Golden Pudel: Keine Subkultur mehr in St. Pauli?

Golden_Pudel_Club,_Hamburg_2014

Das Pudel in St. Pauli scheint schon ein kleiner sonderbarer Fleck zu sein – zumindest wenn man sich die Umgebung anguckt. Nobelbauten, Nobelrestaurants, die St. Pauli Kirche und mittendrin, eben jener Club. Doch was wird aus ihm?

In der letzten Woche wurde viel berichtet über den Golden Pudel im maritimen Hamburg. Vor allem über seine Zukunft, denn das Haus – und damit natürlich auch der Club – scheint wohl unter den Hammer zu kommen. Sollte das Haus tatsächlich zur Versteigerung frei gegeben werden, wird sich das Objekt vor Investoren wohl kaum retten können. Toplage und Hafenblick in einer der wohl boomensten Viertel von Hamburg. Die Nullen in der Versteigerungssumme würden wohl unzählbar sein.

Dabei war St. Pauli damals eher wegen seiner Verruchtheit bekannt. Erwachsenenentertainment, schmierige Bordelle, verruchte Kneipen, die raue Hafenluft wohin man lief. Wer dieses altmodische Bild tatsächlich noch vor Augen hat, wird von der Realität sehr geschockt sein. St. Pauli ist in. Gentrifizierung, schnieke Werbeagenturen, fancy Restaurants, teure Bürokomplexe und riesige Kreuzer die im Hintergrund an den Musicalbühnen vorbei schippern. Von den guten alten Zeiten ist im Hamburger Szene-Viertel nicht viel übrig geblieben.

Um die bekannte Storyline von Asterix & Obelix abgekürzt hervorzubringen: Da gibt es ein kleines Grüppchen, dass sich eben genau gegeben diese Gentrifizierung wehrt. Dass das letzte kleine erhaltene Teil des verruchten Hamburger Charmes mit allen Mitteln erhalten will. Es sind die Freunde des Golden Pudel Clubs. Ein abgefucktes Holzhaus in dem exzessive Nächte nach alter Schule gefeiert werden.

Doch dieses „Fuck yeah!“-Feeling scheint in ernsthafter Gefahr zu sein. Freunde die auf unterschiedliche Zukunftsvorstellungen beharren sind nun zu zerstrittenen Eigentümern geworden. Die beiden Eigentümer Rocko Schamoni sowie Wolf Richter befinden sich in einem Streit, denn sie nun vor Gericht austragen. Ganz offiziell also. Richter wollte das obere Stockwerk des Clubgebäudes für privatwirtschaftliche Zwecke nutzen. Schamoni hingegen wollte die Clubtradition als nichtkommerziellen, öffentlichen Ort aufrecht erhalten. Wolf Richter versteht den Gedanken Schamonis nicht. „Der Pudel ist […] kommerziell: Sie verkaufen Beck’s, Leute verdienen ganz normal ihr Geld. Und das ist ja auch gar nicht verwerflich“, äußerte sich gegenüber der TAZ. 2011 verpachtete er die obere Etage an einen Gastronomiebetrieb. Die Türschlösser tauschte er aus. Der Club war gespalten. Im September 2014 ging es vor Gericht, da Richter sich auch nicht an verschiedenen Kosten beteiligen wollte.

Da sich beide Parteien nicht einigen können, droht jetzt die Teilungsversteigerung und damit wohl auch immense Kosten um den Club überhaupt zu retten, da Spekulanten und interessierte Investoren den Preis bei einer Versteigerung wohl in die Höhe treiben werden. Das gefällt dem Pudel-Kollektiv verständlicherweise nicht. Zwar ist der Clubbetrieb rechtlich bis 2024 gesichert, doch das Objekt soll nach Ansicht des Kollektives ein gemeinschaftlich nutzbarer Ort bleiben. Eine Oase inmitten der Luxus- und Prunkobjekte der Umgebung. Auch bei einem Betreiberwechsel.

Mit der Kampagne „The Freaks are allright“ warnt das Pudel-Kollektiv interessierte Investoren: „Wer bist du, dass du glaubst, uns einfach kaufen zu können? Denk mal drüber nach, mit wem du dich hier anlegen willst“ heißt es dort. Dieser Appell geht auch an die Stadt Hamburg selber. Schließlich sei es für die Öffentlichkeit auch wichtig, alternative Freiräume zu bieten und zu erhalten.

Und genau hier liegt sprichwörtlich der Hund begraben. Es geht im weiten Sinne überhaupt nicht mehr um den Club selber. Es geht hier um alternative Nutzung und Sub-Kultur. Hamburg und der Golden Pudel sind hier gerade nur stellvertretende und wellenschlagende Vertreter eines Problems, das in vielen Städten present ist. Wo wird noch alternativer Raum geschaffen, wo sich Menschen entfalten können und ihrer Passion nachgehen können? Wo Geld fließen kann, soll Geld fließen. Aber die Pudel-Crew kämpft bis zum Ende und bekommt regen Zuspruch von vielen Seiten. Selbst Andy Grote von der Hamburger SPD sagt: „Wir sind uns da einig: Der Pudel muss bleiben.“

Quellen und mehr Informationen zu diesem Thema:
www.pudel.com
VerFüGe | Pudel Verein für Gegenkultur e.V.
detektor.fm: „The freaks are alright“ – Wie weiter mit dem Pudel in Hamburg?
TAZ: Pudel im Haifischbecken
TAZ: Die kulturelle Identität St. Paulis
Abendblatt: Golden-Pudel-Club-Haus soll versteigert werden