Vertriebe: deejay.de & Word And Sound

Ohne Vertriebe läuft nix, kommt die Platte nicht in den Laden. Vor allem kleine Label sind darauf angewiesen, auf Vertriebe zuzugreifen, damit das Produkt auch möglichst weit gestreut wird und möglichst viele potentielle Käufer erreicht. Wir stellen hier zwei Verriebe kurz vor, Fragen beantwortet haben Marcus Springer (deejay.de) und Kai Fraeger (Word And Sound).

WORD AND SOUND

Seit wann gibt es Word And Sound, wer hat’s gegründet?

1999 haben Oliver Grabowski und ich, zusammen mit u. a. Marc Schneider und Martin Landsky, Word And Sound gegründet

Was war der Ansporn dahinter, einen Vertreib zu gründen?

– Mitzuhelfen, dass Produzenten & Labels für gute Musik auch fair bezahlt werden.
– Mitzuhelfen, Elektronischer (Tanz-)Musik aus der gesellschaftlichen Nische den gebührenden Stellenwert in der Gesellschaft zu verschaffen.
– Qualitativ hochwertige electronische Musik aus Deutschland in der Welt bekannter zu machen.
– Qualitativ hochwertige elektronische Musik aus der Welt in Deutschland und Europa bekannter zu machen
– Und nicht zuletzt: Unser Hobby, unsere Erfahrung und unser Wissen mit anderen zu teilen und daraus einen Job zu machen!

Wie viele Label vertreibt WAS? Nur elektronische Musik oder auch andere Genres?

Um die 500 Label. Wir decken alle Bereiche unabhängiger elektronischen Musik ab sowie Bereiche aus Indie/Alternative, Jazz/Soul, Rock/Krautrock, Klassiker, Soundtracks.

Was genau bietet Word And Sound alles an?

Physikalischen und digitalen weltweiten Vertrieb sowie sämtliche Dienstleistungen, die damit Zusammenhängen – z. B. Bandcamp und Neighbouring Rights.
Außerdem einen Herstellungsservice für Vinyl und CD und den Downloadstore whatpeopleplay.com.
Wir sind somit in der Lage, (fast) alles wirklich unabhängig/independent (von irgendwelchen Dienstleistern) für den Künstler, bzw. das Label, anbieten zu können – aus einer Hand.

Wie sieht im Allgemeinen der Ablauf eurer Tätigkeit aus? Wann übernehmt ihr, was passiert dann und wann verlässt euch dann eine Platte.

Das Label schickt uns eine Anfrage, die möglichst inhaltsreich sein sollte. Also Musik und Art sowie Interessantes zum Warum, Wie und Was. Das ist sehr wichtig! Wir können leider nicht „alles“ machen und verstehen uns insoweit notgedrungen auch als eine Art „Filter“, das muss man halt wissen. Das hilft aber auch den Labels, die bei uns sind. Danach wird ein Vertrag gemacht (oder eben auch nicht) und wenn alles fertig zusammengestellt ist, kommt die Platte an die Schallplattenläden, zu anderen Vertriebe, bzw, Digitalstores in Vorverkauf. Und wenn sie erscheint, geht sie ihren Weg in die Welt.

Seit eine paar Jahren gibt es einen allgemeinen Vinylboom, ist das im elektronischen Genre auch zu spüren?

Statt Boom würden wir eher von einem „Hype“ in gewissen Bereichen sprechen. Discogs wäre hier zu nennen. Ansonsten bezieht es sich dann in der Regel eher auf wenige Boomthemen, während zumeist, wie früher auch, jede einzelne Release für sich steht, also ein allgemein anziehender Verkaufstrend ist hier nicht zu beachten. Oft genau das Gegenteil. Verkäufe um 100 Stück (weltweit) gehören ebenso zum Alltag heute. Aber auch viele Releases, die ihre Herstellungskosten wieder einspielen und sich damit zumindest rechnen.
Vinyl wurde ja oft totgesagt – schon 1999 als wir anfingen, schüttelten viele nur mit dem Kopf. 2009/2010 dann wieder. Auch von Repräsentanten aus der eigenen Szene! Mittlerweile gibt es wieder ein steigendes Bewusstsein für den Wert des Vinyl, des Einzelhandels, der traditionellen Shopkultur, die sich ja längst nicht nur im Verkauf/Kauf erschöpft, sondern auch im Austausch liegt.
Und eine Anzahl toller neuer Plattenläden seit einiger Zeit. Allerdings können sich bei Weitem nicht alle halten, was ebenfalls gegen einen echten grundsätzlichen Boom spricht. Bei den verbliebenen Plattenläden wird zudem zwangsweise sehr stark selektiert, da der Markt durch den Hype um das Vinyl zumindest immer weiter in die Breite wächst, bzw. ausufert. Allgemein lässt sich das alles im Prinzip nur schwer bis überhaupt nicht zu beantworten. Im Zweifel setzt sich Qualität am Ende durch. Eine einfache Regel für Neue Produzenten und Anbieter sollte sein: Nur die Musik machen man die selber im Vergleich zu seinem Lieblingslabel bevorzugt kaufen würde!

