Klangkuenstler – Stilistische Freiheiten

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Die Gründe, warum Michael Korb – besser bekannt als Klangkuenstler – einer der wohl vielversprechendsten Künstler der deutschen House-Szene dieser Tage ist, liegen auf der Hand: Er startete seinen Siegeszug bereits mit seiner ersten Veröffentlichung „Barfuss Auf Wolken“ 2013 auf Stil vor Talent – und seitdem ist eine Menge passiert. Ein gefeiertes Debütalbum, unzählige Gigs auf dem gesamten Erdball und viele weitere Veröffentlichungen wie z. B. erst kürzlich die „House Nation“-EP auf Toolroom. Nun ist der aus dem Allgäu stammende und mittlerweile in Berlin lebende Korb zurück auf seinem Stamm-Label Stil vor Talent. Gemeinsam mit Jiggler liefert er auf dem Imprint von Oliver Koletzki eine Split-EP und ist dabei für die Tracks „Save The Rave“ und „Exodia“ verantwortlich.

Gerade die erste Hälfte des Jahres erfolgreich gemeistert, zieht er aus dieser ein durchaus positives Fazit. „Ich bin mehr als zufrieden mit dem Jahr bislang. ,House Nation’ hat sich in den Beatport-Tech-House-Charts ganz gut geschlagen, der Titel-Track hat es bis auf Platz 6 geschafft, was auf jeden Fall an der guten Zusammenarbeit mit Toolroom liegt. Außerdem habe ich meine erste Nord- und Südamerika-Tour gespielt, was irgendwie immer noch surreal erscheint. Wenn ich ca. sechs Jahre zurückdenke, an die Zeit, als ich angefangen habe, Musik zu machen – da wäre mir so etwas nicht mal im Traum eingefallen. Das Private kann ich davon ehrlich gesagt nicht wirklich trennen, da die Musik sowohl zu meinem Privatleben als auch zu meinem Berufsleben gehört. Urlaub verknüpfe ich auch immer mit der Musik, indem ich ein paar Tage dranhänge, wenn ich in einer Stadt oder einem Land spiele, das ich mag – im besten Fall dann, wenn meine Freundin auch Zeit hat und mitkommen kann. Der Sommer ist generell einfach die beste Zeit des Jahres. An den Wochenenden bin ich unterwegs und unter der Woche sitze ich in meinem Studio, in dem ich paradoxerweise nichts vom Sommer mitbekomme, da es dort kein Fenster gibt.“

Genau in diesem Studio vollzog sich auch der Soundwandel, den Klangkuenstler im Laufe seiner recht kurzen, aber erfolgreichen Karriere durchlebt hat. Früher noch wesentlich housiger und melodischer unterwegs, klingt er aktuell doch recht straight und durchaus auch mal acidlastiger. „Die neue EP ist definitiv anders als meine letzten Releases und auch als die, die noch anstehen. Ich glaube, das kommt daher, dass ich mir dessen bewusst bin, dass Stil vor Talent kein House-Label im herkömmlichen Sinne ist. Deswegen schicke ich Olli auch keinen Tech-House, wie ich ihn normalerweise produziere. Natürlich verstelle ich mich nicht, um eine EP für ein bestimmtes Label zu machen. Aber wenn ich an Tracks sitze, die unbewusst etwas von meiner aktuellen Stilistik abweichen, mache ich sie trotzdem fertig, wenn ich mit ihnen happy bin. Generell mag ich es, nicht festgefahren zu sein. Vor allem weil mein Geschmack sich ständig verändert. Ich weiß, das ist sicherlich nicht die beste Eigenschaft in der Musikbranche. Aber letztendlich möchte ich einfach qualitativ gute Musik machen. Ob das House oder auch mal etwas Technoideres ist, ist mir persönlich ziemlich egal. Dementsprechend klingen auch die zwei Stücke auf der EP. ,Save The Rave’ lebt von einer Acid-Hook und einer ziemlich heftigen Kickdrum, angelehnt an einen Track von 1995. ,Exodia’ hingegen ist etwas weniger offensichtlich mit einer dezenteren Acid-Line und Synth-Layern – für meine Verhältnisse aber mit einer dennoch sehr technoiden Bassline.“ Eine Entwicklung, die man sicherlich auch am Label selbst ausmachen kann. Generell ist das Verhältnis zum Label ein sehr besonderes, wie er selbst beschreibt. „Wir haben immer eine super Zeit, vor allem bei Showcases. Meistens ist das gesamte Team dabei, also auch die Jungs und Mädels aus dem Office.

Musikalisch arbeiten wir jetzt auch schon drei Jahre zusammen und dafür bin ich wahnsinnig dankbar, weil mich das in vielen Aspekten weitergebracht hat. Also nicht nur in offensichtlichen Dingen wie beispielsweise, dass ich durch SvT das erste Mal im Watergate spielen konnte oder dass dieses Label die erste große Plattform für meine Musik war, sondern auch in persönlichen Aspekten, weil ich Olli oder auch meinen Booker Chris jederzeit um Rat fragen kann, was sehr hilfreich ist aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung.“ Ein ebenfalls für ihn unvergessliches Highlight ist sein erster Gig im Boiler Room. „Die ganze Crowd hinter sich zu haben und nicht zu sehen, wie sie auf Tracks reagieren, ist echt spannend, vor allem weil man trotzdem spürt, wenn etwas auf dem Dancefloor passiert. Ich war wahnsinnig nervös, auch über den ersten Track hinaus, was ungewöhnlich ist, aber ich bin sehr zufrieden mit dem Set. Die Stimmung war super, was natürlich der Crowd zu verdanken ist – und nicht zuletzt dem Watergate: Soundsystem und Licht sind einfach auf den Punkt dort.“

Für Ende Juli steht eine weitere EP an, in diesem Fall auf Roush, dem Label von Hector Couto. Dieser hatte im vergangenen Jahr bereits einen Remix für Klangkuenstler angefertigt. „Ich hatte zwei neue Tracks fertig, die von den Drums und den anderen Sounds ziemlich oldschool klingen. Da dachte ich mir, dass das vielleicht passen könnte. ,Ghetto Gospel’ spiele ich seit Monaten als letzten Track, das Sample vermittelt einfach die perfekte Stimmung – zumindest bei mir –, um das Set abzuschließen, gerade jetzt zur Festivalzeit im Freien. ,Heat It Up’ ist etwas rougher von der Bassline her und die Drums bestehen im Grunde aus alten Break-Beats.“ Auch für die Wochen danach ist produktionstechnisch bereits einiges in trockenen Tüchern. „Es kommt ein Remix für einen Freund bzw. einen meiner Lieblingsproduzenten aus New York auf dessen Label Rawsome Recordings raus. Außerdem habe ich eine Kollaboration mit Reinier Zonneveld, die wohl auf seinem Label Filth On Acid erscheinen wird, das genaue Release-Date ist aber noch unbekannt.“ Und da die Sommerzeit automatisch auch Festivalzeit ist, stehen davon einige auf seiner Agenda. „Verknipt Festival Amsterdam, Stil vor Talent Festival Berlin, Grashüpfer Festival Karlsruhe, Gaasper Pleasure Festival Amsterdam, Loveweek Festival Kroatien, Dance D-Vision Festival Zottegem, Lucky Lake Festival und natürlich auch die Club-Gigs dazwischen. Ich freue mich wahnsinnig.“

Aus dem FAZEmag 065/07.2017
www.klangkuenstler.com

Text: Triple P