Butch – Kein Mann für halbe Sachen

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Er ist DJ, Produzent, Labelinhaber, Veranstalter, Restaurantbesitzer, Gentleman, professioneller Hobbykomiker, Ehemann und noch vieles mehr. Bülent Gürler – wie der in Mainz geborene und aufgewachsene Butch mit bürgerlichem Namen heißt – treibt sich mit seinem aktuellen Schaffen kontinuierlich an die Spitze des elektronischen Kosmos. Er veröffentlichte in den letzten 24 Monaten u.a. auf Labels wie Visionquest, Hot Creations, Desolat, SCI-TEC, Rekids und führt mit Hohberg gemeinsam das Imprint Otherside. Im Sommer zeichnete der „Techno-Türke“ mit dem wohl ansehnlichsten Schnurrbart der Szene für die 18. Ausgabe der renommierten Watergate-Compilation verantwortlich und nannte uns seinen wahrscheinlich nicht ganz ernst gemeinten Sommerhit. Im vorletzten Monat des Jahres Zwanzigfünfzehn mixt Butch nun endlich den offiziellen FAZEmag Download-Mix und stand im Zuge dessen unseren Fragen Rede und Antwort.

Hallo Butch, wie geht es dir? Und wo stören wir dich gerade?

Ich sitze soeben im Zug auf dem Rückweg vom Amsterdam Dance Event. Dort hatte ich ein paar Meetings. Mir geht es ausgezeichnet, denn ich habe eben bei meinem traditionellen Kontrollgang gesehen, dass meine aktuelle Nummer „Dope“ bei Beatport auf Platz 1 ist! Das bringt mich zum Grinsen wie ein Honigkuchenpferdchen auf Crack.

Glückwunsch. Der Sommer ist offiziell vorbei, in nur wenigen Wochen ist Weihnachten. Wie lief das Jahr 2015 sonst so für dich?

Eins meiner absoluten Highlights in Sachen Party war mein Besuch bei Solomun +1 im Pacha auf Ibiza. Ich habe auf der Insel – sowohl als geladener DJ als auch als privater Partygänger und Fan der Musik – Zeit verbracht. Jedes Mal endete die Party in B2B2B-Sets. Das erste Mal nur mit Solomun, dann zusammen mit Ida Engberg und Solomun, und das letzte Mal mit Kristian von Âme und Solomun. Eigentlich wollten wir immer nur kurz in den Club gehen um Hallo zu sagen, aber am Ende fand ich mich nach weiteren zwei Clubs auf einer dieser Afterhours in einer Villa wieder, in der wir am späten Nachmittag immer noch zusammen
Platten spielten. Sehr amüsant und jedes Mal sehr erholsam.

Und privat?

Sowohl privat als auch geschäftlich war das absolute Megahighlight des Jahres – das kann ich auch ruhig schon im November verkünden – die Anzahl der Blow Job-Angebote. Dieses Jahr konnte ich sogar wieder einmal meine Rekordjahre 2012 und 2014 toppen. Es gab so viele Angebote wie noch nie, was sich ziemlich gut in meiner Blow Job-Statistik macht, die vom Bundesamt für Statistik geführt wird.

Dazu gratulieren wir an dieser Stelle im Namen der gesamten Redaktion. Produktionstechnisch hattest du in diesem Jahr Releases auf Moon Harbour sowie eine Compilation und eine EP auf Watergate. Wie haben sich die Veröffentlichungen in deinen Augen entwickelt?

Das Watergate-Projekt war sehr geil, besonders aus künstlerischer Sicht. Das zähle übrigens auch zu den Highlights 2015. Ich bekomme immer noch gutes Feedback dafür. Jeder, den es interessiert, sollte die Tracks mal einzeln anhören und dann im Kontext, dadurch erschließt sich ein tieferes Verständnis für die Arbeit und die Idee dahinter. Die Tatsache, dass der Track „The Spirit“ (Original), der auch auf Watergate erschien, die ganze Saison vom Sven hoch und runter gespielt wurde, ehrt mich natürlich sehr. Da ich schon lange ein Moon Harbour-Fan bin und dort etwas veröffentlichen wollte, hat sich die Kollaboration mit Gel Abril hervorragend dafür geeignet.

Visionquest, Desolat, Hot Creations, Rekids und noch viele mehr. In Sachen Labels bist du sehr umtriebig. Was genau ist der Grund dafür, dass du deine Releases so weit streust bzw. dich nicht längerfristig bindest?

