Planet Xenbel: Videotreff Lauda/MAYDAY 2001

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Planet Xenbel: Videotreff Lauda/MAYDAY 2001

Ich würde kein Wort darüber verlieren, aber es beschäftigt mich. Mein Geisteszustand ist nach dieser durchzechten Nacht fragwürdig und die Fahrt von Dortmund nach Hamburg zieht sich. Wem hat es vor mir gehört, wie kam es auf die MAYDAY, und warum ist es jetzt in meiner Tasche? Habe ich es unbewusst geklaut? Sind Raucher in dem Punkt kleptomanisch veranlagt?

Es ist ein weißes Einwegfeuerzeug. Auf der einen Seite ist in schwarz die Adresse vom Videotreff Lauda gedruckt, auf der anderen eine Videokassette. Klar, wir sind hier nicht bei Tatort, aber wie reisen Feuerzeuge immer von A nach B. Und so schaue ich aus dem Fenster und fantasiere, während mein Kopf im Hintergrund die Members Of Mayday durchgeht.

Axel ist ein standhafter Typ, der etwas zu viel Anabolika konsumiert hat und auf jeder Party Trägerhemden trägt, damit wir seinen Bizeps sehen und Angst bekommen.

Axel könnte Cineast sein und sich „Rambo“ mehrmals beim Videotreff Lauda ausgeliehen haben, dafür hat man ihm das Feuerzeug geschenkt. Da Axel natürlich nicht raucht, hat er es Lutz, dem Kumpel vom Manni geschenkt. Lutz ist ein ganz Lieber, er hat nichts falsch gemacht in seinem Leben, dafür aber gut auf die Fresse bekommen. Er gehört zu denen, die chronisch in Fettnäpfchen treten, die so explosiv sind wie Tretminen. Im Geiste ist er Single, beruflich hält er sich mit hoffnungslosen Geschäften über Wasser und abends trinkt er gerne ein Bier. Seine Frau Melissa findet die Situation nicht so prickelnd, denn die Dame hat Träume und weil sie heute mal wieder sauer auf Lutz ist, hat sie sich sein einziges Geschenk, das Feuerzeug, geschnappt und sich auf den Weg zu Vanessa gemacht.

Wenn Melissa und Vanessa sich treffen, rauchen sie Kette und erinnern sich voller Freude daran, wie sie sich kennen lernten. Es war in den 70ern, da waren die beiden noch echte Schnitten. Vanessa hat einen Sohn namens Derrick, der in seiner Clique „Dare“ genannt wird, weil er sich allen Herausforderungen stellt und es zu seinem Namen passt, wenn man ihn wie „Der“ ausspricht. Dare hat sich gerade die brandneue Larry B.-CD gekauft und, um sich vorab ins Wochenende zu beamen, schon mal ein „Tamagotchi“ eingeworfen. Daraufhin beschloss er, das Poster von Gary D. zu verbrennen, weil er Larry B. jetzt viel cooler findet und dieser die Auftritte in seiner Stammdisco, dem Magic Dumdum, nie absagt.

Da aber auch Dare kein Feuer ohne Feuer machen kann, musste er sich ein Feuerzeug organisieren und nichts war leichter als das, wenn Melissa im Haus war.

Melissas Augen entgeht nichts. Sie stellte sofort fest, dass er heute etwas größer als sonst wirkt. Dass er eine lange Raverhose der Marke Sabotage über seine neuen Buffalos trug, ist ihr erst bewusst geworden, als es zu spät war und Dare rückwärts, die Hose auf dem Boden hinter sich her schleifend, mit dem Feuerzeug aus der Küche marschierte.

Nach der Unterhaltung mit Melissa stand er auf einmal unter Zeitdruck. Er hat vergessen seine Haare zum Himmel zu stylen und seine Clique war schon zur Abfahrt bereit. Im Auto baute seine Freundin Lucy einen Joint und gab ihm das Feuerzeug nicht zurück! Es war Lucys erste MAYDAY. Nach dem Joint hat sie sich noch mit Dare und den anderen eine „Mitsubishi“ geteilt und das Feuerzeug einfach im Gang auf dem Tisch liegen lassen.

Tja, jetzt ist zwar immer noch unklar, wie ich an dieses Feuerzeug gekommen bin, aber so in der Art könnte es von Lauda zur MAYDAY gekommen sein. Im Übrigen habe ich jetzt – zwölf Jahre später – aufgehört zu rauchen und brauche kein Feuerzeug mehr!

Bis zum nächsten Monat

Das Xenbel

 

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