Pig&Dan – Keine Kompromisse

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Zwei Jungs, die das Schicksal zusammenführte. Daran kann man glauben, muss man aber nicht. Dass sie ihren Weg gehen, daran besteht allerdings kein Zweifel. Sie bleiben sich und ihrem Sound treu, bereiten neue Pfade, doch nicht leichtsinnig, sondern wie es scheint stets mit Bedacht. Pig&Dan liefern nicht nur den aktuellen Download-Mix dieser Ausgabe, wir haben uns außerdem mit Igor alias Pig über seinen Werdegang und den Erfolg des Duos unterhalten.

Was hast du getrieben, bevor sich das mit der DJ Karriere herauskristallisiert hat?
Ich studierte Business Administration. Danach verschlug es mich nach München, wo ich ein Praktikum in einem Heavy Metal/Rock-Studio machte. Das war auch der Ort, an dem ich zum ersten Mal mit Dingen wie einer Aufnahme-Software in Kontakt kam. Meine Leidenschaft zur Musik hatte ich allerdings schon viel früher entwickelt. Schon während meiner Schulzeit hatte ich immer die neuste Musik, aber für das Auflegen hat es damals noch nicht gereicht. Mit 18 bekam ich meine ersten Plattenspieler und fing an, das Mixen zu lernen. Ich verbrachte zig Stunden damit, das Beatmaching zu perfektionieren und Sets aufzubauen. An der Uni spielte ich dann auf verschiedenen Partys. Hinzu kam, dass ich immer mehr Zeit in Plattenläden, wie dem Blackmarket in Soho und Vinyl Addiction in Camden Town verbrachte. Ich gab so viel Geld für Platten aus, dass ich mich hauptsächlich von Spaghetti mit Olivenöl ernährte (lacht). Zu dieser Zeit organisierte ich auch illegale Raves in Häusern und Gewölben auf Mallorca. Wir schlossen unsere Anlage an ein Notstromaggregat und spielten bis zum Morgengrauen. Jeder konnte dabei sein, es ging lediglich um die Musik. Es gab weder Eintritt noch sonst etwas. Nur eine Party an einem wunderbaren Ort.

Du wolltest also nicht schon immer Musiker werden?
Nun, bevor ich in das Nachtleben eintauchte, fuhr ich Kart. Mein Vater war professioneller Rennfahrer, als er noch jünger war, so hatte ich immer Kontakt zu etwas Schnellem mit Motor. Ich gewann sogar in einem Jahr die balearischen Meisterschaften. Es gab nur ein Problem: Ich war zu schwer für einen Profirennfahrer, und das Essen schmeckte mir einfach zu gut!

Also vom Rennstall in den Club?
Mit fünfzehn fing ich an, in die Clubs auf Mallorca zu gehen. Zu dieser Zeit liefen dort in den Morgenstunden die Platten von Westbam und Marusha, und es blieben auch nur rund 20 Leute so lange, um diesen Sound zu hören. Auf richtigen Techno wurde ich erst Jahre später aufmerksam. Ich hörte Sven Väth auf einer Cocoon Party im Tribehouse, das war definitiv ein prägendes Erlebnis und ein Wendepunkt meiner musikalischen Karriere. Ich verfiel dem Techno, und es war ein großartiges Gefühl.

Gab es da noch weitere Künstler? Wer fasziniert dich heute?
Ich schätze, Väth war meine größte Inspiration. Seine Sets sind legendär, und nur wenige können dich auf eine solche musikalische Reise mitnehmen wie Sven. Er deckt die ganze Bandbreite ab und geht von den groovy Sounds über kompromisslose Rhythmen bis zu den sanfteren Melodien. Er hat das Gespür für den richtigen Sound zur richtigen Zeit. Es wird mir nie langweilig, ihm zuzuhören. Heute bin ich mehr von Produzenten als DJs fasziniert. Meine Favoriten sind DVS1, Marcel Dettmann, Ben Klock, Sterac und Johannes Heil. Ich stehe auf deren natürlichen, analogen Sound, besonders den deepen Stuff.

