AlphaTheta DDJ-GRV6 – Maschenschlagsound

Mit dem DDJ-GRV6 macht AlphaTheta den Umgang mit Stems fokussiert haptisch. Insbesondere die Möglichkeit, den Groove-Part nicht nur live zu bearbeiten, sondern im Handumdrehen zu tauschen, lässt sprichwörtlich aufhorchen. Wir haben mit dem Tool mal versucht, Beats zu meshen, als gäb‘s kein Morgen.

Leichtgewichtige Schlachtplatte
Der DDJ-GRV6 überzeugt auf den ersten Blick durch sein elegantes, mattschwarzes Design und aufgeräumtes Layout. Das flache Gehäuse besteht aus robustem Kunststoff, sodass das Gerät trotz seiner enormen Größe von rund 71 x 38 x 8 Zentimeter noch nicht einmal die 5-Kilo-Gewichtsgrenze erreicht. Die Sektionen sind sauber unterteilt und die haptisch angenehmen Bedienelemente im großzügigen Abstand gesetzt. So stellt sich sofort ein Gefühl der Ruhe ein, da man die Logik DDJ-GRV6 schnell begreift. Letztendlich ist er eine Verschmelzung zweier Pioneer CDJ-3000-Decks und eines DJM-A9 Vierkanalmixers. Natürlich nur insoweit, da sämtliche Funktionen für externe Zuspieler oder auch ein eigener Screen absent sind. Die Scholle ist ein reiner Controller, der zwingend einen Rechner oder mobiles Endgerät mit entsprechender Software erfordert. Vorhanden sind in jedem Falle die riesigen, scratchfähigen 206-Millimeter-Jogwheels, wenngleich ohne weitreichende In-Jog-Displaydarstellung – eine rotierende Nadelanzeige muss reichen. Dafür arbeitet der Teller aber Touch-kapazitiv und nicht nur mechanisch. Bestimmungsgemäß fällt die Anschlusssektion ebenfalls überschaubar aus. Ein symmetrisches Klinke- statt XLR-Paar als Master 1, ein unsymmetrisches Cinch-Paar als Master 2 und ein weiteres als Booth stehen auf der Rückseite für den Audioaderlass bereit. Hinzu kommt rückseitig ein symmetrischer Klinke-Eingang für ein Mikrofon, dessen Levelregler sich dann auf der Stirnseite befindet. Ebenfalls vorne zeigen sich noch zwei Kopfhörer-Ports im Klinke- und Miniklinke-Format sowie die zugehörigen Potis für Lautstärkeanpassungen und den Vorhörmix. Stromversorgt wird das Gerät beim Rechnereinsatz über USB-C, das gleichzeitig für den Datenverkehr zuständig ist. Möchte man ausschließlich Mobilgeräte nutzen, sind ein zusätzliches USB-C-Netzteil oder ein externer Akku erforderlich, die allerdings nicht mitgeliefert werden. 

Tausch den Groove, wenn rekordbox
Eine besonders interessante Innovation des DDJ-GRV6 ist die sogenannte Groove-Circuit-Funktion. Sie ermöglicht es, on-the-fly Remixe zu erstellen, indem man den Drumpart eines Tracks gegen einen anderen Groove tauscht. Dazu müssen die Original-Beats natürlich zunächst erkannt und isoliert werden. Das erledigt die STEM-Funktion in der rekordbox-Software. In der rekordbox-Version 7.0.4 ist die Groove-Circuit-Funktion übrigens ebenfalls nativ angelegt, man sollte die Software also updaten. Und hier auch gleich der wichtige Hinweis: Groove-Circuit ist eine rekordbox-exklusive Funktion, die sich bislang ausschließlich mit der PC- oder MAC-Version nutzen lässt. Wer mit den mobilen rekordbox-Apps arbeitet, dem steht sie nicht zur Verfügung. Gleiches gilt für Nutzer von Serato DJ Pro; dort ist der Zusatz ebenfalls nicht implementiert. Serato-Freunde können sich aber auf ein alternatives Extra freuen, dazu gleich mehr. Im erhöhten Streifen am Hinterteil des GRV6 befinden sich nun pro Deck vier Drum-Swap-Tasten, die über zwei Bank-Ebenen auf insgesamt acht alternative Drum-Loops direkt zugreifen können. Aktiviert man eine der Tasten, verschwindet der Original-Groove im laufenden Track und wird durch den dort hinterlegten Wunsch-Groove ersetzt. Das funktioniert nahtlos, taktgenau und macht wirklich Spaß. Wenn man die STEM-Funktion in rekordbox aktiviert, sollte man jedoch die Option „Qualität vor Geschwindigkeit“ wählen, damit die Original-Grooves sauber ausgestanzt werden. Der Drum-Remix-Fun geht aber noch weiter. Zum einen lassen sich die Original-Grooves live per Capture in Längen von vier bis 32 Beats als SWAP abspeichern und somit in einem anderen Track wieder einbauen. Dank vier ergänzender Roll-Buttons können weiterhin die Taktlängen bis auf ein Achtel gekürzt werden, um Trommelwirbel zu erzeugen. Und schließlich lässt sich mittels eines zugeordneten Drum Release-Hebels sogar noch ein Effekt nach Wahl dauerhaft oder kurzzeitig auslösen. Die Rolls und der FX können dabei sogar kombiniert werden. Drum-Drama, Baby! Wer keine eigenen Drum-Loops erstellen möchte, kann übrigen  40 Vorlagen aus verschiedenen Genres kostenlos von der Herstellerseite herunterladen.

