Reloop RMX-80 – Vier gewinnt!

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Es war im Jahr 1996, da landete Pioneer in seiner noch jungen DJ-Sparte einen Geräte-Coup: Den DJM-500. Zwei Jahre später ersetzt durch den DJM-600, war das multieffektbeladene Tool so sexy wie kein Mixer zuvor. Neben dem Technics 1210er MK2 wurde der Vierkanaler zum Standard in Clubs von München bis Malibu. Das zog Begehrlichkeiten nach sich. Zum einen auf Seiten der Plattenreiter. Einen DJM zu besitzen war für den damaligen Tsunami junger DJs eine Frage des Status vergleichbar einem iPad heute. Der Vierkanaler als Kultobjekt – ironischerweise zu einer Zeit, als noch kaum jemand mit mehr als zwei Plattenspielern arbeitete. Begehrlichkeiten zog der DJM auch auf Seiten anderer Hersteller nach sich. Ob Allen & Heath, Ecler, Denon, Behringer oder Numark – alle stiegen ein, um vom Vierkanal+Effekt-Hype zu profitieren. Mehr oder minder früh. Mehr oder minder überzeugend. Mehr oder minder erfolgreich.

Gerade dieser Tage kommt das Vierkanal-Genre abermals in Schwung. Natürlich mit dem DJM-750 von Pioneer selbst. Rane führt mit seinem neuen Sixty-Four ebenfalls einen Vierkanaler ein (siehe Maschinenraum). Und eben auch Reloop legt nach dem RMX-40 des Jahres 2008 nun die erweiterte Version RMX-80 nach.

Fettsack
Mehr noch als in der jüngeren Reloop-Geschichte ohnehin schon, darf man von der Qualität des RMX-80 erbaut sein. Von den allesamt gummierten, in wichtigen Funktionen vergrößerten Potis über die ebenfalls gummierten Buttons bis hin zu den vergoldeten Chinch-Anschlüssen muss man dem Tool Topqualität attestieren. Speziell das Chassis samt metallicschwarzer Faceplate ist von derart hoher Stabilität, dass man meinen könnte, er sei aus Panzerstahl gefertigt. Um beim Hornbach-Hammer zu bleiben: Gemacht für die Ewigkeit. Entsprechend bringt der Reloop-Nachwuchs 6,8 kg auf die Waage und erreicht somit recht genau das Gewicht seiner DJM-Vorbilder. Kaum zu glauben: In den 90ern hielt man die Dinger wirklich für „mobil“ und hat sie regelmäßig mitgeschleppt. Ein aus heutiger Sicht fast unmenschlicher Kraftakt. Aber gut, man war jung, drauf und brauchte das Geld. Nicht wenige haben sich für den DJM-Traum (damals ca. 1.500 DM) erstmals im Leben verschuldet.

Schöner Fettsack
Zurück zum Thema. Das Layout des RMX-80 erfreut durch seine klare, DJM-entsprechende Struktur. Je nach Betrachtungsweise erfreuen jedenfalls sieben Spalten und neun Sektionen das Auge und die handelnde Hand. Ganz links oben ist die Mikrofonabteilung untergebracht. Geradezu klassisch für einen Mixer der Vierkanal-Desktopkategorie lassen sich zwei Mikrofone anschließen und in der Lautstärke separat regeln. Der Anschluss für das Hauptmikrofon liegt auf der Oberseite (XLR/Klinke kombiniert). Der Klinkenanschluss für das Nebenmikrofon liegt auf der Mixerstirn rechts. Der Mic-Kanal bietet zusätzlich eine kleine Besonderheit: Per Switch lässt sich er sich in einen rudimentär ausgestatteten Aux-Kanal verwandeln, so dass noch flugs ein MP3-Player, Sampler oder was auch immer angeschlossen werden kann. Das Cinch-Paar liegt sinnvollerweise mit auf der Oberseite des Gerätes.

Direkt unterhalb der Mikrofonabteilung ist die Vorhörsektion angelegt. Diese zeigt sich üppig ausgestattet. Vorhanden sind ein Split-Schalter, ein Lautstärkeregler sowie einen Mix-Poti, um das Vorhör- und Master-Signal stufenlos überblenden zu können. Sehr schön: Mittels eines zusätzlichen EQ-Potis lassen sich entweder die Bass- oder Höhenbereiche im Vorhörsignal betonen. So können komfortabel Kick auf Kick oder Hat auf Hat gematcht werden. Der Hauptkopfhörer wird über den Klinke-Slot an der Oberseite angeschlossen. Wer mithorchen möchte, erhält die Möglichkeit über einen kleinen „Phone 2“-Anschluss auf der Stirnseite. Ein cooles Feature beispielsweise für Ping-Pong-Auftritte

