Jimpster – Der schmale Grad zwischen Kitsch und Coolness

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Jimpster – Der schmale Grad zwischen Kitsch und Coolness

Es gibt wohl nur wenige Begriffe, die im elektronischen Kosmos in letzter Zeit so weit gedehnt wurden wie „Deep House“. In einer Zeit, wo nahezu jedes Release deep ist, hält der Brite Jamie Odell alias Jimpster als einer der wenigen, die noch übrig geblieben sind, den Status eines wahren Deep-House-Connaisseurs. Das Imprint Freerange Records, das er einst als Plattform für Electronica, Jazz und House ins Leben gerufen hat, ist seit 1996 zu einem der wichtigsten Labels für Independent-Dance-Music herangewachsen. Größen wie Detroit Swindle, Tornado Wallace, Milton Jackson und Stimming gehören zu den Stamm-Artists und haben mit ihren groovegetriebenen Mixen eine kleine House-Revolution losgetreten. Seine Releases wie „Dangly Panther“, „A Love Like This“ und „Can’t Stop Loving“ laufen bei vielen DJs bis heute auf Hot-Rotation. Odell blickt dieser Tage auf eine 25-jährige Karriere zurück. In den vergangenen Jahren remixte er Akteure wie Osunlade, Solomun, Kollektiv Turmstrasse, Josh Wink, Bob Marley, Seal und Terrance Parker und wurde von Leuten wie Dixon und KiNK neu interpretiert. Mit „Silent Stars“ veröffentlicht der Brite nun seinen siebten Langspieler.

Wie geht es dir und wo befindest du dich aktuell?

Mir geht es sehr gut, danke. Ich packe gerade meinen Koffer, morgen geht es nach San Francisco, wo ich mit Delano Smith spiele, ehe es übermorgen nach Los Angeles geht für eine Warehouse Party. Das Jahr bislang war voller Highlights, denn zusätzlich zu den 12Inch-Single-Releases auf Freerange und Delusions Of Grandeur kamen sämtliche Arbeiten für das Album von Session Victim und auch von mir.

Und wie verliefen diese?

Bislang extrem zufriedenstellend, das Feedback ist phänomenal bis dato und das freut uns natürlich sehr. Es steckt eine Menge Herzblut in beiden Projekten. Das Einzige, was etwas auf der Strecke geblieben ist, ist mein Plan, bis Mitte April eine neue Live-Show auf die Beine zu stellen. Leider ist die Zeit wie im Flug vergangen, sodass ich meinen Fokus in den kommenden Wochen bis in den Sommer hinein darauf legen werde. Ich habe immer mehr das Gefühl, dass die Leute bei meinen DJ-Sets vermehrt Eigenproduktionen von mir hören möchten. So ist es für mich eine logische Konsequenz, am Plan „Live“ festzuhalten.

Lass uns über das Album sprechen. „Silent Stars“ ist die erste LP nach vier Jahren.

Das stimmt, „Porchlight & Rocking Chairs“ kam 2013 heraus, seitdem ist eine Menge Zeit vergangen. Ein Album entsteht bei mir immer auf einem sehr organischen und natürlichen Weg. Ich bevorzuge es demnach, mir keine strikten Deadlines oder sonstige Druckmittel aufzuerlegen. So habe ich mehr Zeit für Experimente und dafür, Ideen wachsen zu lassen und mich von ihnen vielleicht in andere Ecken ziehen zu lassen. Unter Druck arbeiten war noch nie meine Methode im Studio. Bei diesem Album nun war es mir auch ein Anliegen, eher Songs zu schreiben und mit Musikern bzw. Sängern im Studio zu sitzen. So etwas habe ich bislang noch nicht gemacht, deshalb war dieses Gebiet ein für mich völlig neues, unergründetes, dem ich mich vollends widmen wollte. Zuvor hatte ich nahezu alle Tracks in kompletter Isolation gemacht bzw. mit den Kollaborateuren lediglich Files kreuz und quer durch das Internet gejagt.

Das ist mittlerweile dein siebtes Album. Wie würdest du sagen, hat sich dein Sound von Werk zu Werk verändert?

