Ausstellung „Schizo Sonics“ – Klang als Waffe im Kalten Krieg

Die hochgelobte Soundinstallation „Schizo Sonics“ von Nik Nowak ist zurück und bringt Besucher*innen des Militärhistorischem Museums der Bundeswehr in Dresden das Phänomen des Klangs als Waffe im Kalten Krieg näher. Für das Projekt installierte der in Berlin lebende Künstler Soundsysteme auf Kettenfahrzeugen, um auf zwei in der Geschichte des 20. Jahrhunderts wenig beachtete Ereignisse aufmerksam zu machen, in denen Klang als Waffe und ideologisches Instrument von unterschiedlichen politischen Systemen zum Einsatz kam.

Der Klang als Waffe: Während diese Form der psychologischen Kriegsführung im 21. Jahrhundert nur noch selten zum Einsatz kommt, beweist ein Blick in die Geschichtsbücher, dass „Sound“ noch vor wenigen Jahrzehnten als ein probates Mittel zur Bekämpfung des Feindes galt. In seinen künstlerischen Arbeiten setzt sich der gebürtige Mainzer Nik Nowak entsprechend seit vielen Jahren mit der Verwendung von Klang als Waffe und Propagandamedium auseinander und hat im Zuge dessen eine raumgreifende audiovisuelle Installation mit zwei soundgewaltigen Klangskulpturen realisiert. Ein eigens gestaltetes Hörstück thematisiert die Politik des Kalten Krieges, indem es ideologisch-akustische Stellvertreterkonflikte beleuchtet, wie sie in den 1960er-Jahren an der innerdeutschen Grenze in Berlin oder in den 1970er-Jahren auf Jamaika ausgetragen wurden.

Seit dem 29. November dieses Jahres ist Nowak mit seiner Installation im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden zu Gast und sorgt mit seinen großformatigen Klangskulpturen „Panzer“ (2011) und „The Mantis“ (2019) für Aufsehen. Die Werke bescherten ihm nicht nur begeisterte Gesichtsausdrücke der Besucher*innen, sondern auch zahlreiche Kooperationen mit namhaften Musiker*innen, Kunst- und Kulturinstitutionen. Während das Modell „Panzer“ an jamaikanische Reggae-Soundsysteme – mit gigantischen Lautsprecherwänden und mächtigen Bass-Membranen – angelehnt und als Verweis auf die Instrumentalisierung jener Systeme durch rivalisierende politische Parteien in Jamaika zu interpretieren ist – in den 70er-Jahren standen sich hier die Kuba-nahe sozialistische PNP und die vermeintlich CIA-nahe JLP gegenüber – ist „The Mantis“ im Kontext des sogenannten „Lautsprecherkrieges“ zu betrachten. Zwischen 1961 und 1965 war dieser an der deutsch-deutschen Grenze zu beobachten bzw. zu hören, als es zu einer propagandistischen Auseinandersetzung zwischen DDR und BRD kam, während der beide Parteien Lautsprecheranlagen entlang der Grenze installierten, um ideologische Botschaften, Nachrichten und kulturelle Inhalte zu verbreiten, die die Bevölkerung auf der jeweils anderen Seite beeinflussen sollten.

In „Schizo Sonics“ vereint Nik Nowak beide Soundsysteme zu einer raumgreifenden interdisziplinären Installation. Wie im „Lautsprecherkrieg“ stehen sich beide Fahrzeuge in einer Grenzsituation konfrontativ gegenüber. Jedoch nicht als ideologisierende Waffen, sondern als Medien für einen Audio-Essay, der die historisch-ideologische Dimension von Sound im politischen Raum und ihre zeitgenössischen Erscheinungsformen erkundet sowie die akustischen Stellvertreterkriege untersucht, die sich während des Kalten Krieges von Deutschland über Jamaika bis nach Korea erstreckten.


Die Ausstellung „Schizo Sonics“ findet vom 29. November 2024 bis zum 2. März 2025 im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden statt. Der Eintritt ist frei.

www.niknowak.de
www.mhmbw.de

Aus dem FAZEmag 154 // Dezember 2024