Todd Terje – Herr Olsen und das erste Album

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Da draußen gibt es mit Sicherheit nicht wenige Menschen, die bei der Nachricht, dass Todd Terje eine ganze LP raushaut, gigantische Luftsprünge machen. DieEuphorie ist durchaus verständlich, immerhin hat der Norweger mit seinen Tracks, Remixen und Edits schon für unzählige, ganz große Augenblicke auf den entzückten Tanzflächen gesorgt. Die Todd Terje-Musik verbindet in perfekter Form balearisches Discogefühl mit der Energie von House und hält sich gleichzeitig alle Wege offen. Das gewisse humoristische Augenzwinkern fehlt dabei auch nicht. Man denke nur an seine Variante des Ace of Base-Schlagers „All That She Wants“ unter dem Namen „Chuck Norris“, die man auf der tollen Remix- und Edit-Sammlung „Remaster Of The Universe“ findet (2010 auf Permanent Vacation erschienen).

Mit unkaputtbaren Hits wie „Ragysh“, „Inspektor Norse“, „Strandbar“ und „Lanzarote“ (zusammen mit Landsmann Lindstrøm) hat Terje Olsen in den letzten Jahren die Szene ordentlich aufgemischt. Nun bekommen wir das erste Album vorgelegt. Das hat er spritzig „It’s Album Time“ genannt und bringt es am 7. April über sein eigenes Label Olsen Records auf den Markt. Für das fröhliche Coverartwork war wieder Bendik Kaltenborn zuständig. Auf dem Album selbst zelebriert Terje ein knallbuntes Feuerwerk an Musik. Von langsamen Grooves und versponneneren Stücken bis zu den, sich hier bestens einfügenden Gassenhauern. Als einziger Gast ist der legendäre Bryan Ferry von Roxy Music mit dabei, dessen „Don’t Stop The Dance“ und „Alphaville“ schon von Terje geremixt wurden und der hier die balladeske Geschichte von „Johnny And Mary“ besingt. Am Telefon hat Todd Terje uns ein paar Fragen beantwortet:

Hallo Todd, warum hat es so lange gedauert, bis du dich dafür entschieden hast, ein Album zu veröffentlichen?

Ich habe zwar immer mal wieder darüber nachgedacht, an einem gewissen Zeitpunkt ein Album zu machen, sah dafür aber erst einmal keine Veranlassung, da ich mit dem Veröffentlichen von 12Inches glücklich war. Ich hielt ein Album nicht für notwendig. Es ist ein Klischee, dass man musikalisch wachsen will und irgendwann echte Musik machen möchte. Aber ich wollte mit dem Album auf jeden Fall etwas anderes schaffen. Auch wenn ich glaube, dass ich mit einer Sammlung reiner Dancesingles erfolgreicher wäre.

War es ein Hindernis, dass dir bewusst war, dass du jetzt Tracks für ein Album machst?

Es hat sich nicht sehr gut angefühlt, sie zu machen. Ich wollte aber nicht das Gleiche produzieren, wie schon – und das mit Absicht – viele Male zuvor. Dance Music folgt ja bestimmten Regeln. Tracks mit Introbeat, Outrobeat, repetitivem Arrangement … Nachdem ich mich von diesen Regeln gelöst hatte, war ich sofort inspiriert. Ich versuchte dann noch, mehr Stücke nach dieser Weise zu erschaffen, aber natürlich wollte ich gleichzeitig die Dancesingles dazu holen. Die folgen zwar den erwähnten Regeln, aber insgesamt hoffe ich, mit dem Album eine andere Ebene zu erreichen.

Hast du dir dadurch auch eine bestimmte Art von Freiheit verschaffen können, die es dir erlaubt, mehr auszuprobieren?

Definitiv. Ich verspüre diese bestimmte Freiheit auch als DJ, auch wenn ich sie nicht immer nutze. Doch ich muss versuchen mich dazu zu zwingen, auch mal etwas anderes auszuprobieren. Das Album fühlt sich leicht an. Es hat eine andere Länge und ist eine gute Mischung aus einfachen Stücken, die sich als Singles für den Dancefloor eignen, und Sachen, die eher abseitig sind.

Was fällt dir leichter, ein Track mit einer eingängigen Melodie oder ein eher introvertiertes Stück?

Ich denke immer noch, dass es für mich einfacher ist, Dance Music zu machen. Du wählst dir einfach die Sounds aus, von denen du weißt, dass sie funktionieren. Viele Leute mögen diese Musik natürlich. Und es ist definitiv einfacher für mich, sie zu produzieren. Mit Hihats, Percussions, Samples. Ein Dancetrack, ist eben genau dafür gemacht, zum Tanzen. Wenn ich etwas musikalisch Anspruchsvolleres machen will, muss ich mich dazu zwingen und in der Stimmung dafür sein.