Effektvoll stemmen, falls Serato DJ Pro
Wie bereits angedeutet, enthält Serato DJ Pro zwar keine Groove-Circuit-Funktion. Dafür lässt sich die Hardware-Sektion auf dem DDJ-GRV6 jedoch auf andere Weise nutzen: als STEM-Effekt-Unit. Nach der Analyse in der Software werden die Trackbestandteile Gesang, Melodie, Bass und Schlagzeug auf die vormaligen Swap-Tasten verteilt und lassen sich dann separat oder in freier Kombination ein- und ausschalten. (Nebenbei bemerkt: In rekordbox wird generell lediglich in drei Spuren gesplittet: Schlagzeug, Gesang und Instrumente). Den Swap-Tasten kommt bei Serato-DJ-Pro-Nutzung dann über einen Shift-Button noch eine zweite Funktion zu: die Auswahl des FX-Typs, der dem Effekthebel zugewiesen wird. Zur Auswahl stehen als Presets die Typen Echo Out, Roll Out, Braker und Delay. Sie lasse sich folgend über den Effekthebel, wie gewohnt, dauerhaft oder wie ein kurzes Schlaglicht auf die aktivierten(n) Stem-Spur(en) anwenden. Die vier Drum-Roll-Tasten rechts daneben sind ebenfalls weiterhin im Spiel, und zwar jetzt als Stem-Trommelwirbler. Um mit den veränderten Aufgaben der Groove-Circuit-Abteilung bei Serato-Einsatz sofort klarzukommen, liefert AlphaTheta selbstklebende Overlay-Sheets mit, die gemäß der Funktionsänderung abweichend beschriftet sind. Eine wirklich gute Idee, zumal sich die Masken auch vorsichtig wieder ablösen lassen.

Per Joystick-Steuerung durch die Menüs
Viele weitere Features und deren Funktionsweise des DDJ-GRV6 sind bereits von anderen AlphaTheta-, beziehungsweise Pioneer-Tools bekannt, darum werden wir an dieser Stelle nicht detailliert drauf eingehen – so zum Beispiel die acht Performance-Buttons und vier zugeordneten Modi-Pads oberhalb der Jogwheels. Über sie lassen sich ebenso Stem-Spuren trennen, zudem Hot Cues anlegen, Beat Jumps und Pad FX auslösen sowie Samples ziehen und abspielen. Auch eine dedizierte Instant-Loop-Sektion mit In-, Out- und Reloop/Exit-Buttons ist vorhanden. Der Mixer glänzt schließlich mit einer umfangreichen, DJM-gemäßen Sound-Color- und Beat-FX-Sektion inklusive des FX-Selector-Potis und Filterreglern pro Kanal, um auf die Software-Effekte zuzugreifen. Ein Novum und echtes Highlight weist allerdings die Transportsektion auf, die sich mittig im erhabenen Groove-Circuit Streifen befindet. Der dortige Browser-Regler lässt sich nicht nur Drehen und Drücken, sondern arbeitet jetzt zusätzlich wie ein Joystick. Per Links-/Rechtsbewegung lässt sich so durch den Medienbrowser, die Tree View und die Titelliste navigieren, während Auf-/Ab-Moves für ein schnelles Scrollen durch Playlists und Sammlungen sorgt. Angelagert sind zwei Load Buttons pro Deck und somit alle vier virtuellen Player, zudem solche für das Wechseln des Software-Fensters (Wellenform oder Jog) oder auch das Detektieren von ähnlichen Titeln. Komfortabler und übersichtlicher war es nie – ein echter Fortschritt!

Deal?
Es war abzusehen, dass die moderne Möglichkeit der Instrumenten-Separierung aka Stemming auch die Controller-Entwicklung neu befeuern würde. Mit dem DDJ-GRV6 hat AlphaTheta insbesondere im Zusammenspiel mit rekordbox, aber auch Serato DJ Pro eine bemerkenswerte Duftmarke gesetzt. Aktuell ermöglicht kein anderer Controller einen vergleichbar kreativen Umgang mit den Instrumentenparts. Allen voran mit den Grooves, wodurch sich vielgestaltige Remixe und Mash-ups intuitiv und in-the-mix erstellen lassen. Dabei sind die klassischen Profi-Features eines AlphaTheta- bzw. Pioneer-Controllers noch nicht einmal erwähnt. Wer insbesondere einen Hardware-Arm für das Stemming benötigt, wird die 849 EUR sicher nicht als überhöht empfinden. Das neuartige Joystick-Browsing ist dabei ein nicht zu unterschätzendes Zusatzargument. Und: wer ihn als Handlanger für Serato DJ einsetzen möchte, schaltet ohne Zusatzkosten die Pro-Version frei.

 

Aus dem FAZEmag 157/03.2025
www.alphatheta.com