Die Spalten zwei bis fünf sind durch die Kanalzüge bestimmt. Per Kippschalter können entweder zwei CD- oder Line-Signalgeber sowie zwei CD- oder Phono-Signale in den Kanal geroutet werden. Jeder Kanalzug besitzt einen modernen Peakmeter, Gain-Regler sowie Dreiband-EQ. Die EQs lassen sich im harten Kill- oder softeren Klassikmodus (bis -26dB) betreiben – ein Switch am unteren Mixerrand machts möglich. Kill meint übrigens wirklich Kill, die Kiste hält bei Linksanschlag in jedem Frequenzbereich absolut dicht. Eine Geschmacksfrage ist der EQ-Poti-Widerstand. Dieser ist mit stramm zu bewerten. Wer also gewohnheitsmäßig nicht aus dem Handgelenk sondern per lockerem Fingerflip tötet, dürfte anfänglich schwer bis zum Anschlag gelangen. Nach kurzer Übungsphase hat mans aber drin. Zumal die gummierten Potis wirklich fantastischen Grip bieten. Dank des Widerstandes lassen sich dafür aber sehr feine EQ-Abstimmungen vornehmen. Das ist mir persönlich wichtiger als der blitzschnelle EQ-Kill.

Die nächste Reihe unterhalb der EQs bilden die fetten Filter-Potis. Angestoßen hat die Filter-pro-Kanal-Idee Vestax mit dem PMC-CX des Jahres 2004 – ein mit Carl Cox entwickelter Dreikanalmixer. Seinerzeit extrem teuer, weil analog aufgebaut, hat unter anderem Pioneer den klugen Gedanken digitalisiert und mit ab dem DJM-800 in unser Jahrzehnt geführt. Auch der Reloop RMX-80 trumpft mit dieser Option auf. Das bipolare Filter lässt sich separat für jeden Kanal zwischen Lowpass und Highpass stufenlos überblenden. Es klingt wirklich in allen Bereichen bemerkenswert gut und vermag das Signal bis an die Grenze der Unkenntlichkeit niederzudrücken oder nadelspitz auszudünnen. Da der Weg zwischen den beiden Extremen nicht besonders lang ist, greift der Poti entsprechend schnell zu. Als etwas störend bei der Durchfahrt habe ich den Einrastpunkt in der Nullstellung empfunden. Hier hätte das Leuchten der ebenfalls vorhandenen Blaudiode schon gereicht. Aber auch dieser Einwand ist kaum mehr eine geschmäcklerische Petitesse.

Abgeschlossen werden die Kanalzüge durch beleuchtete Cue-Buttons. Hierbei erlaubt der RMX das sogenannte Muti-Cueing, was bedeutet, dass mehrere Kanäle von der Vohörsektion abgegriffen und gemeinsam abgehört werden können. Wem das nicht behagt, kann diese Option in den Systemeinstellungen auf „Solo-Cueing“ umstellen, so dass die anderen Kanäle automatisch stumm geschaltet werden, sobald man einen vorhört. Systemintern lassen sich übrigens noch weitere Vorgaben ändern, beispielsweise die EQ-Frequenzen, das Mikrofonsignal-Routing oder eine Limitierung des Ausgangsignals. Über das Setup-Menu werden zudem kommende Software-Updates durchgeführt.

Ganz unten befindet sich schließlich das Crossfader-Element. Das Gefühl sowohl des ultraleichten, Innofader-kompatiblen CF wie auch der traditionell festeren Kanalfader unterstreicht den Oberligaanspruch des Reloop-Zöglings. Zumal sie über jene fast schon Plektrum-dünnen Faderkappen verfügen, die Allen & Heath 2003 mit dem Xone:62 in Mode brachte. Mittels kleiner Switches lassen sich die einzelnen Kanäle der linken oder rechten CF-Seite zuordnen oder in Thru-Stellung völlig abkoppeln.