Hast du eine geregelte Arbeitswoche, also bestimmte Tage, an denen du ins Studio gehst? Oder ist das auch stimmungsabhängig?

Früher musste ich immer auf den richtigen Moment warten, bevor ich ins Studio gehen konnte. Jetzt habe ich allerdings so viel zu tun, dass es einfach ist, mich dazu zu bringen, ein Projekt am Anfang des Tages zu starten. Und ich finde immer in den Groove hinein. Deshalb war ich nahezu jeden Tag unter der Woche im letzten Jahr im Studio, um bestimmte Sachen zu Ende zu bringen.

Wie gehst du mit Erwartungshaltungen um?

Ich habe damit keine Probleme, da ich weiß, dass mein musikalischer Output verschieden ist. Als DJ performe ich meistens den tanzbaren Kram. „Johnny and Mary“, die Ballade mit Bryan Ferry, würde ich jetzt nicht in meinen Sets spielen. Ich denke, dass das auch die Leute verstehen.

Wie lief die Arbeit mit Bryan Ferry ab? Habt ihr euch im Studio getroffen oder hat er dir einfach den Gesang geschickt?

Ich traf ihn erst im Studio, und er wir arbeiteten dort ein paar Tage auf die altmodische Art zusammen. Das war sehr lustig, denn normalerweise mache ich meine Musik allein. Jetzt waren plötzlich mehrere Menschen vor Ort. Es gab einen Engineer für das Mixing und Recording, einen für die Produktion. Das gab mir einen ganz anderen Input. Ich denke aber immer noch, dass es für mich besser ist, One-Man-Producer zu sein.

War die Entstehung dieses Tracks denn insgesamt ein demokratischer Prozess?

Natürlich hat Brian auch Instrumente gespielt, was sich dann auch auf den Klang des Tracks auswirkte. Der wurde dadurch langsamer. Seinen Gesang hat er jedoch bei diesen Sessions nicht aufgenommen, sondern danach. Er schickte mir die Spuren ein halbes Jahr später. Das war ziemlich cool, dadurch konnte ich am Track arbeiten, ihn ihm schicken, und er nahm neue Vocals dafür auf. Das war ein ganz guter Dialog.

Gibt es einen Synthesizer, den du als sehr charakteristisch für den Todd Terje-Sound bezeichnen würdest?

Ja, zum Beispiel den ARP. Der hat seit ein paar Jahren großen Einfluss auf meine Musik. Früher musste ich viele Sounds mit VST emulieren, aber als ich dann die echten Synthesizer bekam, war es viel einfacher, bestimmte Klänge zu bekommen. Man kann mit dem ARP enorm viele Sounds erzeugen.

Wie hilfreich beim Umsetzen von Ideen ist für dich die Fähigkeit, Instrumente spielen zu können?

Als ich Kind war, fing ich mit sechs Jahren an Posaune zu spielen, und im Alter von sieben Jahren begann ich mit dem Klavier. Später lernte ich auch die jazzige Spielweite. Das hilft dir beim Komponieren von Musik. Man kann so auch Elemente anderer Songs nachspielen und sie so klingen lassen, als wäre es die eigene Musik (lacht). Bei „Lanzarote“, das Lindstrøm und ich gemacht haben, gibt es eine Chordreihe, die wir von Toto gestohlen haben. (lacht wieder). Das klingt so passend, das man das gar nicht dem Original zuordnen würde. Als Toto ihren Song gemacht haben, waren sie von klassischer Musik inspiriert. So ist jeder von irgendwas inspiriert und kann es sich zu eigen machen.

Zum Schluss unseres Interviews noch die Frage: Was nervt dich in diesem Business am meisten?

Natürlich gäbe es da viele Dinge, über die man hier reden könnte, aber das wäre nicht nett. Das ganze Reisen zum Beispiel. Das ist zwar nicht nervend, aber es verschwendet viel Zeit, das erschöpft mich sehr. Deshalb versuche ich jetzt auch, weniger als DJ und mehr als Liveact zu spielen. Livesets werden immer besser bezahlt als DJ-Sets, und dadurch kann ich etwas weniger reisen. Ich bin vor ein paar Monaten Vater geworden und möchte deshalb mehr Zeit daheim verbringen und darüber hinaus auch mehr im Studio sein. Ich brauche also offensichtlich viel mehr Zeit insgesamt. Es wäre viel weniger stressig, wenn ich das Reisen auf die Hälfte reduzieren könnte. Eigentlich ist das viele Reisen auch das Einzige, das mich stört. Denn ich bin natürlich froh in der Position zu sein, in der ich jetzt bin.

 

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