Track-Check: Isolée – Beau Mot Plage (Playhouse)

 

 

„Beaut Mot Plage“ von Isolée – erschienen auf dem legendären Frankfurter Label Playhouse – feiert in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag und gehört sicherlich zu der Sorte Tracks, denen man ihr Alter kaum anhört – ein zeitloser Klassiker. Auf dem britischen Label 4 To The Floor, einem Sublabel von Defected ist Anfang November ein Remix-Paket von „Beaut Mot Plage“ erschienen. Wir haben Rajko Müller, so Isolées bürgerlicher Name, gefragt, wie der Track, der damals ein großer Clubhit war, entstanden ist.

Isolée by Jan Reiser

Jedem ist beim ersten Hören das besonders verspielte, sich ständig verändernde Midi-Sequenz aufgefallen. Wie bist du zu diesem Sound, den Harmonien und der Komplexität gekommen?

Also ich habe das Stück ja vor mittlerweile 20 Jahren gemacht, entsprechend verschwommen sind meine Erinnerungen. Es handelt sich um eine in Cubase programmierte Midi-Sequenz. Der Sound kommt aus einem Juno-106, der lange Zeit mein Brot-und-Butter-Synthesizer war. Ich erinnere mich nur noch daran, dass ich Anfangs einen Loop hatte, vermutlich mit der Bassline, und dass ich ziemlich lange herumprobiert habe, bis sich das Thema fand. Ich weiß auch nicht mehr, ob ich erst die Gitarre oder die Synth-Melodie gebastelt habe, ich denke aber, die Gitarre kam zuerst und hat alles ins Rollen gebracht. Beim Juno-106 habe ich gerne die Filterfrequenz auf das Modulationsrad gelegt und dieses dann per Midi angesteuert, so kann man im Grunde die Filterfrequenz per Midi automatisieren. Außerdem lässt sich beim Juno der Sound per Programm-Change umschalten, ohne dass es einen Aussetzer gibt, so kann man von einem Sound mehrere, leicht abgewandelte Varianten abspeichern und diese dann gezielt an bestimmten Stellen umschalten. Das ist sehr simpel, aber die wenigsten Synthies können das, weil immer erst ein neues Programm mit Effekten geladen werden muss, was ich persönlich sehr nervig finde. Toll ist auch der zweite Poly-Mode im Juno-106, der Noten mit langem Ausklang abschneidet, sobald eine neue Note gespielt wird. Aus diesen Gründen vermisse ich den Juno-106 manchmal, obwohl ich ihn durch einen Juno-60 ersetzt habe, aber letzterer hat leider nicht diesen Poly-Mode.

Das Gitarren-Sample klingt sehr prägnant und verspielt. Wie bist du da rangegangen?

Dieses Gitarren-Sample hat jedenfalls die spannendere Geschichte, denn es ist weder eine Gitarre noch ein Sample. Es war irgendwie ein Glücksfall, denn es ist ein Piano-Sound aus einem E-mu-Morpheus-Syntheziser, insofern also doch zumindest ein Sample-basierter Sound. Jedenfalls ergab sich in Verbindung mit einem Alesis Delay und den Einstellungen am Mischpult dieser Gitarrensound. Mit diesen Einstellungen und den Sound-Modulationsmöglichkeiten im Emu ließ sich plötzlich so ganz einfach eine virtuos klingende Gitarren-Fake-Melodie programmieren.

Wie hast du den Groove kreiert und aus welchen Quellen stammen deine Drums? Wie sieht die Effektkette auf deiner Drumspur aus?

Mein Setup von damals war eine Jomox-XBase-09 und eine Roland 606, die man beide in dem Stück hören kann. Weitere Drum-Sounds kamen aus dem E-mu Morpheus. Mein limitiertes Setup hat dazu geführt, dass ich es komplett ausgereizt habe. Am ungewöhnlichsten war zu dieser Zeit vermutlich dieser Shaker-artige Sound, der eigentlich kein Drum-Sample-Sound war. Es war irgendein zweckentfremdetes Soundsample aus dem E-mu Morpheus, der unglaublich viele Möglichkeiten bot. Man konnte Sample-Anfänge verschieben, geräuchartige Sounds basteln etc.
Eine „Effektkette“ hatte ich eigentlich nicht. Die Drumcomputer gingen in den Mixer und dort konnte ich noch Hall oder Delay o. Ä. hinzufügen.

