Das C2 OST zählt zu den spannendsten Clubprojekten, die nicht nur Karlsruhe sondern Deutschland derzeit zu bieten hat – eine Location, den wir euch vor Kurzem vorgestellt haben. Diesmal geht es um die Künstler*innen, die als Residents den Sound und die Identität des Clubs entscheidend mitgestalten. Das C2 OST ist nach wie vor ein Projekt im Werden: roh, unvollendet und gerade dadurch voller Energie. Herzstück bleibt das Soundsystem, das den Club zu einem Ort macht, an dem Musik nicht bloß Kulisse ist, sondern Fundament. Hier übernehmen die Residents eine zentrale Rolle. Sie sind mehr als Programmpunkte zwischen Headlinern – sie halten den roten Faden, experimentieren, stellen ihr Ego zurück und verkörpern die Haltung des Clubs nach außen. Vier von ihnen stellen wir in dieser Ausgabe vor: Ceasul, da:sypoda, Elsa und Malaccio. Sie sprechen über ihre musikalischen Anfänge, prägende Einflüsse und darüber, was es für sie bedeutet, Teil des C2 OST zu sein. Gemeinsam zeigen sie, wie sich die Idee des Clubs auf der Tanzfläche materialisiert – als Ort für Community, Austausch und einen Sound, der immer wieder Neues wagt.

Ceasul
Welche Erinnerung hast du an deine erste richtige Verbindung zu elektronischer Musik?
Meine ersten Berührungen hatte ich im Douala in Ravensburg, einem der ältesten Clubs Deutschlands. Dort habe ich abstrakte Klänge und Emotionen erlebt, die mir völlig neu waren. Besonders in Erinnerung geblieben ist mein 18. Geburtstag, den ich bei einer „Broken Beats“-Reihe mit Leeroy Thornhill von The Prodigy gefeiert habe. Erst im Clubkontext wurde mir bewusst, was elektronische Musik alles sein kann – weit weg von Charts und Radio.
Welche Bands oder Künstler*innen haben dich geprägt?
Früh waren es Bands wie Rage Against The Machine, The Prodigy, Aphex Twin, Massive Attack, Gorillaz oder Kruder & Dorfmeister. Heute inspiriert mich nach wie vor Kruder & Dorfmeister, dazu kommen Radiohead, King Krule, Ghost Funk Orchestra oder Trellion. Im elektronischen Bereich begleiten mich schon immer die Zenker Brothers, Markus Suckut und Marçal.
Wie gehst du an ein Set heran?
Ich verlasse bewusst meine Comfort Zone. Fehler und Unvorhersehbarkeiten gehören dazu, machen ein Set menschlich und spannend. Für mich ist ein gutes Set wie ein Film: Figuren werden eingeführt, die Handlung entfaltet sich, biegt mal ab, bleibt aber einem roten Faden treu – und endet im besten Fall mit einem Happy End.
Was ist für dich das Besondere an deiner Rolle im C2 Ost?
Als Resident geht es für mich darum, den Sound des Clubs mitzuprägen und mein Ego zurückzustellen. Warm-ups oder All-Night-Long-Sets sind Gelegenheiten für Experimente und unerwartete Vibes. Gleichzeitig finde ich es wichtig, regionale Artists zusammenzubringen und den Austausch zu fördern – die Szene hat ohnehin genug Herausforderungen, da ist gegenseitiger Support wichtiger denn je.
Woran arbeitest du derzeit persönlich?
2026 will ich endlich meine erste Solo-EP veröffentlichen. In Ableton warten viele Skizzen, die ich ausarbeiten möchte. Außerdem haben wir Studioräume in Heidelberg bezogen, die viel Potenzial für kreativen Austausch bieten. Und ganz persönlich freue ich mich auf den Moment, wenn der Club nicht mehr nach Baustelle aussieht und alle Floors modular kombiniert werden können – jeder Abend eine neue Erfahrung.