Mein Anspruch war es, etwas für mich Neues, etwas Abstrakteres, Experimentelleres und weniger Jazz- und Soullastiges zu erschaffen. Aber am Ende, da muss ich ehrlich zu mir selbst sein, muss ich die Musik produzieren, die mich und meine Seele widerspiegelt, statt krampfhaft zu versuchen, etwas auszuprobieren, das ich eigentlich gar nicht bin. Meine Alben sind bislang alle auf dem gleichen Grundgedanken basierend entstanden – ich versuche, so wenig wie möglich nachzudenken, und nutze die Gelegenheit, aus den herkömmlichen Mustern der EP-Produktion und Single-Releases auszubrechen. Ein Album ist für mich die perfekte Gelegenheit, mich als Künstler von einer vollkommeneren und facettenreicheren Seite zu zeigen.

Und auch zu zeigen, dass man als Künstler von Zeit zu Zeit wächst?

Exakt. Ich habe einige Nachrichten und Kommentare von Fans erhalten, die gehofft haben, dass das neue Album zurück zu den Wurzeln meines ersten Albums „Messages From The Hub“ aus dem Jahr 1998 gehen würde. Das habe ich im Hinterkopf behalten. Wenn ich mir heute das Album von damals anhöre, klingt es total rough und nicht ausproduziert. Dennoch ist es sehr musikalisch und mit einigen spannenden Ideen gespickt. Ich bin stolz darauf, sagen zu können, dass ich in jedem weiteren Album einen persönlichen, hörbaren Prozess feststellen kann. Was natürlich auch der Entwicklung der letzten 20 Jahre sowohl von Hard- als auch von Software geschuldet ist.

Ich habe gelesen, das Album nun sei den eher nächtlichen Stunden gewidmet.

Das ist richtig, ja. Ich weiß, das klingt wie ein typisches Klischee, aber tatsächlich inspiriert mich die Nacht extrem, wenn es darum geht, in verschiedene Stimmungen einzutauchen. Auch wenn ich nicht sonderlich oft nachts im Studio sitze, reichen die regelmäßigen Arbeitszeiten als DJ dazu aus, das mit einfließen zu lassen. Mir ist es wichtig, den Hörer bei einem Album auf eine Reise hin zu einem anderen Ort zu nehmen. Und ich glaube, dass mir das gelungen ist und viele der Tracks wie z. B. „Silent Stars“, „Spend The Night“, „The Sun Comes Up“ und „Sylvanshine“ diese Eigenschaft besitzen.

Was war für dich die wesentliche Inspiration bei diesem Album?

Um ehrlich zu sein, wollte ich mir beweisen, dass ich nach 25 Jahren des Musikveröffentlichens noch immer etwas zu erzählen habe. Mir ist bewusst, dass das für die meisten Künstler nicht mehr als Standard ist, aber nach ein paar wenigen Jahren, in denen ich mich ausschließlich Club-Singles und Veröffentlichungen gewidmet habe, entwickelt sich traditionell in mir der Reiz, mir Zeit und Raum für etwas anderes zu schaffen. Es ist nicht so, dass ich zu der Sorte Produzenten gehöre, die unzählige Demos und halbfertige Ideen auf der Festplatte gespeichert haben. Nahezu alle Projekte, an denen ich jemals gesessen habe, sind fertig bzw. veröffentlicht. Es ist wichtig und auch hilfreich für mich zu wissen, auch schon während der Produktion, dass ich nicht umsonst daran sitze. Stattdessen weiß ich im besten Fall bereits, auf welchem Label und mit welchem Hintergrund das Ganze gemacht wird.

Auf „Silent Stars“ vereinst du wieder einige Genres wie Jazz und House und hältst alle Themen recht melodiös. Wie empfindest du das?

Nun ja, aufgrund der Tatsache, dass meine Eltern professionelle Musiker waren, habe ich diese Eigenschaft quasi bereits in die Wiege gelegt bekommen. Die Wertschätzung verschiedenster musikalischer Stile gehörte bei mir zur Erziehung, besonders Soul, Jazz, Funk und Fusion. Ich habe Musik studiert und schon in den 90er-Jahren in Jazz- und Funk-Bands gespielt. Somit lassen sich diese Einflüsse in meiner Musik definitiv nicht vermeiden. Wie eben bereits erwähnt, gibt es Phasen, in denen ich versuche, dagegen anzukämpfen und ein Stück nicht mit zu vielen Melodien und Harmonien zu überladen. Der Grad zwischen Gut und Böse ist da sehr schmal und schnell hat man die zuvor erzeugte Energie zerstört und eher Unordnung erzeugt.

Was passiert dann?