Hast du oft an deinem Weg gezweifelt?
Natürlich hatte ich auch schon diese Momente, in denen man alles in Frage stellt. Am liebsten würde man alles Bisherige über Bord schmeißen, um etwas anderes zu machen. Es ist nicht leicht im Musikgeschäft, obwohl das immer noch viele glauben. Es ist eine so unbeständige und schwankungsanfällige Branche. Und nur weil man härter arbeitet, kann man nicht von größerem Erfolg ausgehen. Ja, es ist ein sehr taffes Geschäft, bei dem viel Glück und gute Kontakte gefragt sind. Ich nehme an, dass das auf vieles zutrifft in dieser unsicheren Welt, in der wir leben.

Wie kam es denn schließlich zu Pig&Dan?
Drei Jahre nachdem wir uns zufällig schon einmal auf einem Flug begegnet waren trafen wir uns durch einen gemeinsamen Freund wieder. Dan schlug vor ins Studio zu gehen und es harmonierte von Beginn an. Erst einen Monat später erinnerten wir uns daran, schon mal zusammen in einem Flieger gesessen zu haben. Zufall oder Schicksal

Es hat nicht lange gedauert, da habt ihr bei Cocoon veröffentlicht.
Als wir mit dem Produzieren begannen, ließen wir uns nicht direkt von einem Labelsound beeinflussen. Es ging mehr um Sounds, die wir mochten als einen bestimmten Stil oder ein bestimmtes Genre. Deshalb lässt sich der Submission-Sound auch nur als Minimal Progressive mit Techno Elementen beschreiben. Erst nachdem ich Sven zum ersten Mal spielen sah entschieden, wir uns für Techno. Cocoon hatte zwar großen Einfluss auf uns und unseren Sound, doch wir sind unserem eigenem Stil immer treu geblieben.

Eure Karriere verläuft gut. Ihr spielt eure Sets auf der ganzen Welt. Zieht ihr mittlerweile die Festivals den kleineren Clubs vor?
Es geht nicht um die Größe der Veranstaltung oder des Floors. Es geht um die Atmosphäre. Allgemein gesagt: Wir lieben es an einem Ort mit toller Stimmung und gutem Soundsystem zu spielen. Die Anlage ist das wichtigste Element eines Clubs, denn je besser der Klang, desto besser können sich die Leute auf die Musik einlassen. Wir beginnen unser Set auch nach Möglichkeit in der Dunkelheit. So konzentriert sich jeder auf das was er hört, ohne sich ablenken zu lassen. Wenn es dunkel ist, lassen sich die Leute gehen. Aber um auf deine Frage zurückzukommen. Du kannst auf einem Festival vor 5.000 Leuten spielen ohne Stimmung oder vor 20 Leuten, die tanzen und total durchdrehen. Also ich ziehe die 20 vor, die feiern!“