Gibt es zur Zeit einen Trend oder gab es mal sowas? Also z. B. besonders viele Picture Discs, 10Inches oder sowas …

Nein, nicht grundsätzlich. Bei LPs geht der Trend zwangsläufig zu hochpreisigen Produkten, da die Herstellung einfach sehr teuer und aufwändig ist und die Kunden handwerklich gut gemachte Editionen nicht nur hören sondern auch sammeln. Eventuell vergleichbar mit gewissen Segmenten des Buchmarktes.

Wie viel Platten vertreibt ihr im Jahr?

Zum Glück immer wieder genug, dass es Word And Sound und alle unsere Labels nun schon im 20. Jahr seit Gründung gibt.

Fotos WAS: Oliver Grabowski

deejay.de

Seit wann gibt es deejay.de, wer hat’s gegründet?

deejay.de wurde 1988 von Dieter Teinert gegründet.

Was war der Ansporn dahinter, einen Vertreib zu gründen?

Der Hauptansporn war, dass große Vertriebe wie Discomania und Neuton weggebrochen sind
und es auch nur noch sehr wenige Releases auf Vinyl gab zur damaligen Zeit. Dagegen musste etwas unternommen werden!

Wie viele Label vertreibt deejay.de? Nur elektronische Musik oder auch andere Genres?

Es sind ca. 300 Labels, hauptsächlich handelt es sich hier um House und Techno.

Was genau bietet deejay.de alles an?

Wir bieten den reinen Vinylvertrieb sowie Vinylpressung mit Vertrieb an. Außerdem haben wir auch einen Online-Shop.

Wie sieht im Allgemeinen der Ablauf eurer Tätigkeit aus? Wann übernehmt ihr, was passiert dann und wann verlässt euch dann eine Platte.

Abhängig vom Deal liefert uns das Label entweder die fertigen Platten an und wir vertreiben sie oder
das Label sendet uns die nötigen Tracks und das Artwork. In diesem Fall kümmern wir uns um die Vinylpressung und vertrieben Sie dann.

Seit eine paar Jahren gibt es einen allgemeinen Vinylboom, ist das im elektronischen Genre auch zu spüren?

Man merkt auf jeden Fall, dass es immer mehr Releases gibt, der Markt dadurch wieder bunter und interessanter wird.

Hat der Boom auch andere Auswirkungen, evt. auch negative?

Durch die vielen Releases, wird es natürlich schwerer, gute Releases zu entdecken. Die größte negative Auswirkung bleibt aber – nach wie vor – die lange Presszeit für Vinyl. Diese ist vor allem dem kommerziellen Boom von Rock- und Pop-Platten auf Vinyl geschuldet. Aber aufgrund vieler neuer Presswerke, die bereits eröffnet wurden oder noch eröffnen werden, wird sich das sicher bald bessern.

Gibt es zur Zeit einen Trend oder gab es mal sowas? Also z. B. besonders viele Picture Discs, 10Inches oder sowas …

Der Trend geht eher zur klassischen Pressung: schwarzes Vinyl, einfaches Artwork. Der Sound steht hier eindeutig im Vordergrund. Natürlich sind auch farbige Pressungen begehrt, aber auch Sonderpressungen wie Splatter-Vinyl kommen gut an. Picture-Vinyl ist dagegen eher selten geworden im House- und Techno-Bereich.

 

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