Ich denke dann an die ganzen Deep-House-Master wie Larry Heard, Ron Trent, Kerri Chandler und Chez Damier. Diese Herrschaften hatten nie Bedenken oder Angst davor, einen Club-Track zu musikalisch werden zu lassen. Und genau das war es, was sie zu wahren Legenden hat werden lassen. Hinzu kommt die Tatsache, dass sie eben auch wussten, wie sie einen total rohen, vertrippten House-Tune bauen, ohne dabei auch nur ansatzweise kitschig zu klingen. Wenn man in der Lage ist, beides gut zu machen, steht einer langen Karriere als Musik-Produzent nichts im Weg, wie ich finde.

Das ist ein interessanter Ansatz, der für mich zeitgleich mit verschiedenen Ansätzen bei der Studioarbeit einhergeht. Hat sich deine Art, im Studio zu arbeiten, im Laufe der letzten Jahre verändert?

Ich denke, dass sich meine Abläufe in den vergangenen Jahren, wenn überhaupt, nur marginal verändert haben. Obwohl ich mich schon häufiger dabei erwische, wie ich Sachen analog einspiele bzw. aufnehme. Auf diesem Weg beschleunigt man viele Prozesse und der Live-Charakter mit all seinen Haken und evtl. auch mal Fehlern hebt das Projekt auf ein gänzlich anderes Level. Viele signifikante Sounds entstehen so erst während der Aufnahmen. Das würde bei einer rein digitalen Arbeit viel zu selten bis gar nicht vorkommen.

Was sind denn deine favorisierten Tools?

Ein Großteil des neuen Albums ist auf einem alten polyphonen Synthesizer namens Voyetra Eight aus dem Jahr 1982 entstanden. Ich hatte das Glück, ihn mir bei meinem Freund Andy Gangadeen ausleihen zu dürfen, der auf einem Stück des Albums übrigens auch an den Drums zugange war. Diese Maschine ist ein wahres Monster mit einem einzigartigen Sound, wie ich ihn noch von keiner anderen zuvor gehört habe. Das Tuning funktioniert hier auf eine wunderbar weiche Art und Weise und auch die Tatsache, dass man auf zwei separaten Kanälen links und rechts arbeiten kann, macht den Voyetra Eight zu etwas Besonderem. Aufgrund des Alters ist es schwierig, Tiefe in die einzelnen Sounds zu bekommen. Aber für die Basis-Arbeit ist er grandios und ich schätze, in jedem Track auf dem Album gibt es mindestens ein Element aus diesem Gerät. Den Roland Space Echo RE201 habe ich ebenfalls sehr oft genutzt. Manchmal sogar nur, um einen Part ohne großen Reverb oder Delay durchlaufen zu lassen – das erzeugte schon ein paar interessante und schöne Geräusche und ordentlich Saturation, was für zahlreiche Details gesorgt hat. So erweckt man z. B. relativ statische Percussions oder Synths zum Leben.

Du hast auf deinem Album, wie bereits erwähnt, mit einigen Gästen kollaboriert. Darunter z. B. Florence Rawlings, Jinadu und Khalil Anthony. Wie hast du sie kennengelernt und wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Florence habe ich durch Andy kennengelernt, mit dem ich für rund fünf Jahre in einer Band namens „The Bays“ gespielt habe. Andy ist nun musikalischer Direktor für einige große britische Acts und Florence hat zu dieser Zeit für Clean Bandit gesungen. Wir haben uns für ein paar Studio-Sessions bei mir getroffen und gejammt. Wir haben dabei aber zu keinem Zeitpunkt an ein Jimpster-Release gedacht. Als wir allerdings mit „Crave“ und „Everytime“ fertig waren und die beiden Titel ein paar Leuten vorspielten, dachten diese, das wären neue Releases von mir. Die Tracks sind bewusst recht roh und konträr zu ihren süßen Vocals gehalten. Das Video von Vasilia Forbes zu „Crave“ ist ebenfalls sehr düster gehalten. Jinadu kenne ich bereits seit über 20 Jahren. Wir haben uns im Musik-College in Manchester kennengelernt, als wir den gleichen Kurs belegt haben. Zusammen abgehangen haben wir zu der Zeit nicht, ich habe aber schon damals seinen unverwechselbaren Schreib- und Gesangsstil geliebt – vor allem beim Projekt „The Beauty Room“, bei dem er zusammen mit Kirk Degiorgio involviert war. Erstmals kollaboriert haben wir 2002, als er die Vocals zu meinem Track „State Of Mind“ beisteuerte. Vor ein paar wenigen Jahren haben wir dann erneut zusammengearbeitet, was in „These Times“ mit einem fantastischen Dixon-Remix endete. Khalil Anthony habe ich durch Scott thatmanmonkz kennengelernt, als sie gemeinsam am Album für Delusions gearbeitet haben, von dem ich einen Track geremixt habe. Der erste Entwurf des neuen Tracks jetzt war wesentlich jackiger, dunkler und minimaler. Als er aber mit den Ideen für die Vocals um die Ecke kam, brachte es das gesamte Ding in eine neue Richtung und machte es viel souliger. Und zu guter Letzt zu Andy Gangadeen, der ja, wie bereits erwähnt, Drums gespielt hat: Der Typ ist eine wahre Drum-Maschine und hat sein Know-how bereits auf Platten von Massive Attack, Soul II Soul, Global Communications und Baaba Maal verewigt. Um es kurz zu fassen – es ist eine Ehre und ein großes Privileg, jemanden wie ihn dabei zu haben.