Dafür gibt es verschiedene Gründe. Erstmal hängt die Musik, die ich mache, immer mit dem Feeling zusammen, das ich gerade habe. Wenn ein Song fertig ist, schaue ich mich nach einem Label um, zu dem das Stück am besten passen würde. Andererseits spiele ich im Laufe des Jahres viele Gigs – auch mit anderen DJs, wovon viele eigene Labels führen. Da ich meine Songs immer während meiner Sets teste, bevor ich sie den Labels anbiete, kommt es schon mal vor, dass Seth oder Matthias – oder wer auch immer mit mir in der Nacht spielt –, anfragt, was für ein Tune dsa gerade ist und anschließen Interesse äußert, den Song zu veröffentlichen.

Also so, wie es sich die meisten aller Produzenten wünschen …

Das schmeichelt mir, und außerdem passt es irgendwie immer: Das sind alles Menschen, denen ich vertraue und die nie etwas veröffentlichen würden, das nicht zu ihrem Label passt. Im Grunde hat diese Streuung eigentlich nur damit zu tun, dass ich die Menschen dahinter kennenlerne, wir Liebe und Respekt für die Arbeit des jeweils anderen empfinden und so gerne zusammenarbeiten.

Gemeinsam mit Hohberg betreibst du mit Otherside ebenfalls ein Label. Wie ist dort die Philosophie bzw. der Grundgedanke? Und welche Projekte stehen dort für die nächste Zeit an?

Wir haben uns entschlossen, auf Otherside nur die Songs zu veröffentlichen, die in gewissen Situationen die Tanzfläche sofort leer räumen und in anderen Situationen die magischsten Momente hinzaubern. Das schaffen die wenigsten Stücke, deshalb veröffentlichen wir auch nur, wenn solche Musik zu uns kommt. Es stehen Projekte an, aber die
bleiben vorerst geheim, ihr kennt das Spiel.

Du hast mir mal bei einem Abendessen in Köln verraten, dass du ein neues Album so gut wie fertig hast und dir – wie immer – nur noch in Sachen Label unsicher bist. Wie ist dort der Stand der Dinge?

Das Album ist komplett fertig, und es ist ein – sagen wir mal – sehr ungewöhnliches geworden, voller Experimente und unerwarteter Musik. Wir lassen es jetzt erst einmal ruhen, weil ich ehrlich gesagt gerade wieder Lust auf Clubmusik habe, wie ich sie jetzt momentan auch produziere. Für das Album ist ein Kurzfilm und ein Liveset geplant, das beides komplett auf die Beine gestellt werden muss. Allerdings fehlt mir im Moment die Power dafür, da ich allein in die Produktion des Albums knapp drei Jahre investiert habe. Weil ich keine halben Sachen mache, nehme ich mir jetzt die nötige Zeit dafür, um mich dann mit neuer Kraft weiter dahinter zu klemmen.

Dann verrate uns, welche Clubprojekte in der Pipeline stehen, und was 2016 von dir zu erwarten ist.

Auf Tuskegee und auf Drumcode kommen jeweils neue EPs. Für den Sommer 2016 stehen zwei neue Partyreihen an: eine im Watergate und eine auf Ibiza, beides sehr spezielle Events.

Dann hat sich dein Urlaub in diesem Jahr also gelohnt?

Sieht so aus. Bei beiden Veranstaltungen habe ich bekannte Headliner am Start, die aber nicht beworben werden. Das Geile daran ist natürlich nicht nur die Überraschung für die Gäste, sondern auch, dass diese Künstler viel mehr Freiheiten haben, mehr experimentelle Sets spielen und frei von jeglichem Erwartungsdruck eine geile Party feiern können.

Und das an einem Ort, an dem die ganzen Straßen voller Billboards und mit Headlinern zugepflastert sind?

Ich möchte, dass Publikum zu uns kommt, das offen für Neues ist – somit gibt es dem Künstler die Möglichkeit, etwas anderes als sein „Standard Leistungsdruckset“ zu spielen. Meiner Erfahrung nach spielt jeder DJ sein bestes Set auf einer intimen Afterhour.

In Sachen Studioarbeit gehörst du zu der fleißigeren Sorte. Wie hat sich dein Schaffen dort in den vergangenen Monaten verändert bzw. entwickelt? Wie geht Butch traditionell einen Track an – von der Idee bis zum Mastering?

