Bottler – Lebenskünstler

 

Das US-Duo Bottler fusioniert auf seinem Debütalbum „Journey Work“ eine riesige Bandbreite an Stilen und Einflüssen zu einem einzigartigen Gesamtpaket, das sich zwischen Indie, Dance, Electronica und Elektropop bewegt und gleichermaßen von digitaler und analoger Instrumentierung geprägt ist. Wie der Albumtitel bereits preisgibt, war der Produktionsprozess kein einfacher und vor allem: höchst emotional. Wir haben mit Pat und Phil gesprochen.

Für „Journey Work“ habt ihr eine ganze Reihe an Stilen und Genres kombiniert. Aus welchem musikalischen Umfeld kommt ihr ursprünglich und woher stammen eure Einflüsse?

Pat: Wir wurden beide ganz klassisch am Klavier ausgebildet. Mein Vater ist Klavierlehrer und begann Phil zu unterrichten, als er noch im Kindesalter war. Da wir keinen Fernseher hatten, entdeckten wir unsere Musik größtenteils auf altmodische Art und Weise, indem wir beispielsweise CDs tauschten oder uns auf die Suche nach coolen Plattencovern begaben. Inspiriert wurden wir insbesondere von Nine Inch Nails, aber auch von Depeche Mode, Nirvana, Caribou, Daniel Avery und vielen mehr.

Phil: Irgendwann merkten wir, dass wir unsere Fähigkeiten an den Instrumenten für mehr nutzen konnten als nur für das Rezitieren klassischer Stücke aus den Jahrhunderten zuvor, und begannen, unsere ersten Bands zu gründen. Bottler entstand dann im Jahr 2016. Wir wollten zu unseren Wurzeln zurückkehren, als wir als Kinder mit den Synthesizern von Pats Vater herumspielten.

Die LP ist mit verschiedenen Emotionen wie Wärme und Freude, aber auch Schmerz und Traurigkeit konnotiert. Wie greifen diese Emotionen auf eurem Album ineinander?

Pat: Es geht darum, dass man auf die letzten Jahre seines Lebens zurückblickt, über all das Gute und das Schlechte nachdenkt und reflektiert, wie sich einzelne Ereignisse wie der größte Moment deines Lebens anfühlen können, aber im Nachhinein von Traurigkeit überschattet sind. Für mich persönlich war das, was während des Schreibens dieses Albums passierte, die beste Zeit in meinem Leben. Glück ist für mich zutiefst illusorisch, und es war das erste Mal, dass ich mich mit mir als Person wirklich zufrieden fühlte. Bei diesem Album geht es um die Perspektive. Dinge ändern sich und das Leben ist eine Reise. Lebe den Moment.

Während des Produktionsprozesses wurdet ihr mit vielen Herausforderungen, persönlichen Problemen und Selbstkritik konfrontiert. Wie habt ihr all das überwunden? Wart ihr jemals kurz davor, die ganze Sache abzubrechen?

Phil: Die Pandemie hat anfangs unsere gesamte Motivation vernichtet, wir waren am Ende. Ein Abbruch stand aber nie im Raum, die Musik war ja da. Wir wussten nur lange nicht, was wir damit anfangen sollten. Da wir schon so lange zusammen Musik machen, haben wir ein inhärentes Vertrauen, dass sich die Dinge irgendwann von selbst regeln werden, manchmal braucht es nur ein bisschen Raum und manchmal einfach nur intensive harte Arbeit.

„Journey Work“ ist am 6. Mai via InFiné erschienen.

 

Aus dem FAZEmag 124/06.2022
Text: Milan Trame
Foto: Rick Perez