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Schöner, gut klingender Fettsack
In den Spalten sechs und sieben sind schließlich die Master- und Effektabteilung eingerichtet. Master und Booth-Ausgang lassen sich getrennt in der Lautstärke einstellen. Die zugehörigen XLR-Stereo-Paar (Master) sowie Klinke-Stereo-Paar (Booth) befinden sich auf der Rückseite. Ebenso anwesend ist hier ein Cinch-Out für Aufnahmen (Record). Das Highlight des RMX-80 ist die Effektabteilung. Insgesamt sind 12 verschiedene Typen vorhanden, die den vier Hauptkanälen, dem Mikrofonkanal, dem Master, aber auch der linken oder rechten Crossfaderseite zugeordnet werden können. Der Effekt wird über den Endlosdrehregler „Beat-Select“ angewählt, per „Push“ bestätigt und mit „FX-On“ aktiviert. Jede Aktion wird übersichtlich im riesigen Dot-Display dargestellt. Inklusive eines besonderen Bonus: Neben dem herkömmlichen BPM-Counter zur Messung des Haupttaktes verfügt der RMX-80 über einen weiteren, BPM-Counter, der ausschließlich den Takt des Effektkanals analysiert. Eine hervorragende Idee, um die Gefahr von Effektfehlschlägen nochmals zu minimieren. Das Taktmaß wird automatisch erkannt oder lässt sich per TAP manuell einrichten. Viel Arbeit wird man mit der Anpassung der beiden BPM-Geschwindigkeiten aber nicht haben. Denn die automatische BPM-Erkennung funktioniert schnell, stimmig und bringt den angewählten Effekt passgenau ins Spiel. Sehr gute Hilfestellung leisten zudem die sechs Time-Takt-Tasten links der Regler, welche den Effekt in den Maßen ¼, ½, ¾, 1, 2, und 4, wiederum BPM-passgenau, modulieren. Je nach Effekttyp kann das die Looplänge, der LFO-Verlauf, das Timing oder die Tonhöhe sein. In der Effektsektion lässt sich darüber hinaus der Send/Return-Kanal anwählen, um über die rückseitigen Anschlüsse zusätzlich ein externes Gerät einzuschleifen. Lob auch dafür.

Der Grundsound des RMX-80 ist definitiv hervorragend. Druckvoll und transparent, wie man es von einem modernen Digitalmixer erwartet. Auch die Effektklänge sind von denen eines aktuellen DJM nicht zu unterscheiden. Wieder versöhnt habe ich mich sogar mit meinem persönlichen Hate-Effekt „Flanger“, den ich seit dem overload in den 90ern bis vor kurzem noch trotzig mied. Der des RMX gefällt mit, er scheint beim Abwärtsschlingern den Bassbereich zu betonen und kommt sehr dynamisch voll statt kalt und nervig. Nichts anfangen kann ich, wie übrigens beim DJM, mit dem deutlich zu aufdringlichen Digital-Noise. Ansonsten: Tipp-Topp, vom Echo über den beliebten Soundhäcksler „Transform“ bis zum Delay und Pitch-Shifter.

Fetter Vetter des DJM?
Bei allem Können sollte man aber auch nicht verschweigen, was der RMX-80 im Vergleich zu einem aktuellen DJM nicht besitzt. Denn auch wenn der Klang intern digital geführt wird, besitzt er kein Audio-Interface und keinerlei Digitalausgang. Der rückseitige USB-Anschluss inklusive Dreifach-Hub dient vornehmlich dem Software-Update. Auch ist dem Reloop-Frischling jegliche MIDI-Funktionalität fremd. Aber das kann man bei einem Preis von 749 EUR auch kaum erwarten. Wer auf Digitalfunktionen verzichten kann und ein zuverlässiges, wohl klingendes Arbeitstier irgendwo zwischen dem klassischen DJM-600 und aktuellen DJM-750 sucht, wird mit dem RMX-80 ungetrübte Freude haben. Empfehlung!

Reloop RMX-80Digitaler 4+1-Kanal Club Mixer
– Eingänge: 7 Line, 2 Phono, 2 Mic
– Ausgänge: Master 1 XLR symm., Master 2 Cinch unsymm., Record, Booth
– Send/Return-Weg
– Bipolarer Digitalfilter Low/High pro Kanal
– Dreiband-EQs einstellbar (klassisch: +12 dB/ < -26 dB, Kill: : +12 DB/ -8 dB)
– Digitaleffekte: Flanger, Delay, Echo, Reverb, Transformer, Pitch Shift, Loop Roll, Reverse Loop, Noise, Bit Crusher, Gate, Tape Delay, Send/Return
– Effekt-Modulationen (Trigger, LFO, Time, Pitch)
– Time-Takt-Buttons: ¼, ½, ¾, 1, 2, 4
– 2 unabhängige Beat Counter mit “Intelligent Tempo Detect”
– Großes LC-Display
– Setup Utility Mode für Master, Limiter, Solo/Mix-Cue, Isolator Crossover, Talkover Threshold, Mic-To-Booth, Cue-To-Booth, LED Check,Factory Reset, Firmware Update
– Fader & Crossfader-Start
– Mic Channel mit 2-Band-EQ und Talkover
– 1-Knob Equalizer und Mono/Stereo Schaltung für Kopfhörer
– 3-fach USB Hub für zusätzliches Audio Interface oder Controller
– Individual-Zone Routing

Preis: 749 EUR

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