Calvin Harris … is ready to bounce

 

Geschichten, die das Leben schreibt … Da bist du gerade einmal 21 Jahre alt, hebst deine gesamten Ersparnisse in Höhe von 4.748 Euro von deinem Konto ab, packst deine sieben Sachen und verlässt Schottland, um in London Fuß zu fassen. Du investierst die Summe in deine angestrebte Musikkarriere, scheiterst gnadenlos und ziehst zurück ins Hotel Mama. Beginnst, in einer Fischfabrik und in einem Supermarkt zu jobben. Du produzierst weiter in deiner rar gesäten Freizeit Musik, lädst sie auf der Internet-Plattform MySpace hoch – und zack, wirst du von einem Talentscout des Labels EMI entdeckt. Vertrag gesignt, gute Promo bekommen, Weltstar geworden. Geschichten, die das Leben schreibt. Das Leben von einem, der heute zu den größten und erfolgreichsten Global Player der Welt zählt. Er hat rund 130 Millionen Platten verkauft, internationale Clubhits geschaffen und genießt längst Kultstatus. Die Liste von Remix-Anfragen ist ellenlang – und so gut wie jeder, der in der elektronischen Musikszene etwas auf sich hält, will mit ihm zusammenarbeiten. Die Rede ist von: Calvin Harris.

 

Kennt man doch irgendwie und irgendwoher. Da hat jemand Erfolg – und schon stehen sie Schlange: die Leute, die etwas vom großen Kuchen abhaben wollen. Ein Gefühl, das Calvin Harris ganz sicher auch nicht unbekannt ist – zählt der 1984 in Schottland geborene Adam Richard Wiles schließlich zu den großen Größen der internationalen Musikbranche. Wer nun denkt, Calvin Harris picke sich mit Rihanna, Katy Perry, Sophie Ellis-Bextor, Kylie Minogue, Scissor Sisters, Gwen Stefani oder Kelis die Rosinen der weltweiten Chartstürmer*innen heraus, der irrt. Calvin Harris ging schon immer Kooperationen mit verheißungsvollen Newcomer*innen ein. Ebenso mit Künstler*innen aus anderen Musikgenres. Und das ist vielleicht auch das ultimative Erfolgsrezept. Eine gelungene Mixtur, sich aus den verschiedensten Töpfen der Stilrichtungen zu bedienen, die Zutaten in eine riesige Schüssel zu geben, kräftig umzurühren – mit dem Ergebnis eines kreativen Tracks mit Ohrwurm-Garantie. Harris, der selbst viele Jahre im EDM-Bereich angesiedelt war, hat dieses Spektrum längst hinter sich gelassen – wenn auch nicht ganz. Jedoch beschreitet er heute auch ganz andere musikalische Breitengrade und verwebt den einprägsamen und unverwechselbaren Sound der Disco-Ära mit Funk, mit Elektro, mit Einflüssen aus dem Black- und Hip-Hop-Bereich. Eine Prise Soul gefällig? Auch eine gute Wahl. Genreübergreifende Musikproduktionen, zu denen man sofort mit dem rechten Bein mitwippt und die Lippen sanft summen lässt. Locker-flockige Beats, sommerliche Grooves, herausragende Vocals, ein Text, den man sich leicht merken und ihn somit recht schnell mitsingen kann, plus facetten- und ideenreiche Melodien, die man mit den Händen vor dem geistigen Synthesizer direkt mitspielt. Das ist der Sound von Calvin Harris. Und diesen Sound hat er nun in einem neuen Album verfeinert, das am 5. August veröffentlicht wurde: „Funk Wav Bounces Vol. 2“.

 

Das lässt wohlweislich darauf schließen, dass es auch eine Vol. 1 geben muss? Richtig, gibt es auch. Die Erstausgabe dieses Kreativwerks erschien vor roundabout fünf Jahren und sprengte die Ketten jeglicher Typisierung und jeglichen Schubladendenkens, was die musikalische Orientierung des „bisherigen“ Calvin Harris‘ anging. Auf Vol. 1 arbeitete er mit 19 Gastmusiker*innen und -sänger*innen zusammen, vereint auf zehn Songs. Die Fortsetzungs-Edition 2022 kann das Ganze sogar noch toppen. Es entstand ein 14-Tracker mit insgesamt 23 Interpret*innen. Dem musikalischen Konzept blieb er treu: Summer-Soundtrack, zu dem man sich am liebsten beim ersten Titel schon einen Schirmchencocktail an der Beachbar ordern und sich danach in den Pool begeben möchte. Um aufzuzeigen, welch künstlerischer Freigeist in Calvin Harris steckt, sieht man sich am besten einmal das Tracklisting des neuen Albums an. Hier wird schnell klar, wie sehr Harris den Fokus auf Kreativität in Sachen Kooperationspartner*innen gelegt hat. Hier das Tracklisting:

01 – Intro
02 – New Money | with 21 Savage
03 – Potion | with Dua Lipa & Young Thug
04 – Woman Of The Year | with Stefflon Don, Chlöe & Coi Leray
05 – Obsessed | with Charlie Puth & Shenseea
06 – New To You | with Normani, Tinashe & Offset
07 – Ready Or Not | with Busta Rhymes
08 – Stay With Me | with Justin Timberlake, Halsey & Pharrell Williams
09 – Stay With Me (Part 2) | with Justin Timberlake, Halsey & Pharrell Williams
10 – Somebody Else | with Jorja Smith & Lil Durk
11 – Nothing More To Say | with 6lack & Donae’o
12 – Live My Best Life | with Snoop Dogg & Latto
13 – Lean On Me | with Swae Lee
14 – Day One | with Pharrell Williams & Pusha T

