, um mir selbst ein Sprungbrett als DJ zu schaffen. Auf einer dieser Partys hat Hannes dann gespielt, so haben wir uns kennengelernt. Zudem war ich bereits vor unserem ersten Release als Fabio & Moon für Spin Twist Records als DJ unterwegs, da lag eine Zusammenarbeit quasi auf der Hand. Wir sind in jedem Fall froh und dankbar dafür, dabei zu sein.

Fabio: Ich kenne Hannes ebenfalls schon ziemlich lange und kannte ihn auch schon vor der Label-Gründung; da war er noch Artist und hat unter dem Namen Vaishiyas aufgelegt. Dabei haben wir uns schon öfter gegenseitig wahrgenommen. Nachdem dann die ersten Tracks mit Benni produziert waren und das Ergebnis genau Hannes’ Ding war, kamen wir bei ihm unter Vertrag. Mittlerweile sind wir schon gut acht Jahre bei Spin Twist Records.

Welche Emotionen möchtet ihr mit eurer Musik auslösen?

Fabio: Wir wollen, dass unsere Musik bei den Leuten im Kopf hängen bleibt. Wir versuchen immer, eine Botschaft in unsere Tracks einzubauen, Spannung zu erzeugen, die Leute zum Tanzen und Lachen zu bringen und einfach Spaß zu haben.

Benni: Wir wollen einfach Spaß machen! Musik ist Balsam für die Seele und wirkt als Katalysator, verstärkt Gefühle. Wenn wir im Studio sind, sind wir mit Enthusiasmus dabei und übertragen das auf unsere Musik.

Seid ihr bei der Klangerzeugung eher digital oder analog unterwegs? 

Fabio: Beides. Ich habe sehr viel Hardware im Studio und liebe es, mit analogen Klangerzeugern zu arbeiten. Man hat was in der Hand; an Software finde ich es zum Beispiel oftmals scheiße, immer mit der Maus arbeiten zu müssen. Und analoge Geräte haben auch etwas mehr Wumms als so eine Software-Emulation, obwohl es echt schon eine Menge guter Software gibt. Ich arbeite sehr gerne mit dem Moog Voyager, Moog Sub 37, Dave Smith Prophet 6 und Thermionic Culture Vulture Hardware Distortion. Bei der Software sind es Sylenth 1, Massive, Diva, Arturia Bundle und UAD-Karte. Aber der wichtigste Teil ist meist die Akustik im Studio. Ist die Akustik nicht gut, bringt dir auch die beste Hard- und Software rein gar nichts.

Kann man als DJ eigentlich auch selbst einfach mal feiern gehen und die Musik genießen? 

Benni: Natürlich kann man als DJ auch mal feiern gehen. Es muss ja auch nicht immer zu elektronischer Musik sein. Aber letztendlich ist man am Wochenende eher selten zu Hause und so bieten sich nicht allzu viele Gelegenheiten. Aber dann ist es umso schöner, wenn man einfach mal mit Freunden auf eine Party gehen kann.

Fabio: Natürlich kann man das, allerdings eher zu anderen Musikrichtungen. Man braucht bekanntlich etwas Abwechslung. Trotzdem nimmt man auch das ein oder andere Goa-Festival mit.

Was war der schönste Moment bei euren Gigs? 

Fabio: Alle sind schön, aber einer ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Das war, als wir 2013 auf dem „Universo Paralello“ gespielt haben. Da hat ein Schweizer seiner Freundin einen Heiratsantrag auf der Box gemacht. Er hatte einen riesigen Banner, auf dem „Willst du mich heiraten?“ stand. Der ganze Floor ist total ausgeflippt. Das war ein sehr schöner Moment.

Benni: Wie Fabio schon gesagt hat, ist es schwierig, diesen einen Moment herauszupicken. Über all die Jahre sind uns auf Gigs wunderbare Sachen widerfahren und wir haben viel erlebt. Einer dieser Momente war sicherlich unser Auftritt auf dem „Universo Paralello“ in Brasilien. Aber auch auf dem „Burning Mountain Festival“ in der Schweiz hatten wir schon echt geile Momente.

Ihr seid beide auch solo unterwegs – erzählt uns davon!

Fabio: Ja, mein Soloprojekt ist Fabio Fusco, mit dem ich auch vor Fabio & Moon schon aktiv war und jetzt wieder öfter unterwegs bin. Das erste Solo-Album „Therapy“ kam erst vor Kurzem, am 24.11.2017, auf Spin Twist Records raus. Damit bin ich auch noch viel in Brasilien unterwegs. Einige neue Releases stehen auch in den nächsten Monaten an. Es gab Gerüchte, dass Fabio & Moon sich aufgelöst hätten – das wollen wir hier auch mal aus dem Weg räumen. Ich war in den letzten zwei Jahren viel mit meinem Album beschäftigt. Es sind aber auch einige neue „Fabio & Moon“-EPs in Planung und an einem neuen Album werden wir sicherlich auch bald wieder arbeiten.

Benni: Ich bin als Benni Moon solo unterwegs, mittlerweile seit 20 Jahren. Aber wir waren 2017 als Fabio & Moon schon ziemlich ausgebucht. Für 2018 habe ich mir definitiv mehr vorgenommen – ich will mit Fabio & Moon und auch mit Benni Moon den nächsten Schritt machen. Nebenbei habe ich in Hamburg mit zwei Freunden noch eine kleine Veranstaltungsagentur.

Was steht dieses Jahr bei euch an?

Fabio: Ich denke, die Arbeit an neuen Tracks, Album, EPs – und wir werden sicherlich wieder viel unterwegs sein. Unser Kalender ist jetzt schon fast voll für 2018.

Benni: Demnächst wird unsere neue EP auf Spin Twist Records erscheinen. Außerdem werden wir bestimmt mal ein bisschen an einem neuen Album bauen. Ansonsten werden wir 2018 wieder viel auf Tour sein.

Was würdet ihr jungen Produzenten mit auf den Weg geben? 

Fabio: Immer weitermachen, auch wenn man manchmal denkt, es geht nicht weiter! Hartnäckig bleiben und eine Menge ausprobieren. Man sollte immer auf der Suche nach Input sein.

Benni: Genau so ist es. Immer am Ball bleiben und ehrgeizig sein.

 

Aus dem FAZEmag 071/01.2018
Text: Jeanette Leiendecker
www.soundcloud.com/fabioandmoon

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