Kanadischer Techno mit Brennschärfe und Ästhetik: John Norman im Interview

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Die Leidenschaft für technoide und druckvolle Soundkollagen eilt dem DJ & Produzenten John Norman förmlich voraus. Ob nun live oder im Studio, der sympathische Kanadier mit Liebe zum Detail schießt derzeit in die internationale Szene und erhält Support von elektronischen Größen wie Richie Hawtin, Kevin Saunderson oder Wally Lopez. Keine Frage, John Norman drückt einen klaren und dennoch vollmundigen Techno auf die Bretter dieser Welt, der tief in Detroit verwurzelt scheint und doch Besonderheiten der kanadischen Landschaft bereithält.

Trotz oder gerade wegen seines Geheimtippstatus spielte John Norman bereits auf Ibiza, im Ministry of Sound, dem ADE 2013 und auch diversen Metropolen Nordamerikas. Deutschland steht auf seiner Wunschliste für 2014 ziemlich weit oben, so dass wir uns mit John ein wenig über seine aktuellen Releases, anstehende Gigs und seine kanadische Heimat unterhielten.

John, welche Impulse bekommst du von deiner Heimat Kanada und deiner Heimatstadt Winnipeg?
Kanada und auch meine Heimatstadt in gewissen Teilen, ist eine sehr große und zugleich leere beinahe isolierte Welt. Zumindest im Vergleich zu den USA oder Europa. Ich wuchs in einer Stadt auf, die mehr als acht Stunden von der nächsten gelegenen Großstadt entfernt war. Das macht sie zu einer Art Insel im Nirgendwo. Ich glaube das hat meinen Sound nachhaltig beeinflusst. Diese endlose Weite schneebeladene Prärie birgt einen ästhetischen Minimalismus in sich, der mich in meinem Sounddesign inspiriert, auch wenn dieses nicht unbedingt minimalistisch klingt. Es ist gelichermaßen ziemlich kalt hier im Winter wie es heiß im Sommer ist. Wir haben wirklich einen großen Temperaturunterschied zwischen den Jahreszeiten und unterschiedliche Lichtverhältnisse. Ich denke auch diese starken Kontraste finden sich in meinem Sound wieder: voll und leer zugleich.

Erzähl uns doch etwas über die Zusammenarbeit mit Dantiez Saunderson (Sohn von Kevin Saunderson), mit welchem du gerade einen Track veröffentlichst. Ihr wohnt ja ziemlich weit voneinander entfernt.
Ich kam zu erst mit Dantiez ins Gespräch als ich vom Stripped-Labelboss Norman Hines gefragt wurde einen Remix für seinen Track „Zebroo Anthem“ zu produzieren. Unsere Sounds passten sehr gut zusammen, so dass wir uns im Anschluss ein wenig austauschten und weiter Kontakt hielten. Dank des digitalen Zeitalters ist es nun wirklich kein Problem auch über große Distanzen miteinander zu kommunizieren oder auch gemeinsam Musik zu machen. Das wäre vorher nie denkbar gewesen. Ich finde es manchmal selbst fantastisch, was heutzutage alles möglich ist.

Habt ihr euch denn im realen Leben ebenfalls schon getroffen?
Ja, das haben wir tatsächlich. Letzen Sommer als ich auf Ibiza einen Gig hatte. Zufällig sah ich, dass auch Kevin Saunderson einen Gig auf der Insel hatte. Da auch Dantiez mit ihm reiste, haben wir uns kurz kontaktet und dann zu dritt im Space und im legendären DC-10 abgehangen.

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Kannst du uns mal deine Herangehensweise an Tracks erläutern? Wie entsteht beispielsweise  “Stuck In My Mind”?
Bei diesem Track tauschte ich mich stetig mit Dantiez aus und wir schickten Files hin und her, wir tauschten Ideen und Ansätze. Einer bearbeitete dabei immer ein wenig die Soundideen des anderen, schickte die Files zurück und wartete auf die neuen Zutaten des anderen. Hin und her, die ganze Zeit ging das so bis wir den jetzigen Sound des Tracks erreicht hatten. Es hat an einer bestimmten Stelle einfach „Klick“ gemacht und wir beide wussten es hört sich großartig an. Kevin hörte sich den finalen Track an und alles nahm seinen Lauf.

Fokussiert du dich bei deiner Studioarbeit denn im Allgemeinen mehr auf Hardware oder Software?
Ich nutze wirklich sehr viel digitale Software. Das erlaubt mir damit sehr viel mobiler zu sein, als wenn ich mein Hardware-Equipment mitschleppen müsste. Allerdings muss ich sagen, dass ich Hardware liebe und immer damit arbeite, wenn ich die Möglichkeit habe. Ich denke, in den kommenden Jahren werde ich mein Studio um Hardware erweitern.

Wie kam es zu der eigentlichen Sound-Idee bei dem Track?
Es startete letzten Sommer, kurz nachdem ich aus Ibiza zurückkehrte. Ich musste selbst lachen. Die meisten DJs kehren von Ibiza zurück und produzieren etwas Sonniges, Balearisches oder Gechilltes. Bei mir war es eher das Gegenteil und ich war voll von eher dunkleren technoiden und druckvollen Vibes. Ich freue mich, genau diesen daraus hervorgegangenen Sound unter die Leute zu bringen.

Welche Einflüsse und  Ideen bekommst du von den Gigs für die Studioarbeit?
Es gibt sehr viele Dinge die ich während des Auflegens als DJ tun muss, von denen ich mir wünschen würde, sie würden von allein in einem Track passieren. Genau dass versuche ich auch herauszuarbeiten, wenn ich im Studio bin. Ich liebe es ein Gefühl zu erschaffen, eine spezielle Atmosphäre, um Spannung zu erzeugen – bis zu einem gewissen Punkt, um dann alles über der Tanzfläche zu entladen, um die Leute durchdrehen zu sehen.

Was planst Du derzeit für das gerade angebrochene Jahr 2014?
Ich habe in diesem Jahr einiges vor. Ich werde erneut auf Ibiza spielen als auch meine erste Tour in China umsetzen. Ebenso stehen Gigs in Nordamerika in der Pipeline. Tatsächlich war ich noch nie in Deutschland, würde mich aber freuen meinen ersten Besuch in diesem Jahr zu machen. Ich weiß bereits, dass ich einige Fans habe, die nur darauf warten, dass ich in Deutschland mein Debüt hinlege. Ich freu mich darauf.

Vielen Dank für das Interview.

John Norman im Netz:
www.johnnormanmusic.com
www.soundcloud.com/khemlab_johnnorman
www.facebook.com/JohnNormanMusic

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