
Ein langjährig aktiver belgischer Trance-DJ bricht sein über 30 Jahre anhaltendes Schweigen über die DJ-Kultur. Der Musiker, der eng mit dem legendären Label Bonzai Records verbunden ist, bei dem er 24 Jahre lang unter Vertrag gestanden hat, spricht in einem Statement in emotionaler Art und Weise über die Täuschungen des Musikgeschäfts und den Fake rund um viele Superstar-DJs.
Bei Laurent Véronnez handelt es sich um einen hauptsächlich im Trance-Genre bekannten DJ und Produzenten aus Brüssel, der besser unter Pseudonymen wie Airwave oder auch L-Vee bekannt ist. Der talentierte Musiker wurde bereits im jungen Alter, mit 18 Jahren, beim wohl bekanntesten belgischen Trend-Label der 90er-Jahre, Bonzai Records, unter Vertrag genommen und ist seit 1997 im Geschäft. Genau über dieses Geschäft urteilt der erfahrene DJ jetzt und bricht damit sein Schweigen. Drei Jahrzehnte lang habe er aus Angst vor den Folgen nichts gesagt, das bereue er zutiefst. Das hat sich jetzt mit einem Statement via Social Media geändert.
Im Gegensatz zu vielen anderen seiner DJ-Kollegen wie Mark Reeve oder Tom Novy kritisiert Airwave jedoch nicht einfach die heutige DJ-Kultur, sondern die der vergangenen drei Jahrzehnte. Aber erst mal von Anfang an: Der besonders auf belgischen Festivals vielgebuchte Künstler wurde 1997 bei Bonzai unter Vertrag genommen, zunächst für einen Zeitraum von vier Jahren. Aus den zunächst geplanten vier Jahren seien 24 Jahre geworden. Die Musikkarriere habe ihm ein Selbstvertrauen und Gleichgewicht gegeben, wenn auch manchmal labil, so doch echt. Außerdem habe er Liebe, Freundschaft und Verbundenheit durch den Beruf gefunden sowie die Liebe in den Beruf in sich.
Dabei startete die Karriere von Airwave doch unter erschwerten Bedingungen: Bewusst entschied sich der Musikliebhaber für eine DJ-Karriere, obwohl ihm auch ein akademischer Werdegang offen gestanden habe.
Dann die nächsten Hürden: Viele der Instrumente und des Equipments hätten stolze Preise gehabt und irgendwie habe man mit der Qualität mithalten müssen. Schon mit 16 habe er jeden Feiertag, jedes Wochenende und jede Schulferien dafür gearbeitet. Er habe mit dem auskommen müssen, was er zur Verfügung hatte.
Auf künstlerischer Ebene stand dann noch die persönliche Identität im Vordergrund: Neben der Technik habe er kaum kreative und technische Erfahrung gehabt. Er habe damals geglaubt, dass jeder erst seine eigene persönliche Musikeridentität finden müsse. So feilte Airwave jahrelang an Know-how und Identität – um dann, mitten im Musik-Business mitspielend, die traurige Realität zu erfahren: Viele seiner Idole von damals, von denen heute noch einige aktiv seine, hätten nie eine einzige Platte gemacht. Es gebe nur eine Handvoll echter musikalischer Visionäre. Der Rest habe andere für sich arbeiten lassen, Leute, die idealistischen Eifer in der Musikproduktion hatten, aber kaum Anerkennung dafür bekamen.
Die Anerkennung bekamen die großen Namen, „während die wirklichen Musiker, die hinter ihren Diskografien standen, nur ein paar Krümel bekamen“ (aus dem Englischen übersetzt), so Airwave. Das bezieht Airwave wohl auch auf sich selbst, er habe „mit genug von ihnen zusammengearbeitet“. Er redet wohl von Ghost Producing, das es auch damals schon gegeben hat.
Das Resümee des DJs: „Die DJ-Superstar-Kultur hat 30 glorreiche Jahre des Ultra-Narzissmus und Neo-Feudalismus hervorgebracht, die absolut ungerecht und zerstörerisch sind“. Eine kleine Anzahl Privilegierter lebe auf Kosten wirklich talentierter Musiker, denen aber rote Teppiche und offene Türe verschlossen blieben. Das gelte für heute noch mehr als zuvor, sei aber auch schon damals der Fall gewesen.
Das komplette Statement von Airwave:
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