Gemini MDJ-1000 – Dopplereffekt

MDJ-1000-Gemini
Jaja, schon gut. Natürlich wissen wir, was ein Dopplereffekt im akustischen Sinne ist. Auch wie Dopplereffekt im Detroit-musikalisch klingen. Und trotzdem trifft die überschrift als Bonmot auch auf den neuen Crossmedia-Player Gemini MDJ-1000 zu. Denn wie schon beim Vorgänger MDJ-700 sind Ähnlichkeiten zu den Playern des Marktführers mit dem P unübersehbar. Auch wenn es die Japaner aufgrund der Entwicklungsleistung natürlich wurmt, wenn ein anderer Hersteller ein doppeltes Lottchen auf den Markt wirft, kann es dem Anwender nur recht sein. Er kann sich zu einem günstigeren Preis einen lange gehegten Traum erfüllen. Aber nur, solange die Qualität des Doppelgängers stimmt …

MDJ-1000: That’s it
Der MDJ-1000 ist eine Crossmedia-Unit, die sowohl als Media-Player und CD-Spieler als auch als Software-Controller eingesetzt werden kann. Dafür bringt das Tool einen oberseitigen USB-Slot, einen frontseitigen CD-Einschub sowie einen rückseitigen USB-B-Anschluss für die Verkopplung mit einem DJ-Software-Laptop mit. Ähnlich dem CDJ-1000 ist rückseitig zudem ein Netzwerkanschluss vorhanden, um bis zu vier Units im Verbund betreiben zu können. Damit ist es möglich, beispielsweise von Player A auf die Tracks des Players B zuzugreifen. Zwei MDJ lassen sich direkt verbinden; wer vier Units einbinden möchte, kann das ganz einfach über einen LAN-Hub realisieren. Ansonsten befinden sich rückseitig die obligatorischen Audio-Cinch-Outs sowie ein digitaler S/PDIF) Was die Qualität der Bedienelemente betrifft, zieht der MDJ-1000 erwartungsgemäß nicht dem Pioneer-Pendant gleichauf, ist aber andererseits keinesfalls eine Enttäuschung. Es wirkt halt alles weniger luxuriös und fühlt sich aufgrund der durchgängigen Hartkunststoffbauteile in der An- wendung weniger smooth an. Im Fokus steht die reine Einsteiger- Funktionalität. Ein Fortschritt im Vergleich zum Vorgänger MDJ-700 ist auf jeden Fall feststellbar. So sorgt zum Beispiel das große, berüh- rungsempfindliche 8-Zoll-Jogwheel mit seinen nunmehr 3.860 Ticks pro Umdrehung für eine wesentlich bessere Auflösung. Dieses lässt sich über einen Jog-Adjust-Regler zudem im Drehwiderstand stu- fenlos einstellen. Wer Nachlauf wünscht, sollte die Bremse gleich mal ganz öffnen, womit dann auch das etwas unangenehme Wheel-Schleifen aufhört.

Advanced Features
Ansonsten kann man dem Tool eine gute Verarbeitungsqualität attestieren. Das betrifft sowohl den Pitch-Fader inklusive Nullpunktrasterung als auch das angewinkelte 4,3-Zoll Farbdisplay. Speziell letzteres weiß zu gefallen, weil es sämtliche Informationen vom Track-Namen über die Zeitanzeige und das BPM-Tempo bis hin zum Track-Fortschritt absolut klar darstellt. Selbst die rote Wellenformanzeige kann überzeugen. Cue-Punkte werden deutlich mit Vertikallinien markiert und Loopbereiche blau abgesetzt. Das hätte man in dieser Klarheit, Übersichtlichkeit und Exaktheit möglicherweise nicht erwartet. Als Touch-Screen, wie noch beim MDJ-700, ist das Display zwar nicht ausgelegt. Am Display-Touching im DJ-Bereich scheiden sich aber ohnehin die Geister. Im Browse-Mode wechselt das Display schließlich in den Listen-Modus – und auch hier ist die Darstellungsschärfe zugunsten einer guten Lesbarkeit wirklich erstaunlich. Zum Durchsuchen der Ordnerstrukturen der verschie- denen Medien und zur Track-Bestätigung wurde rechts oben am Display der große Push-Encoder untergebracht. Zurück zur nächst höheren Ebene gelangt man durch einen Back-Button. Überhaupt entspricht das gesamte Layout dann doch nahezu 1:1 dem Pioneer-Vorbild. Rechts des Displays wurden die Medienanwahl-Schalter CD, USB MIDI und Link untergebracht. Links des Displays befinden sich die vier Hot Cue Buttons, gesetzte Punkte lassen sich über Shift ganz easy wieder löschen. Weiterhin für den direkten Zugriff vorhanden sind dedizierte Track Search und Track-Suchlauf-Knöpfe (links/ rechts), getrennte Regler zum Justieren der Trackanlauf- und Aus- lauf-Zeit, ein Reverse-Play-Button sowie Pitch-Funktionen wie Key Lock und Pitch-Range. Sogar den legendären Slip-Mode hat Gemini übernommen und mit einem eigenen Knopf bedacht. Einen Effek- treigen wie noch beim MDJ-700 gibt es nicht mehr. Dafür wurde ein Regler aufgenommen, um ein Lowpass-/Highpass-Dualfilter stufenlos zu steuern.

