Novation Circuit – Der Grenzgänger

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Mit dem Circuit hat Novation ein besonderes Hybrid vorgestellt. Eine Mischung aus Groovebox und Synthesizer, die gridbasiert und völlig autark arbeitet. Auch wenn sie auf den ersten Blick an einen Controller für Ableton oder Logic erinnert, läuft die Maschine unabhängig und ist somit sowohl für das Studio als auch für ein Liveset interessant. Im Zentrum steht die Matrix aus 32 Touchpads, mit denen die Synthesizer gespielt und die Drums gesetzt werden. All das liefert der Circuit und verzichtet dabei vollständig auf Bildschirme, Touchscreens oder die Möglichkeit, einen Laptop anzuschließen. Geht das in der Praxis gut?

Ganz ohne visuelle Indikatoren kommt auch der Circuit nicht aus. Unter den acht Endlosencodern am oberen Ende des Geräts befinden sich kleine RGB-LEDs, die über Helligkeit den eingestellten Wert anzeigen. Dreht man mehr auf, leuchten sie heller, dreht man runter, leuchten sie dunkler. Sollte ein Encoder für ein Instrument keine Funktion haben, leuchtet die LED gar nicht. Ein simples System, das sehr intuitiv ist und schnell in dem Bereich keinen Bildschirm vermissen lässt. Anders sieht es aus, wenn es an die Funktionen der jeweiligen Drehregler geht. Hier gibt es nämlich kein Indiz dafür, was man gerade verändert – dies lässt sich nur über das Gehör feststellen. Nach einigen Stunden mit dem Circuit hat man grob im Kopf, was die Encoder modulieren, aber gerade im Live-Einsatz verkommt das immer wieder zu einem Ratespiel. Auch bei der Auswahl der Synthesizer und Drums ist man ohne die mitgelieferte Karte, die alle Presets listet, aufgeschmissen.
Es gibt jeweils 64 Synth- und Drumpatches. Die Synthesizer basieren auf zwei Nova-Synths, die sechsstimmig polyphon sind. Der Klang der Presets ist generell gut, manche der Voreinstellungen eignen sich direkt zum Spielen, andere erfordern ein wenig Nachjustierung oder den Einsatz von einem der 16 Delays oder acht Reverbs. Bis zu zwei Synthesizer und vier Drumspuren können in einer Session zusammenspielen, daher wird der Aufbau recht schnell komplex. Da hilft die Funktion, Sessions zu speichern. Wer den Circuit auf der Bühne stehen haben will, kann die Patterns speichern und später abrufen. So entfällt das hektische Suchen nach den Klängen, die zusammenpassen. Über einen 3,5-mm-Klinkenanschluss können MIDI-Signale empfangen und gesendet werden, die intern erzeugten Klänge gehen entweder durch einen 6,3-mm-Klinkenausgang oder werden über den internen Lautsprecher gesendet. Zudem gibt es noch einen 3,5-mm-Klinkenausgang für Kopfhörer. Leider lässt sich der Ausgang nicht separat vom Master regeln.
Die Drums haben standardmäßig 16 Steps, können aber auf bis zu 128 erweitert werden. In zwei Gruppen angeordnet, Drum 1 und 2 sowie Drum 3 und 4, können auf einen Blick für gleich zwei Instrumente die Steps in den Sequenzer eingegeben werden. Über den Mixerknopf auf der rechten Seite kann die Lautstärke der einzelnen Spuren eingestellt werden. Das Gestalten von Beats geht sowohl beim Setzen der Steps wie auch, wenn man einen Groove live einspielt, kinderleicht von der Hand. Kleinere Fehler können mit der Clear-Funktion entfernt oder per Velocity, Gate, Nudge oder Länge korrigiert werden.
Der Circuit vereint noch deutlich mehr Funktionen und Tricks, die das Gerät zu einem ernsthaften Instrument machen. Dass es keine Displays gibt, noch nicht mal eines für reine Zahlenwerte, spielt dabei keine Rolle. Der Circuit richtet sich sicherlich eher an Anfänger und füllt in einem Studio eher nur eine Nische, kann das aber durch seinen unglaublichen Spaßfaktor wettmachen. Das Erstellen von Grooves und das Einspielen von Melodien gehen so simpel, dass selbst ungeübte Musiker schnell zu interessanten Ergebnissen kommen. Für einen Preis von 339 EUR in gängigen Shops werden einem sehr viele Möglichkeiten geboten, um kreativ zu sein. Wer einen omnipotenten Klangerzeuger im Studio haben möchte, den er auch mit auf Tour nehmen kann, macht mit dem Circuit nichts falsch.

Technische Daten:
32 anschlagempfindliche RGB-Pads
28 RGB-Funktionstasten mit Hintergrundbeleuchtung
8 Endlosdrehregler mit RGB-LEDs
Dedizierte Filter- und Volume-Regler
6,3-mm-Klinke-Ausgänge (L/R)
2 MIDI-Anschlüsse (3,5 mm Mini-Klinke mit MIDI-DIN-Break-out-Kabeln)
USB-Anschluss
Vorderseitiger 3,5-mm-Mini-Klinke-Kopfhöreranschluss
Integrierter Lautsprecher
Batteriefach für 6x AA Batterien (im Lieferumfang enthalten)

Klangerzeugung
2 Nova-Synths
4-Part-Drum-Machine
6-fache Polyphonie pro Synth
64 Synth-Patches
64 Drum-Patches
8 Synth Makro-Regler (Steuern von bis zu 4 Parametern mit einem Regler)
4 Drum Parameter-Regler (Pitch, Decay, Distortion, Filter)
Mixer-Ansicht mit Pegeln und Mutes
Master-FX mit individuellen Track-Sends
16 Delays
8 Reverbs
Sidechain-Effekte (7 Typen und Aus). Werden von Drum 1 getriggert
Hoch- und Tiefpass-Master-Filter
Sequenzer
32 Sessions
6 Tracks pro Session (2 Synth und 4 Drum)
8 Pattern pro Track (Synth 1, Synth 2, Drum 1 & 2, Drum 3 & 4)
Auto-Quantisierung für Steps und Automation für 6 Events pro Step
50 Automations-Parameter (bis zu 4.800 Events pro Pattern)
Interner Tempo-Bereich von 40–240
Extern synchronisierter Tempo-Bereich von 30–300
Swing 20–80 %
16 Skalen-Arten und chromatische Transposition

Im Lieferumfang enthalten ist Ableton Live Lite 9.
Circuit arbeitet auch als Standard-USB-MIDI-Controller.
Abmessungen: 240 mm Breite x 200 mm Tiefe x 35 mm Höhe
www.novationmusic.de
Aus dem FAZEmag 047/01.2016

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