Der Mix erscheint sehr leicht und lässt viel Platz für alle Elemente, im Gegenzug zu so manchem sperrigen Big-Room-Track. Wie lässt du so viel Raum für alle Elemente?

Das passiert eher Intuitiv und lag vermutlich auch daran, dass ich keinen Kompressor besaß und auch keine Ahnung davon hatte.

Wie bist du mit Reverbs bei „Beau Mot Plage“ umgegangen, da diese ja sehr oft und gerne benutzt werden?

Ich hatte damals zwei Multi-Effekt-Geräte im Einsatz, ein Alesis Midiverb und ein Boss Se-50 oder Se-70. In diesem Stück habe ich zum ersten Mal ziemlich viel mit Midi-Automation gearbeitet – also die Effektgeräte über Midi angesteuert und die Hall-Zeiten währen des Stücks an bestimmten Stellen verändert. Dasselbe habe ich mit den Delays gemacht. Außerdem habe ich früher auch manchmal am Mischpult ein Feedback-Delay erzeugt – ich hatte das klassische Mackie CR-1604 als Dauerleihgabe von einem Freund – und habe daran oft relativ extreme Einstellungen vorgenommen, so wie man es eigentlich nach Lehrbuch nicht tun sollte.

Wie sieht eigentlich der Workflow in deinem Studio aus? Zu welcher Tageszeit arbeitest du am liebsten dort?

Mein Workflow ist sehr von Stimmungen abhängig. Am leichtesten lässt es sich arbeiten, wenn man schon eine gute Idee am Start hat. Wenn man bei Null anfängt, kann es lange sehr zäh sein. Tendenziell arbeite ich lieber nachmittags und nachts.

Welche DAW benutzt du gerne und warum? 

Ich habe mit Cubase angefangen, bin dann zu Logic gewechselt und arbeite heute mit Ableton Live. Ich mochte alle Programme sehr gerne und habe immer bei jedem neuen Programm irgendetwas vom alten vermisst, wie z. B. die Toolbox in Cubase auf der rechten Maustaste. Von Logic bin ich eigentlich nur weg, weil Emagic von Apple gekauft wurde und sie den Support für PC eingestellt haben bzw. dieser plötzlich kostenpflichtig wurde und ich keine Lust hatte, mich dazu drängen zu lassen, mit Apple zu arbeiten, obwohl ich auch ein Powerbook hatte – aber eben auch einen PC als Desktop-Studiorechner.
Mit Ableton arbeitete ich zuerst nur bei Auftritten, und ich muss sagen, dass mir anfangs Ableton zu sehr auf den Gebrauch von Samples und Loops ausgerichtet schien, während ich die Midi-Möglichkeiten und das Layout dafür sehr bescheiden fand, weil ich ja vor allem mit Midi, Synths und Drummachines gearbeitet habe und es immer noch tue …

Alles klingt außerordentlich lebendig in deinem Track. Wie bekommst du die Maschinen zum Leben?

Vermutlich indem ich sehr viel mit Automationen und Anschlagdynamik arbeite, leichte Modulationen in den Sounds habe, so dass es sich nicht statisch anhört. Und weil ich immer viel Hardware im Einsatz habe.

Unter welchen Umständen bist du am kreativsten?

Das ist sehr schwer zu sagen. Ich glaube, ich muss relativ ausgeglichen sein, sollte mich dabei ein bisschen langweilen und viel Zeit haben. (lacht)

Verrate uns bitte noch einen den besten Studiotrick, den du durch deine Erfahrung gelernt hast:

Den einen Supertrick habe ich leider nicht gefunden, dafür aber sehr viele kleine Tricks. Vielleicht zum richtigen Zeitpunkt  – also nicht zu früh – einen kleinen Spliff rauchen …

 

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Foto: Jan Reiser
www.isolee.de