 

Geht man in der Historie „etwas“ weiter zurück als bis zum 5. August dieses Jahres, so landet man recht schnell am Anfang der Karriere des heute 38-Jährigen. Noch bevor die großen Hits aufkamen, wie etwa „Acceptable in the 80’s“ oder gar Harris‘ bislang erfolgreichste Nummer „We found Love“, die zusammen mit Rihanna entstand, schmiedete er Songs in seinem heimischen Studio im Schlafzimmer. Damals wohnte Harris – wie eingangs erwähnt – noch bzw. wieder bei seinen Eltern in Schottland, feilte und tüftelte jedoch tagein, tagaus an seiner Karriere. Seine Ziele steckte er sich hoch und er ließ sich auch vom anfänglich ausbleibenden Erfolg nicht beirren oder gar aufhalten. Ein Ehrgeiz, der belohnt wurde. Denn spätestens mit dem Albumdebüt „I Created Disco“ schaffte es Calvin Harris in die Charts. In UK wurde das Werk sogar mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet, da es mit fast 235.000 Exemplaren die Marke von mindestens 100.000 verkauften Einheiten überstieg. Das 55-minütige Release, das damals noch bei Ministry of Sound herauskam, lässt sich in die Kategorie Elektro-Pop, Synthie-Pop, Electro-House einordnen. Ganz interessant an dieser Stelle: Das Erstlingswerk von Calvin Harris war eine reine Eigenproduktion. Lediglich das Mastering übernahm mit Guy Davie jemand anders. Aber Gastmusiker*innen? Gastsänger*innen? Fehlanzeige. Das Songwriting, der Gesang sowie die gesamte Produktion oblag Calvin Harris.

 

 

Nach Aufnahmen mit Kylie Minogue war eine der ersten Koops die mit dem Hip-Hop-Künstler Dizzee Rascal. Die Nummer „Dance With Me“ entstand. Erst als Akustikversion, später mit elektronischen Beats untermalt. Mit der Konsequenz: eine Reihe von Nominierungen, darunter bei den BRIT Awards sowie bei den NME Awards. Bei letzterer Veranstaltung gewann er sogar die Trophäe in der Kategorie „Best Dancefloor Filler“. Das war im Jahr 2008.

 

Nur ein Jahr später, 2009, folgte das Album-Release zur gleichnamigen Hit-Single: „Ready For The Weekend“, damals auf Columbia Records. Beziehungsweise auf Fly Eye, dem eigenen Label, das Calvin Harris zuvor unter Columbia gegründet hatte. Hier stieg der Anteil an Produktions- und Gastmusiker-/-sänger-Partner*innen dann an. Chrome, Snake Davis, Mark Irving und Izza Kizza waren unter anderem im Booklet aufgeführt, die maßgeblich an Musik und Musikinstrumenten beteiligt waren. Vielleicht ein Schlüsselmoment für Calvin Harris, auch künftig auf Gäste im Produktions-Line-up zu setzen. Sieht man sich das aktuelle Werk „Funk Wav Bounce Vol. 2“ an, so wird man feststellen, dass es keinen einzigen Track gibt, den Harris in kompletter Eigenregie umgesetzt hat.

 

Die Jahre vergingen, der Erfolg wurde groß und größer. Und mit zunehmender Zeit legte Calvin Harris den Fokus auf eine breitgefächerte musikalische Ausrichtung. Um die Laufbahn etwas besser einordnen zu können, sind folgend die bisher erschienenen Alben aufgelistet, sechs an der Zahl:

 

2007 – I Created Disco
2009 – Ready For The Weekend
2012 – 18 Months
2014 – Motion
2017 – Funk Wav Bounces Vol. 1
2022 – Funk Wav Bounces Vol. 2

 

Die erfolgreichste Nummer von Calvin Harris war „We Found Love“ in Zusammenarbeit mit Rihanna. Mehr als 13.500.000 verkaufte Singles weltweit. Platz 1 in Deutschland, der Schweiz, in UK und in den USA. Bis zu 62 Wochen hielt sich der Song in den Charts und kassierte insgesamt 42 Mal Platin ein. Allein zwei davon in Deutschland für mehr als 600.000 Verkäufe. Eine Erfolgsbilanz ist auch die Remix-Liste von Calvin Harris. So hüllte er unter anderem Tracks von Groove Armada, Primal Scream, Kaiser Chiefs, Shakira, David Guetta, Fatboy Slim und The Killers in ein neues Gewand.

 

Es ist womöglich genau jene Perfektion, die Calvin Harris an den Tag legt, die ihn zu so immens hohem Erfolg führte: die Auswahl an Gästen im Studio, die kreative Soundgestaltung, die einprägsamen Melodien und Texte sowie die vielfältige Ausrichtung der musikalischen Stile. Den fulminanten Beweis für diese aufgestellte These liefert zweifelsfrei das neue Album „Funk Wav Bounces Vol. 2“, mit dem Calvin Harris quasi den Soundtrack für die Sommerparty 2022 geschrieben und veröffentlicht hat.

www.calvinharris.com