Die Tätigkeit eines professionellen DJs erstreckt sich in der heutigen Zeit weit über das Mischen von Platten hinaus. Fähigkeiten in Marketing, Projekt Management und das richtige Netzwerken sind entscheidend. Wie hat sich die Musik zu einem solch großen, weltweiten Geschäft entwickelt?
DJ zu sein, erfordert deine Aufmerksamkeit sieben Tage die Woche, denn es gibt immer etwas zu tun. Früher konntest du dein Leben noch mit Musik machen und Plattenverkäufen finanzieren. Die Welt war besser dran als sie es jetzt ist, es gab deutlich weniger Wettbewerb, weniger DJs, weniger Partys und die, die unterwegs waren hatten mehr Geld. Auch konnte nicht jeder ein Label betreiben, geschweige denn eine Platte produzieren. Vinyl fungierte damals noch als eine Art Qualitätsfilter, denn es kostete richtig Geld, eine Pressung anfertigen zu lassen. In Folge dessen hat man sich es also zwei Mal durch den Kopf gehen lassen, was sich lohnt und was nicht. Heute kann jeder einen Track mit Sample Loops zu Hause basteln und ihn mit geringen Kosten digital veröffentlichen. So entsteht ein viel größerer Wettkampf ums Hören und Gehörtwerden. Durch das Internet kann Musik großflächig verteilt und empfangen werden, gleichzeitig sorgt es für einen enormen Wertverlust. Es ist also nicht wirklich möglich von der Musikproduktion allein zu leben, obwohl es Zeit in Anspruch nimmt wie jeder andere Job. Ein Track kann in durchschnittlich zwei bis fünf Tagen fertig gestellt werden, dass entspricht etwa einer 40 Stundenwoche.
Musik hat sich zum Marketinginstrument eines DJs und Produzenten von heute entwickelt. Für uns ist es ein Weg sich von den übrigen Künstlern abzuheben, denn wir spielen auch zu rund 80 Prozent eigene Stücke. Es geht aber nicht nur darum hochwertige Musik auf einschlägigen Labels zu veröffentlichen, auch die passende Promotion ist gefordert. Ohne die richtige Vermarktung ist es nicht mehr möglich erfolgreich zu sein, und das ist äußerst schade, denn es gibt Leute, die sich ihren Erfolg buchstäblich erkaufen. 

Fühlst du dich mehr als Künstler oder Geschäftsmann?
Ich habe mich immer mehr als Künstler gefühlt, aber auch ich habe schon harte Zeiten hinter mich gebracht, und wenn du ernst genommen werden willst, bleibt dir nichts anderes übrig, als gleichzeitig auch Geschäftsmann zu sein.

Ihr habt bereits mit zahlreichen bekannten Künstlern gearbeitet, darunter waren auch Monika Kruse, Josh Wink, Matador und Pan-Pot. Jedoch wundert sich nun der eine oder andere, weshalb ihr auf einer Platte mit deadmau5 zu finden seid …
Wir wollen unser Publikum vergrößern und uns selbst voranbringen, jedoch ohne unseren Sound zu verändern. Das ist die oberste Regel, die wir haben. Wir machen Musik, die wir lieben und spielen. deadmau5 hat eine riesige Fanbase und bringt den Techno in die EDM-Kultur. Er unterstützt uns schon seit längerer Zeit, und als er uns mit dem Projekt vertraut machte, sahen wir es als eine Herausforderung und Chance an. Es macht uns großen Spaß, diesen Remix zu spielen, und Reaktion des Publikums ist durchweg positiv. Aber wir werden definitiv nicht damit anfangen, EDM zu produzieren. Wir kommen vom Techno und bleiben beim Techno, keine Sorge.

Unter dem Moniker Testpilot hat deadmau5 eine EP auf Hawtins Plus8 veröffentlicht. Auch hier habt ihr mitgewirkt und einen sehr düsteren und atmosphärischen Remix beigesteuert. Wird es weitere Kollaborationen dieser Art geben?
Ja, es stehen schon einige Ideen im Raum, allerdings können wir noch nichts Konkretes sagen und wie schon erwähnt, wir gehen da keine Kompromisse ein.

Immer mehr EDMler wie Calvin Harris und Steve Angello veröffentlichen Platten, die man bezüglich des Sounds so nicht erwartet hätte. Was sagt das über die Entwicklung der elektronischen Musik aus?
Wie schon Carl Cox sagte: ‚EDM ist der Einstieg in die Dance Music’ – und vielleicht gehen die jungen Leute jetzt auch einen Schritt weiter und entdecken neue und andere Genres. Natürlich kann ich nicht sagen, wohin die Reise geht, aber ich vermute, dass Techno immer mehr Zuwachs finden und ein ernsthaftes Comeback feiern wird.“ /Gutkind

Ab sofort und exklusiv bei iTunes:

 

www.piganddan.com