Vom Album gab es mit „Crave“ bereits eine erste Single-Auskopplung mit Remixen von Flabaire und Atjazz. Wie sieht es mit weiterem Output aus?

Ja, bei Freerange haben wir schon immer großen Wert auf Remixe gelegt. Ich persönlich liebe es, zu hören, wie unterschiedlich verschiedene Produzenten mit einer bestehenden Idee umgehen und ihre eigene daran koppeln – auch wenn das Ergebnis oftmals unerwartet ist. Flabaire verfolge ich bereits einige Jahre, besonders den Output seines eigenen Labels D.KO, das er in Paris führt. Als er seine erste Version geschickt hat, waren die Vocals fast gar nicht zu hören. Fast so, als könnte er nicht wirklich mit Vocals arbeiten. Oder er hat sie schlichtweg nicht gemocht. Nach einer ganzen Weile und einer Menge Überredungskünste haben wir ihn dann doch noch dazu bekommen, sie etwas mehr in den Vordergrund zu nehmen. Ich liebe das Ergebnis – sehr classic, klingt nach den frühen Nullerjahren, als Soulful House wie von DJ Spinna und Naked Music omnipräsent war. Für Atjazz habe ich eine Menge Respekt übrig, ich glaube auch fest, dass wir eine Art unterbewusste Connection haben. Wir haben fast zeitgleich mit Musik angefangen, kommen beide aus UK und haben nahezu dieselben Einflüsse. Sein Remix zeigt deutlich, wie man Dinge nach vorne schiebt in Sachen Produktion. Er klingt deep und musikalisch, aber dennoch sehr aktuell und zeitgenössisch. Als nächstes steht eine weitere Single-Auskopplung an, mit Remixen von Peggy Gou und Urulu. Peggy geht mit ihrem Sound aktuell ja extrem durch die Decke und ich bin froh, sie jetzt noch dabei zu haben, bevor es in ein paar Monaten vielleicht undenkbar wäre. Urulus Interpretation ist quasi ein Hybrid aus Sounds. Den Remix spiele ich nun schon eine Weile und er gefällt mir von Mal zu Mal immer besser. Technoide Elemente, gepaart mit gebrochenen Beats – das hält das Thema dennoch funky.

Du hast gerade die Jahrtausendwende angesprochen. Dein erstes Release liegt mittlerweile schon 25 Jahre zurück. Kannst du dich an deine ersten Gehversuche im Studio erinnern?

Definitiv, sehr gut sogar. Das war 1990 und die Rave-Szene war gerade überall präsent in UK. Ich habe damals in Essex gewohnt, wo viele der großen Events stattfanden. Ich bin regelmäßig ausgegangen und habe diesen frischen Vibe und die Atmosphäre förmlich aufgesaugt. Zu der Zeit hatte ich mit dem Auflegen bereits angefangen und habe hier und da ein paar kleine Gigs gespielt, meist auf dem zweiten Floor dieser großen Dinger. Dort habe ich dann für Kontraste gesorgt und housige Sachen gespielt. Mein erstes Release war quasi eine verrückte Mixtur aus Breakbeat und Deep House. Finde ich heute nicht mehr sooo gut wie damals (lacht), aber ich habe aus Fehlern gelernt und wurde mit der Zeit immer besser. So gut, dass einige der Tracks ihren Platz in der damaligen Rave-Szene fanden. Was natürlich auch damit zu tun hatte, dass das Ganze auf dem in London ansässigen Label Jumpin‘ & Pumpin erschien. Sie waren auch für das Material von „Future Sound Of London“ verantwortlich und bekamen somit eine Menge Aufmerksamkeit zu der Zeit.

