Beyoncé – Eine Hommage an die Clubkultur

Beyoncé – Eine Hommage an die Clubkultur / Foto: Genevieve Tate

Nach ihrem 2016 veröffentlichten Erfolgsalbum „Lemonade“ war das für den 29. Juli dieses Jahres angekündigte siebte Album von Beyoncé sicherlich eines der am meisten mit Spannung erwarteten Werke des Jahres im Musikbusiness. Die Queen des R ‘n‘ B schlägt dabei unerwartete Brücken zum elektronischen Kosmos und kollaboriert auf ,,Renaissance“ unter anderem mit Acts wie Skrillex, Honey Dijon oder Green Velvet und bekundet damit ihr Faible für House-Musik. Und genau da finden sich die Berührungspunkte mit dem FAZE-Kosmos.

Generell scheint es, dass House gerade immer mehr mit selten bis nie geglaubten Genres changiert und sich dem Hype der elektronischen Szene immer mehr US-Superstars widmen. So überraschte Drake, ebenfalls mit seinem siebten Langspieler im Gepäck, nur eine Woche vor Beyoncé mit Kollaborationen mit Black Coffee und der Keinemusik-Crew rund um &ME, Rampa und Adam Port. Mittlerweile verkündete The Blessed Madonna ihre Kollaboration mit Madonna und Missy Elliot, indem sie einen Remix für „Levitating“ von Dua Lipa beisteuerte, mit der die beiden US-Größen zusammenarbeiteten.

Als die House-Musik in den späten 80er- und frühen 90er-Jahren immer populärer wurde, verlagerte sie sich von schwarzen, queeren Communitys in weißere, heterosexuellere Gefilde, ehe sie mit ersten monumentalen Erfolgen in den Pop-Charts landete. Robin S‘ „Show Me Love“, das in „Break My Soul“ gesampelt wurde, erreichte 1993 den fünften Platz der Top 100; andere Titel der 90er-Jahre wie Black Box‘ grooviges „Everybody Everybody“ und Crystal Waters‘ pulsierendes „100% Pure Love“ schafften den Sprung von den Dancefloors in die Top 40. Auch Pop-Superstars versuchten sich im House-Bereich: Whitney Houstons triumphale Coverversion von Chaka Khans „I’m Every Woman“ sowie Madonnas glitzerndes „Deeper and Deeper“ und Janet Jacksons schwungvolles „Together Again“ zeigten, dass sie die Klänge aus den Clubs sehr wohl kannten. Heute sind es Acts wie The Weeknd, Drake und eben Beyoncé, die ihren Fokus auf den 4/4-Takt legen und damit die Popularität des Genres vor allem in den letzten Jahren bemerkenswert weit außerhalb jeglicher musikalischer Schubladen haben wachsen lassen. Dass die Industrie rund um House und Techno immer größer wird, Festivals wie Burning Man und Coachella zu absoluten Hotspots der heutigen Generation avanciert sind und DJs dieser Tage Popstar-Status genießen, hilft dem ganzen Thema vermutlich ungemein. Und so nähern sich Künstler wie David Guetta eben dem Pop-Genre an, während Pop-Acts sich nun der Clubmusik widmen.

Die Single-Auskoppling „Break My Soul“ ist nach ihrem Release am 21. Juni in zahlreichen Ländern unmittelbar auf Platz 1 gegangen, Barack Obama listete den Song in seiner alljährlichen Sommer-Playlist. Entstanden ist das Album in einem rund dreijährigen Prozess während der Pandemie, in der Beyoncé, wie sie berichtet, ihr kreatives Selbst wiederfand: „Die Entstehung dieses Albums gab mir die Möglichkeit, zu träumen und in einer für die Welt beängstigenden Zeit zu entkommen. Es erlaubte mir, mich frei und abenteuerlustig zu fühlen in einer Zeit, in der sich sonst wenig bewegte. Meine Absicht war es, einen sicheren Ort zu schaffen, einen Ort ohne Urteil. Einen Ort, an dem man frei von Perfektionismus und Überlegungen ist. Einen Ort, an dem man schreien, loslassen und Freiheit spüren kann. Es war eine wunderschöne Entdeckungsreise.“

Skrillex‘ verzerrte Produktion glänzt auf dem Song „ENERGY“, einem schrägen Banger, der unter anderem in Zusammenarbeit mit Pharrell Williams und Chad Hugo von The Neptunes produziert wurde. Die House-Koryphäen Green Velvet und Honey Dijon wirkten an „COZY“ mit, wo ihre massiven Drums zu Beyoncés unapologetischen Takten zu hören sind. Dijons Einfluss ist auch in „ALIEN SUPERSTAR“ spürbar, einem markanten Stück, das Beyoncés Bravour und Stärke ausstrahlt. „Renaissance“ interpoliert auch Musik der Disco-Legende Donna Summer sowie des berühmten Giorgio Moroder, Letzteren sampelte sie beim letzten Stück des Albums, „Summer Reinaissance“. Darüber hinaus wirkten weitere Künstler*innen mit, darunter The-Dream, Nile Rodgers, NOVA, NO ID, Raphael Saadiq, Mike Dean, Chris Penny, Luke Solomon, Beam, Big Freedia, Grace Jones und Tems – so machte sich Beyoncé daran, ihren Fans ein Crossover-Album par excellence zu liefern.

In einem emotionalen Post bedankte sich Beyoncé bei allen, die ihre Arbeit an „Renaissance“ beeinflusst haben, und teilt diese Aussage zusammen mit zwei Bildern: einem Selfie von ihr, wie sie mit ihren Kindern Rumi, Saint und Blue im Bett kuschelt, und einem alten Foto ihrer Eltern, die bei einer Flasche Wein einen wissenden Seitenblick austauschen. Sie bedankt sich persönlich bei ihren drei Kindern, die ihr „Raum, Kreativität und Inspiration“ geben, bei ihrem „wunderschönen Ehemann und Muse“ Jay-Z, bei ihrer „Parkwood-Crew“ und allen am Album beteiligten Produzent*innen, bei ihrer Mutter und ihrem Vater. Auch ihrem Onkel Johnny dankt sie ausführlich, dass er sie in die vielen Melodien und Stilrichtungen eingeführt hat, die den Sound von „Renaissance“ prägen: „Er war die erste Person, die mich mit einem Großteil der Musik und Kultur in Berührung brachte, die als Inspiration für dieses Album dienen“, schreibt die Sängerin. „Danke an all die Pioniere, die die Kultur hervorgebracht haben, an all die gefallenen Engel, deren Beiträge viel zu lange unerkannt geblieben sind. This is a celebration for you.“ Auch an ihre Fans richtete sie einige Worte: „Ich hoffe, ihr findet Freude an dieser Musik. Ich hoffe, sie inspiriert euch dazu, das Wackeln loszulassen. Ha! Und euch so einzigartig, stark und sexy zu fühlen, wie ihr seid. Love y’all deep, B.“

 

Aus dem FAZEmag 127/09.2022
Text: Lisa Bonn
Foto: Genevieve Tate
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