In Action
Konnte man dem Vorgänger MDJ-700 noch so manch Fehlfunktion feststellen, scheinen diese mit dem MDJ-1000 komplett ausgeräumt. Sowohl als MIDI-Controller als auch Media-Player läuft alles wie geschmiert. Stöcke in Form von Abstürzen, Aussetzern oder unzuverlässigen Bedienelementen schleuderte uns der Player während des mehrstündigen Testlaufs nicht zwischen die Beine. Stattdessen ging der rasante Wechsel zwischen CD, USB und den MIDI-Zugriff auf die (in unserem Falle NI Traktor-)Software verzögerungsfrei von der Hand. Den LAN-Betrieb konnten wir leider nicht testen, da uns nur eine Unit zur Verfügung stand. Für Frohlocken sorgt insbesondere, wie rasend schnell der MDJ-1000 unterschiedlich formatierte Tracks auf USB-Medien erkennt und in Wellenformen umsetzt. Dabei frisst der Player Audio-Dateien vom USB-Stick oder USB-Laufwerk in den Formaten MP3, WAV, AIFF und AAC sowie über sein Slot-In Laufwerk Audio-CDs, CR-Rs und MP3-CDs. Eine rekordbox-vergleichbare Analyse-Software bietet Gemini zwar nicht an, aber auch im manuellen Verfahren lassen sich die Tracks ohne vorheriges Durchrastern vorzüglich synchronisieren, Cuen und Parts daraus loopen. Speichern kann man die Zusatzinformationen aber eben nicht. Apropos Loop: Der MDJ-1000 bringt ab sofort nicht nur eine manuelle sondern auch Auto-Loop-Funktion mit. Über vier Tasten plus Shift kann eine Schleife in acht Abstufungen von 1/8 bis 16/1 verlängert oder eingekürzt werden. Dabei funktioniert die für die exakte Ein- teilung entscheidende Auto-BPM-Erkennung äußerst akkurat und schnell. Selbst ein Loop-Roll lässt sich nun über Shift auf Knopfdruck auslösen.

Fazit
Wer auf das original Pioneer-Look&Feel verzichten kann (oder aus Kostengründen muss), jedoch auf eine vergleichbare Bedienung wert legt, bekommt mit dem MDJ-1000 ein absolut taugliches DJ- Tool an die Hand. Der Player wirkt insgesamt wie eine vergröberte Version eines XDJ mit abgespecktem Funktionsumfang. Von den Bedienelementen mit zur Displaydarstellung ist halt nicht alles so ganz fein ausgestaltet. Alles wichtigen Features bis hin zum LAN-Betrieb sind jedoch vorhanden. Auch der Sound kann sich dank des verbauten 24-bit/192kHz-Interfaces definitiv hören lassen. Ein Einsteiger-Tool eben, das bis zum Erreichen des Semi-Profi-Status Freude bereiten wird. Auch wenn man zur Langzeitstabilität natürlich zu diesem Zeitpunkt noch nichts sagen kann. Pioneer selbst wird auch diesen Doppelgänger verschmerzen können. Vielleicht sollte man in Japan den Nachbau sogar als Ehre für das eigene Schaffen begreifen. Denn nur, wenn eine Company eine Referenz und einen Standard etabliert hat, folgen Nachbauten anderer Hersteller. So, wie es seinerzeit bei den unzähligen Epigonen des Technics MKII Turntables der Fall war. Und genau wie damals wird gelten: Wer es wirklich ernst meint, wird ohnehin irgendwann aufs Original umsteigen. Und wer weiß: Vielleicht zieht Gemini mit dem MDJ sogar die künftige Generation von Pioneer-Nutzern heran?

Features
• Oberseitiger USB-Port
• Slot-In CD Laufwerk, für Audio CDs, CD-Rs, MP3-CDs
• MIDI- und HID-Funktionalität • Link-Funktion über Ethernet für max. vier Geräte
• 4,3-Zoll Farbdisplay mit großer Wellenformanzeige
• 8-Zoll berührungsempfind- liches Jog Wheel mit LCD und regelbarem Widerstand
• Audio Interface für PC & MAC (24-bit/192kHz)
• 4 programmierbare Hot Cue Buttons
• 8 auswählbare Auto Loop Größen und manueller Loop
• 3 wählbare Jog Wheel Modi: Search/Pitch, Bend/Scratch
• SLIP Mode und Reverse
• LP/HP Filterregler
• Stereo-Cinch und digitale S/PDIF Ausgänge
• Spielt MP3, AAC, WAV und AIFF
• BPM Anzeige, Auto Sync, Ma- nuell (Tap) und BPM-Lock
• Variabler Pitch mit 6 Einstel- lungen +/- 4%, 8%, 16%, 24%, 50%, 100% und Master Tempo Control
• Start/Stop-Zeit einstellbar
• Preis: 549 EUR UVP (ca. 500 EUR Straße)

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Aus dem FAZEmag 045/11.2015