Syntax Error – Hart, vielschichtig und kompromisslos

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In einer Off-Location in Gießen verlieren sich Raver in wobbelnden, modulierenden Basslines, unterstützt von brachialen, düsteren Beats, die den Floor in eine Ausnahmestimmung versetzen. An den Decks steht der Hamburger Syntax Error, seines Zeichens Labelgründer von Snork Enterprises und Feinwerk, zwei einflussreichen Imprints im Techno-Segment. Später wird er den Gig im Rahmen des WG-Flohmarkt-Festivals in Gießen als eines seiner Highlights dieses Jahres beschreiben, doch erst mal sprachen wir über seine neue EP „I Bought Myself A Party“.

Durch deine Diskografie zieht sich ein Sound, der hart, vielschichtig und kompromisslos erscheint. Wie hat sich dieser Stil bei dir entwickelt und wie bist du mit hartem Techno in Berührung gekommen?

Als ich 15 war, kam ich über kleinere Radiosender mit Drum ’n’ Bass in Berührung. Ich mochte die rauen und dominanten Basslines und vor allem, dass all das für mich so neu war. Während eines Schulausflugs nach Berlin habe ich es geschafft, in den Tresor zu kommen. Der Sound, der dort an diesem Abend lief, hatte ähnlich böse Bässe wie der Drum-’n’-Bass-Sound und durch den Viervierteltakt eine enorme Antriebskraft für mich. 



Auf „I Bought Myself A Party“ findet man vier Tracks mit gesellschaftskritischen und politischen Messages. Wie groß ist dabei die Herausforderung, ohne Vocals zu arbeiten?

Techno ist für mich eher „textlos“. Es ist vielmehr so, dass mich solche gesellschaftlichen und politischen Themen in der Zeit, in der ich diese Tracks erarbeitet habe, ziemlich beschäftigt haben. Das erzeugt in mir eine Art Stimmung. Manchmal versuche ich dann, etwas nach einer genauen Vorstellung zu basteln, aber am besten klappt es, wenn ich mich ganz zwanglos an eine Sache mache. Ich denke, dass es gefühlsmäßig eher unbewusst in den Tracks umgesetzt wird.

Deine Tracks zeichnen sich einerseits durch brachiale Basslines, andererseits durch detailverliebte Grooves aus. Was ist dein Geheimrezept für solche Grooves?

Ich beginne meistens mit den Drums und der Bassline dazu. Wichtig ist mir, dass ich die Drums fast allein arbeiten lassen könnte. Ich lege viel Wert darauf, dass es schon möglichst dreckig klingt, wenn es noch leise ist. Mir ist aufgefallen, dass bei Platten anderer Produzenten, die im Gesamtbild dieses Dreckige haben, die einzelnen Spuren in der Regel nicht so sind, vor allem wenn so ein Track leise läuft. Dadurch, dass ich es aber vom Klang her schon rauer haben möchte, selbst wenn es leiser läuft im Studio, ist das Ergebnis dann umso verstärkter, wenn es in einem Club läuft. 



Seit einigen Jahren wohnst du in Hamburg. Welchen Einfluss hat die Stadt auf dich und für was steht Hamburg abseits der Musik für dich?


Die Internationalität und das besondere Flair, das eine Hafenstadt mit sich bringt, finde ich sehr angenehm. Auch zum Beispiel die vielen Werbeleute hier mit ihren rauen, seemännischen Tattoos scheinen dieses Gefühl in sich aufzunehmen, mit den Weltmeeren verbunden zu sein. Da muss ich dann zwar manchmal etwas schmunzeln, aber diese Abenteueratmosphäre liegt doch über der Stadt und prägt das Zusammenleben.

Mit Snork Enterprises – sowie den Sublabels Feinwerk und Relax 2000 – hast du 2006 ein einflussreiches Imprint in der Underground-Techno-Szene gegründet. Wie kam es zu diesem Schritt, wie hat sich das Label in den mehr als elf Jahren entwickelt und wie siehst du euer Standing im Techno-Business?

Feinwerk hatte ich eigentlich 2004 schon gegründet. Der Sound war sehr rough und entsprach dem Zeitgeist. Dann war ich auf einer Party im Robert Johnson, wo Steve Bug spielte. Dieser Abend hat mich dazu inspiriert, etwas anderes zu machen; so ist Snork Enterprises gestartet, wo mein Geschmack für düsteren Techno durchkam. Snork Enterprises hat ja schon einen bestimmten Sound, auf den mich Fans häufig ansprechen. Es tut dann auch immer gut, das zu hören. Für mich dreht sich in der Szene aktuell alles viel zu sehr um den Fame, besonders durch die Social Media. Aber leider wird dadurch für mich zu wenig Fokus auf die Musik gelegt. Letztendlich ist es doch Spaßmusik für die Party oder den Club …



Aus dem FAZEmag 069/11.2017