
Autorin Franziska Türk von GEO widmet dem Stihia-Festival einen Beitrag und beleuchtet dessen Status Quo – von Gründung bis heute.
Das Stihia-Festival im usbekischen Muynak vereint Techno-Beats und Umweltbewusstsein inmitten einer der größten Umweltkatastrophen der Menschheit. Einst eine blühende Fischereistadt am Aralsee, ist Muynak heute von der Wüste umgeben, nachdem der See durch jahrzehntelange Wasserumleitungen nahezu ausgetrocknet ist.
In den 1960er-Jahren lebten 100.000 Menschen in dem Ort, der vom Fischfang am Aralsee lebte. Doch die Sowjetregierung leitete die Zuflüsse des Sees um, um die Baumwollproduktion zu fördern. Der See schrumpfte, der Fischfang endete und Muynak verfiel. Heute ist das Ufer 80 Kilometer entfernt.
Doch einmal im Jahr füllt sich Muynak mit Leben. Das Stihia-Festival bringt Techno-Fans aus Zentralasien in die Region, um vor den rostenden Schiffsskeletten zu tanzen. Vor vier Bühnen feiern sie und diskutieren zugleich über die Umweltkatastrophe, die viele vergessen haben.
Das Festival will die Menschen an die Tragödie des Aralsees erinnern und zugleich Freude vermitteln. Bewohner von Muynak beobachten die extravaganten Besucher, die das Stadtbild beleben.
Die Katastrophe des Aralsees begann bereits im 19. Jahrhundert, doch ihren Höhepunkt erreichte sie in den 1980er-Jahren. Damals zerfiel der See in zwei Teile, und der heutige Wüstenboden ist mit toxischen Pestiziden verseucht, die gesundheitliche Schäden verursachen.
Für die Menschen vor Ort ist die Umweltverschmutzung eine tägliche Bedrohung. Staubstürme, angereichert mit Salz und Gift, verursachen hohe Krankheitsraten. Besonders Krebs ist in der Region weit verbreitet. Die Bevölkerung leidet auch an Tuberkulose, Anämie und Missbildungen.
„Muynak ist ein düsterer Ausblick auf das, was andernorts droht“, schreibt Türk in ihrem Beitrag. „In den USA sorgen die exzessive Landwirtschaft und der Wasserverbrauch der Großstädte dafür, dass der durch den Klimawandel ohnehin geschwächte Colorado River immer weniger Wasser bis nach Mexiko führe.“ In Spanien würden für den Anbau von Erdbeeren und Gemüse Tausende illegale Brunnen gegraben – die das gesamte Ökosystem austrocknen.
Trotz der schweren Lebensbedingungen halten 12.000 Menschen in Muynak durch. Für viele ist die Stadt nicht nur ein Wohnort, sondern ein Ort der Hoffnung. Das Stihia-Festival unterstützt die Gemeinschaft, indem es den Tourismus ankurbelt und das Bewusstsein für ökologische Themen schärft. Es dient auch als Plattform für junge Künstler aus der Region, die durch die politische Zensur der vergangenen Jahre wenig Chancen hatten.
Seit 2018 hat sich das Festival als Symbol für Widerstand und Neubeginn etabliert. Besucher werden nicht nur durch Musik, sondern auch durch den nachhaltigen Umgang mit der Umwelt inspiriert. Müll wird getrennt, und der Schutz der Natur steht im Vordergrund.
Muynak bleibt ein düsteres Mahnmal für die Folgen von Umweltzerstörung. Doch durch das Festival lebt die Hoffnung auf eine bessere Zukunft weiter, inmitten von Staub und Musik, die das Leben in der Wüste neu definiert.
Quelle: GEO+
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