da:sypoda
Wie kam es, dass du selbst hinter die Decks gewechselt bist?
Musik hat mich schon immer bewegt – früher durchs Tanzen, heute an den Decks. Mein erstes Set war auf einer privaten Feier im Bauhäusle in Stuttgart, ich war vor Aufregung fast handlungsunfähig. Aber genau diese verletzlichen Momente haben mich gepackt: den Flow aufnehmen, die Vibes erweitern, unerwartet brechen. Seit der Corona-Pandemie bin ich tiefer in die elektronische Szene eingestiegen, geprägt von der Mainzer Szene und FLINTA*-Artists wie Katharsia, Valeria oder Visky Hytrak.
Wie verlief deine Ankunft in Karlsruhe?
Nach meinem Umzug hat mich Sophie, die Bookerin, ans Gottesauer Eck vermittelt – dort hatte ich meinen ersten Abend in der Stadt. Kurz darauf spielte ich im C2, auf dem Café-Floor mit seiner Discokugel und dem rauchigen Charme. Ich habe mich sofort verliebt. Der Club ist für mich ein Ort, an dem die Menschen nicht für Instagram posieren, sondern wirklich tanzen. Die „No-Photo-Policy“ trägt entscheidend dazu bei.
Welche Tracks oder Artists spiegeln dich am meisten wider?
Mein All-Time-Favorite ist „I Wish I Was a Chat“ von Rozzo – verspielt, cheeky, rhythmisch stabil, hauchzart. Genau das prägt auch meinen Stil. Mal housig, mal deep, mal minimal – immer mit Breaks oder Vocals, die überraschen. Sehr berührt haben mich zuletzt die Releases von Ben Kaczor und die filigranen Produktionen von Bot1500 aus Japan.
Wie siehst du deine Rolle als Resident?
Mir geht es darum, der Crowd gerecht zu werden und in einen Dialog zu treten. Das bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und sich gemeinsam mit dem Club weiterzuentwickeln. Besonders liebe ich b2b-Sets – es ist wie ein Gespräch ohne Worte, Track für Track.
Was erwartet uns als Nächstes von dir?
Ich beschäftige mich intensiver mit Hardware und Synths und arbeite an einer Kooperation mit einer Performancekünstler*in, die vielleicht mein erstes Release hervorbringt. Ein Highlight ist für mich das Warm-up für Marie Montexier – eine Ehre, die mich ehrfürchtig und nervös zugleich macht.

ELSA
Wie verlief dein Einstieg in die Clubkultur?
Ich komme aus einem kleinen Dorf bei Karlsruhe und habe mit 15 Jahren meine ersten Techno-Partys erlebt – damals viel Minimal und Schranz. Richtig gepackt hat es mich mit Anthony Rothers „Father“. Mein erstes Set war auf einem kleinen Rave. Ich brachte meine eigenen CDJs mit, war extrem nervös, aber mit Freunden und Brüdern im Publikum wurde es ein unvergesslicher Abend.
Welche Rolle spielte dein familiäres Umfeld?
Meine Familie war sehr musikalisch – Jazz durch meine Brüder, Klassik und Indie durch meine Eltern. Aber elektronische Musik schien mir lange verschlossen, weil fast nur Männer auflegten. Erst als eine Freundin selbst damit begann und mich ermutigte, habe ich den Schritt gewagt.
Wie klingt dein Sound heute?
Er verändert sich ständig. Aktuell fließen viele Acid-Elemente ein, die Basis ist Dub-Techno. Wichtig ist mir vor allem, dass es tanzbar bleibt.
Was gibt dir die Residency im C2 Ost?
Resident zu sein heißt, flexibel zu bleiben und Neues auszuprobieren. Gleichzeitig prägt man den Sound des Clubs mit und ist eine Konstante für die Gäste. Das C2 Ost ist roh, unverstellt und erinnert mich oft an die Raves von früher – keine Kameras, kein grelles Licht, einfach tanzen.
Welche Perspektive hast du für die Szene?
Mein größtes Projekt ist gerade die Clubarbeit. Wir wollen die Line-ups noch ausgefeilter gestalten und stärker mit lokalen Kollektiven wie Clocked, NACHT oder Discoschorle zusammenarbeiten. Und für mich persönlich hoffe ich, weiterhin tolle Menschen kennenzulernen, Gigs zu spielen und die Arbeit zu machen, die ich liebe.

Malaccio
Wie hat alles für dich angefangen?
DJ wollte ich nie werden. Ich habe mit sieben Jahren Schlagzeug gespielt und meine Liebe für Rhythmus entdeckt. Später habe ich Partys organisiert, in Kellern oder im Wald – chaotisch, aber immer mit Herz. Während alle um mich herum DJs wurden, hielt ich mich zurück. Erst als ein Freund mich vor ein Xone und CDJs stellte, hat es Klick gemacht. Zuerst wollte ich nur für mich auflegen, aber dann kam die erste Gelegenheit – und plötzlich mochten Leute, was ich spielte.
Was reizt dich am meisten am Auflegen?
Vor allem die Gemeinschaft. Ein Gig ist für mich ein Anlass, mit meinen Freunden rauszugehen, zusammen Zeit zu verbringen und die Abende zu teilen.
Wie bist du ins C2 Ost hineingewachsen?
Die Karlsruher Szene ist klein. Vor dem C2 habe ich schon im Culteum gespielt. Als klar war, dass der Club übernommen wird, war ich sofort dabei. Ich habe auch beim Umbau mitgeholfen, Kleber von den Wänden zu kratzen. Umso dankbarer bin ich, jetzt Teil davon zu sein.
Wie klingt dein Sound?
Er bewegt sich zwischen Techno und Trance, lässt aber auch Groove, House oder Brazil-Funk einfließen. Eine Melodie ist immer dabei – ohne fühle ich mich nackt.
Welchen Anspruch hast du an dich als Teil der Szene?
Veranstalter und Künstler schlagen Brücken und bringen Menschen mit neuen Werten zusammen. Das ist eine Verantwortung, der man sich bewusst sein sollte – und ein Auftrag, etwas vorzuleben, das nachahmenswert ist.
Aus dem FAZEmag 164/10.2025
Text: Triple P
www.instagram.com/c2ost.club