Shahak Shapira – Willkommen in Deutschland

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Das Schicksal kann zuweilen schon merkwürdige Entscheidungen treffen. Im Alter von 14 Jahren wanderte Shahak Shapira mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder aus Israel aus und landete in Laucha in Sachsen-Anhalt – der Liebe wegen. Also der Liebe seiner Mutter wegen. Ausgerechnet Laucha, jener Ort, der Schlagzeilen macht dank seines Bezirksschornsteinfegers Lutz Battke, NPD-Funktionär und vom Aussehen her eine Mischung aus Hitler und Wolfgang Petry. Er überstand die Jahre in der Provinz, studierte in Berlin, arbeitete als Werber in den USA, in Brasilien, Hamburg und Berlin. Ebenso ist er als DJ tätig und ist Urheber der 90’s-Boiler-Room-Videos.

In der Silvesternacht 14/15 wird er in der Berliner U-Bahn Opfer eines rassistischen Angriffs, die Angreifer grölen antisemitische Parolen und prügeln scheinbar auch gerne. Was folgt, waren und sind immer noch – das Verfahren wurde jüngst eingestellt – ein großes Mediengewitter und der Versuch von verschiedenen Seiten, diesen Vorfall zu instrumentalisieren, wogegen sich Shapira aber heftig wehrt. „Rassismus ist immer schlimm, egal gegen wen.“ Letztlich führte dieser Vorfall dazu, dass der 28-Jährige ein Buch geschrieben hat, dessen Aufhänger jener Vorfall in der U-Bahn war, das aber seine komplette Geschichte in Deutschland und natürlich auch von seiner Kindheit in Israel erzählt. Das geschieht mitunter mit viel Witz, so kapert er ja schon mit dem Titel „Das wird man ja wohl noch schreiben dürfen!“ einen der meistgenannten Sätze der besorgten Bürger und AfD-Anhänger. Der Witz ist teilweise durchaus derbe und ja, es gibt Judenwitze. Aber wer, wenn nicht ein Jude, darf die machen? Da kann einem schon mal das Lachen im Halse steckenbleiben – aber nur raus damit, es darf durchaus gelacht werden, wenn dabei der ernste Hintergrund nicht vergessen wird. Und tatsächlich bleibt einem das Lachen auch oft im Halse stecken, wenn Shahak Shapira vom alltäglichen Rassismus in Deutschland berichtet. Das ist mehr als nur traurig, das ist unfassbar.

Ein sehr interessantes Buch, das den Spagat zwischen Ernst und Spaß, zwischen Rassismus und Tinder-Episoden gut hinbekommt. Willkommen in Deutschland, willkommen 2016.

Shahak Shapira
Das wird man ja wohl noch schreiben dürfen!
Wie ich der deutscheste Jude der Welt wurde
Originalausgabe, 239 Seiten, 14,99 EUR
ISBN: 978-3-499-63146-7