Womit hast du damals produziert?

Mein Studio-Setup war sehr, sehr einfach. Ein Atari ST Running C-Lab Creator als Sequencer, ein Akai S900 für das Sampling. Der S900 war recht einfach zu benutzen, wenn ich aber an den Creator denke, frage ich mich, warum ich das Teil damals nicht aus dem Fenster geschmissen habe. Die Art und Weise, wie der Sequencer auf 8/16/32-Bar-Blocks ausgerichtet war, hat es unfassbar schwer gemacht, gerade und lineare Sound-Arrangements zu kreieren. Ich denke, ich leide noch immer unter dieser Tatsache, und ich mache Atari dafür verantwortlich. Darüber hinaus hatte ich einen Yamaha DX7 und einen Roland SH101 Synthesizer, die beide durch eine DAT in Echtzeit durch einen 4-Kanal-Mischer liefen. Das Lustigste war aber mit Sicherheit die Mono-Carlsbro-Keyboard-Amp für das Monitoring. Harte Zeiten …

Klingt so, ja. Was waren wohl die für dich größten Veränderungen in deiner Karriere bislang?

Ich würde sagen, definitiv die digitale Revolution. Innerhalb von kürzester Zeit wurde Musik, die damals greifbar und spürbar war, zu einem wegwerfbaren, unscheinbaren File auf einem übersättigten Markt bzw. im Internet. Als DJ, Produzent und Label-Chef war das eine extrem konfuse Zeit, um mit diesen Sachen zu starten. Rückläufige Verkäufe, insolvente Distributoren und dennoch dieser idealistische Gedanke, seine Passion zum Beruf zu machen und letztendlich auch davon leben zu können. Die zweite und meiner Meinung nach äußerst gravierende Veränderung ist die wesentlich kürzere Aufmerksamkeitsspanne bzw. die beschleunigte Hype-Phase für viele Dinge. Trends kommen und gehen so unfassbar schnell, dass es schwierig ist, up to date zu bleiben. Schauen wir uns z. B. die ganze Sache mit Lo-Fi-House und auch dem YouTube-Algorithmus an. Faszinierend und traurig zugleich, dass man binnen weniger Sekunden zum absoluten Shooting-Star avancierte, um im nächsten Moment keine Sau mehr zu interessieren, weil sich schon nahezu alle wieder von diesem Thema abgewandt hatten. Im Endeffekt war und wird es auch immer unsere Underground-Musik bleiben, die unberührt von diesen Punkten geblieben ist bzw. bleiben wird. Nur das Business ist heute viel professioneller geworden und Elemente wie Strategien und Medien wurden addiert.

Wie sieht deine Strategie für Freerange und DOG für die kommenden Wochen und Monate aus?

Im Juni wird, wie bereits erwähnt, das dritte Album von Session Victim mit dem Titel „Listen To Your Heart“ erscheinen. Das Thema ist ein recht großes für uns, weil wir das Album sowie die beiden Köpfe dahinter lieben und die Fans dort draußen seit einer ganzen Weile mit den Hufen scharren, weil sie heiß auf neues Material sind. Ich würde sagen, das Album ist bislang ihr bestes, daher wollen wir sichergehen, dass mit diesem Release auch alles so läuft, wie es das verdient hat. Es wird eine 3-fach-Vinyl inkl. Poster geben. Außerdem kommt neues von Demuja sowie Hyenah. Auf Delusions wird es neue Singles von Toby Tobias geben, mit einem Remix von Nebraska.

Der Sommer ist nah, was sind deine Pläne?

Die nächste Zeit wird ziemlich busy. Es wird Album-Release-Partys geben in London sowie in Brooklyn. Dazu viele weitere Shows in Europa und in den Staaten. Ich habe Defectec Croatia im Garden Tisno geliebt im letzten Jahr, so ist meine Freude darüber, auch in diesem Jahr wieder dabei sein zu dürfen, extrem groß – zumal ich nun einige Leute aus der Freerange-Crew für ein paar Tage mitnehmen werde. Im August steht Urlaub mit meiner Frau und meinen zwei Kids an. Wir werden gemeinsam mit meinem Label-Partner Tom und seiner Familie in Südspanien abseits des Trubels ein paar ruhige Tage verbringen. Und ansonsten – Musik.

 

Aus dem FAZEmag 063/05.2017
www.freerangerecords.co.uk

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