Der Anfang variiert – Chords oder Melodie, manchmal auch einfach ein Drum-Pattern in die MPC stampfen. Danach bastle ich solange, bis ich nicht mehr weiter komme und wechsle sofort zu einem anderen Song, bei an dem ich dann weiterarbeite. Dann geh ich kurz spazieren, trink einen Kaffee oder inspiriere mich auf eine andere Art. Anschließend gehe ich zurück ins Studio. Meistens arbeite ich parallel an mehreren Tracks und mache einfach immer solange weiter, bis ich damit zufrieden bin.

Neben deinem Job als DJ und Produzent bist du auch passionierter Burger-Liebhaber und betreibst in Mainz sogar einen eigenen Burgerladen. Wie entstand die Idee, und sieht man dich dort ab und zu auch in der Küche?

Anfangs war ich natürlich durchgehend am Start. Jetzt bin ich nur noch zum Essen dort oder wenn ich neue Ideen für den „Burger der Woche“ testen möchte. Die Idee dazu kam mir beim vielen Reisen. Ich bin – wie du schon richtig sagtest – ein mega Burger-Fan und wollte, dass es in Mainz auch endlich auch einen geilen Spot dafür gibt, damit ich so fett wie ein Mastschwein werde. Da anscheinend keiner bereit war, mir diesen Gefallen zu tun, hab ich halt selbst einen Laden eröffnet und bin auf einem guten Weg, mein Ziel zu erreichen.

Appropos Mainz. bouq. und Butch waren lange Zeit unzertrennlich. In letzter Zeit gewinnt man jedoch den Eindruck, als ob sich beide Brands voneinander entfernen.

Das kann man in der Tat so sehen, ja. Wir teilen uns immer noch die Räumlichkeiten und sind sehr gute Freunde. Wenn ich eine gute Demo erhalte, dann leite ich sie sofort an bouq. weiter. Ich lege ab und zu mal auf einer Labelparty auf, aber generell liegt diese vermeintliche Trennung, wie sie draußen wahrgenommen wird, an der Zeit, die ich nicht habe, um bouq. mit gutem Gewissen zu machen. Mein neues Label ist viel entspannter, wir haben wenige Releases und nur zwei bis drei Showcases im Jahr. Das lässt sich mit meinen Studiozeiten gerade noch vereinbaren.

Viel Zeit investierst du jedoch in Sachen Social Media. Dort gehörst du mit deinem Sinn für Humor und deinen Postings zu den absoluten Highlights. Für wie wichtig stufst du solche Plattformen in der heutigen Zeit für einen DJ, Produzenten, Musiker ein?

Um ehrlich zu sein habe ich mich damals nur bei Facebook angemeldet, um Frauen abzuchecken, was überhaupt nichts gebracht hat. Irgendwann habe ich aber gesehen, dass jemand ein Butch-Profil angelegt hat und damit ohne Content sogar über 1.000 Follower hatte. Das bewegte mich dazu, mein eigenes Profil einzurichten. Ich glaube, dass ich das erste Jahr einfach nur die langweiligen üblichen Infos gepostet habe, aber irgendwann hat mich Rainer Weichhold von Kling Klong darauf aufmerksam gemacht, dass ich ruhig auch meine humorvolle Seite zeigen könnte. Diese Idee fand ich zuerst ziemlich dumm und nicht erfolgversprechend. Ich war davon überzeugt, es sollte ausschließlich um meine Musik gehen. Irgendwann habe ich mich darauf eingelassen und gemerkt, das es gut ankommt, die Leute auch mit etwas anderem als mit Musik zu unterhalten. Für mich ist das einfach eine weitere Möglichkeit, kreativ zu sein – und so sind alle Butch-Videos, die auf meiner Seite zu sehen sind, selbst von mir produziert. Ich kann leider nicht einschätzen, wie wichtig bzw. wie erfolgreich oder weniger erfolgreich ein Künstler ohne oder mit Facebook wäre, ich bin nämlich Musiker und kein Analytiker. Aber zweifellos ist es eine gute Plattform, sich zu präsentieren und zu werben.

Gibt es Dinge auf Facebook, die du gerne mal posten würdest, aber aufgrund verschiedenster Richtlinien leider noch nicht getan hast? Dein Video „24 Stunden mit Butch“ fängt z.B. sehr unterhaltsam an, mit Grinder samt Inhalt.

Um den „motherfucking foo“  im Intro vom „Windowlicker“-Video zu zitieren: „I don’t give a fuck, holmes!“ Ich nehme kein Blatt vor den Mund. Alles was ich posten möchte, werde ich auch posten! Davon kann mich niemand abhalten (harharhar) … / Rafael Da Cruz

Ab sofort und exklusiv bei iTunes: FAZEmag DJ-Set #45 von Butch
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Aus dem FAZEmag 045/11.2015