Rainers Ratgeber – Teil 9: Der Vertrieb deines eigenen Labels?


Jeder, der sich in Deutschland mit elektronischer Tanzmusik auseinandersetzt, ist schon auf den Augsburger Rainer Weichhold getroffen. Sei es in seiner Funktion als Chef von DJ-Propaganda, A&R und Labelmanager von Great Stuff Records, Macher von Kling Klong Records oder einfach bei seinen DJ-Gigs. Neben seinen DJ Coaching-Seminaren gibt Rainer Weichhold nun auch in FAZEmag jungen Produzenten jeden Monat Tipps, was sie beachten sollten, wenn sie den inneren Drang verspüren, in der großen weiten Welt der Musikindustrie ihr Glück zu suchen. Kontaktiert Rainer gerne direkt unter rainer@klingklong.com!

Dein frisch gegründetes Label steht nun in den Startlöchern, das Logo ist fertig, das Artwork sitzt und die ersten zwei Releases liegen als dick gemasterte Wav-Files vor. Nun stellt sich die Frage, wie man die Musik dem potentiellen Kunden anbieten kann? Wie kommen die Veröffentlichungen in die Läden bzw. Download-Shops? Und in welchem Format? Download? Vinyl?

Auch wenn ich selbst digital auflege, bin ich weiterhin großer Vinyl-Fan und mache bei meinen eigenen Labels Kling Klong und Gold Rcrds immer auch Platten. Leider sinken allerdings die verkauften Stückzahlen stetig, so dass es mittlerweile eher als Liebhaberei betrachtet werden kann, Vinyl zu pressen bzw. zu verkaufen. Sicherlich kann man mit einen Megahit noch gut fünfstellig verkaufen, im Durchschnitt sind es aber wohl eher unter 500. Grundsätzlich gibt es zwei Varianten: Entweder man stellt die Vinyle (incl. Vinyl-Schnitt und Cover) auf eigene Rechnung her und lässt sie einem Vertrieb liefern, der diese dann den Plattenläden weiterverkauft oder man vereinbart mit einem Vinyl-Vertrieb einen P&D Deal (= Press & Distribution). Das bedeutet, der Vertrieb kümmert sich auch um die Herstellung der Tonträger. Die Kosten dafür werden dir später von den Einnahmen abgezogen. Beide Varianten kann man mit den klassischen Vinyl-Vertrieben wie Wordandsound oder Intergroove machen. Seit ca. drei Jahren gibt es auch die weitere Möglichkeit, solch einen Vertrag direkt mit deejay.de oder decks.de abzuschließen, was ebenfalls durchaus Sinn machen kann. Darüber hinaus gibt es bei diesen beiden Firmen auch die Möglichkeit, Ihnen die Vinyl-Rechte zu lizenzieren. D.h. sie übernehmen die Herstellung (und somit auch das Risiko) auf eigene Kosten und zahlen dann pro verkaufter Vinyl eine Lizenz. Ich habe selbst so einen Vertrag mit deejay.de und bin schwer zufrieden.

Um die Musik digital bei Beatport, iTunes, DJDownload, Whatpeopleplay, Junodownload etc. verkaufen zu können, muss man sich ebenfalls an einen Vertrieb wenden. Hier geht es um vielleicht 50 Shops weltweit, das wäre völlig sinnlos, das selbst machen zu wollen. Die Vertriebe stellen einerseits die Technik zu Verfügung mit der die Download-Stores beliefert werden. Andererseits halten diese auch den persönlichen Kontakt zu den Shops, damit sie dein Label und deine Veröffentlichungen auf dem Zettel haben und diese hoffentlich auch gut dort platzieren. Hier gibt es in Deutschland eigentlich nur zwei wirkliche Optionen: Kontor New Media (KNM) und dig dis!. KNM ist klar größer und betreut sehr viele angesagte Labels. Dig dis! in Stuttgart helfen dafür mit noch mehr eigenen Compilations, so dass deine Musik gut unter die Leute kommt. Ich arbeite gerne mit beiden und kann sie nur empfehlen.

Generell finde ich es wichtig, Vinyl und Digital zu trennen und nicht einen Vertrieb mit beidem zu betrauen. Einerseits ist Risikostreuung immer sinnvoll, andererseits sollte man eben am besten zum jeweiligen Profi gehen.

In der Dezember-Ausgabe: Wie promote ich meine Releases?

Rainers Ratgeber:
Teil 1: Das richtige Demo
Teil 2: Der richtige Demoversand
Teil 3: Der richtige Plattenvertrag
Teil 4: Das Benutzen von Samples
Teil 5: Brauche ich die GEMA?
Teil 6: Brauche ich einen Verlag?
Teil 7: Wie gründe ich ein eigenes Label?
Teil 8: Die Sache mit den scheinbar von der GEMA gelöschten YouTube-Videos