BĘÃTFÓØT – Vorsicht, explosiv!

Credit: Corine Swed

Das israelische Rave/Punk-Trio BĘÃTFÓØT geht mit seinem gleichnamigen Debütalbum („Beatfoot“) auf Life and Death an den Start. Udi, Naor, Adi Bronicki und Nimrod Goldfarb kredenzen eine explosiv klingende Mischung aus Big Beat, Acid, Rave, Punk und Rap, die den durchgeknallten Spirit der 1990er-Jahre wieder zum Leben erweckt und ganz nebenbei eine willkommene Abwechslung zu den ernsten Vibes darstellt, die aktuell auf unserem Globus vorherrschen.

Auch wenn BĘÃTFÓØT erst seit wenigen Jahren offiziell existiert, war der Grundstein der Band schon früh gelegt worden. Schlagzeuger Udi und Gitarrist Nimrod alias Nimshi spielen bereits seit Ewigkeiten zusammen in verschiedenen Bands und verstehen sich auch abseits der Bühne bestens: „Wir haben einen sehr ähnlichen Musik-, Film- und Kulturgeschmack im Allgemeinen. Darüber hinaus sind wir echte Technik-Fanatiker, die sich gerne Tutorials über elektronische Musik und modulare Synthesizer sowie verrückte, veraltete Geräte anschauen. […] In dieser Hinsicht sind wir supernerdy“, bekundet Udi, der immer davon träumte, ein eigenes Extrem-Projekt zu gestalten, das darauf abzielt, die Langeweile und die Klischees des Musikuniversums zu bekämpfen: BĘÃTFÓØT. Die Band hatte bereits ihre ersten Gehversuche gemacht, da stieß Adi von der Punkband Deaf Chonky dazu. Kennengelernt hatten sich die drei auf dem Garzen Festival. „Adi ist die beste Frontfrau, die man sich vorstellen kann, sie verfügt über ein gigantisches Charisma und ist superexplosiv und lustig“, schwärmt Udi. 

Apropos explosiv: Auch auf die Musik von BĘÃTFÓØT trifft diese Beschreibung bestens zu. Die wilde Genre-Mischung wurde beeinflusst von Bands wie Fatboy Slim, den Beastie Boys oder The Chemical Brothers, ist stets trashig, aber gleichzeitig Dance- und Club-kompatibel. „Wenn wir uns die Songs im Nachhinein anhören bzw. anschauen, entdecken wir auch häufig Einflüsse aus zufälligen, nicht-musikorientierten, esoterischen Quellen wie alten Fernsehsendungen und Werbespots. Manche Schlagworte stammen etwa aus Shows wie ,Power Rangers‘ oder ,Mortal Kombat‘“, so das Trio über die 90er-Jahre-Ästhetik der Songs. Erleben werden wir den Beatfoot-Sound wohl in erster Linie auf Festivals und großen Bühnen, einige der Tracks sind aber auch eher cluborientiert. „Wir arbeiten mehr und mehr an beiden Aspekten, sowohl an den Liveshows als auch an den Clubtracks. Auf lange Sicht wollen wir versuchen, sie miteinander zu verschmelzen“, erklärt Udi Naor, der den Sound von BĘÃTFÓØT zusammengefasst als „eine Mischung aus The Prodigy und den Spice Girls auf Crack“ bezeichnet. „Oder aber wenn Aqua und Aphex Twin auf Acid zusammen ein Baby machen würden und die Beastie Boys die Paten wären“, albert der Mitbegründer von Red Axes.

Die Albernheit mal beiseitegelegt, konnten wir die Band abschließend auch zu ernsteren Angelegenheiten befragen: Corona und die politische Situation in Israel. Wir erinnern uns: Israel stellte binnen kürzester Zeit ein hervorragend funktionierendes Impfsystem auf die Beine und erntete entsprechend neidische Blicke aus der ganzen Welt. „Nach diesem ewigen Lockdown haben wir im Vergleich zu anderen Ländern sehr schnell wieder zur Normalität zurückgefunden. Clubs und Veranstaltungsorte haben wieder geöffnet, es war eine goldene Ära euphorischer Explosionen und orgasmischer Feiern“, erinnert sich das Dreiergespann. Was nach Momenten der Glückseligkeit und Friede, Freude, Eierkuchen klingt, erhielt jedoch schon bald einen gehörigen Dämpfer, denn zwischenzeitlich wurde der Gaza-Konflikt neu entfacht und aus einem euphorischen Zustand entwickelte sich plötzlich ein „aggressiv-euphorischer Zustand“: „Aufgrund der ständig chaotischen Situation, in der sich Israel hier im Nahen Osten mit all den andauernden Konflikten und Spannungen zu befinden scheint, machte sich hier rasch eine ,Wir müssen feiern, als wäre es unsere letzte Nacht auf Erden‘-Stimmung breit“, erklärt Udi. Hinzu kommt die Corona-Delta-Variante, die angesichts eines weiteren Lockdowns Zweifel und Ungewissheit im Lande aufkommen lässt. Bei aller Ernsthaftigkeit kann sich Udi Naor abschließend dann aber doch keinen Gag verkneifen: „Es scheint, als würden wir ständig zwischen Zuständen extremer euphorischer Wahnvorstellungen und zerbrochener Herzen und Hoffnungen hin- und herspringen, aber hey, wenigstens ist das Essen großartig!“

BĘÃTFÓØT“ ist am 17. September auf Vinyl und digital via Life and Death erschienen.

 

Aus dem FAZEmag 115/09.21
Text: Milan Trame
Credit: Corine Swed
www.soundcloud.com/beatfoot