Christian Gerlach – Analog und ehrlich

Christian Gerlach Analog und ehrlich
In den vergangenen Jahren konnte Christian Gerlach durch seine Aktivitäten im Nachtleben seinen Namen über die Stadtgrenzen seiner Heimat Koblenz erfolgreich hinaustragen. Seit nunmehr zwei Jahren ist der 26-Jährige, der bisher auf Labels wie Nonlinear-Systems und Modul veröffentlichte, Resident im UnterTage/ÜberTage Club, und seit Ende vergangenen Jahres auch im Artist-Roster der Agentur abstract vertreten. Mit Lanthan.audio startet der Rheinländer nun sein eigenes Imprint.

Eine Affinität zur Musik war bei Gerlach durchaus schon immer vorhanden. „Als Kind habe ich unglaublich viel klassische Musik gehört. In meiner Jugend ging ich als Punkrocker mit zerfetzter Kleidung zum Pogo tanzen. Kurz darauf hatte ein Freund zwei Plattenspieler und einen Mixer in seiner Wohnung – der Weg war geebnet. 2009 besuchte ich Danny Isola, er zeigte mir die Ostgut Ton 23 mit Edit Selects ‚Bauer‘ und Fakis ‚BX3‘. Ich würde sagen, dieser Tag war einer der einflussreichsten bis heute“. Im März 2013 eröffnete, im was das Nachtleben angeht eher beschauliche Koblenz, das UnterTage. „Roberto Bucci rief mich an. Man kenne sich und eine Grundsympathie war immer vorhanden. Er hatte den Auftrag von den Betreibern Mani & Pascal, sich die fünf ambitioniertesten Leute der Umgebung auszusuchen. Das ist als Vibe im Club auch spürbar. Ich höre oft, was wir für eine Außenwirkung haben, dass es einfach Spaß macht, uns zuzuschauen. Bei uns arbeiten die Chefetage, die Residents und das Barpersonal Hand in Hand. Monatliche Meetings lassen keinen Stillstand zu und fördern Weiterentwicklung. Inzwischen verbindet uns alle eine sehr enge Freundschaft. Wir fungieren als Einheit, so hab ich mir das immer vorgestellt, wenn ich an den Job eines Residents gedacht habe.“ Auch in Sachen Produktionen hatte Gerlach klare Vorstellungen, die er nun in seinem Studio verwirklicht. Analog und ehrlich, „so wie früher eben“ sollte es sein. Und so klingen auch seine Releases wie „Raw Episodes“ oder „Front“. „Als Schnittstelle eine Software, so variiere ich zwischen Synthesizern, Drumcomputern und eigenen Soundschnipseln. Wenn eine gewisse Basis steht, verlängere ich diese um die Zeit, die der Track benötigt. Den Rest arrangiere ich während einer Live-Aufnahme. Nachbearbeitung ist wichtig, aber ich möchte auch nicht, dass es zu makellos klingt. Von daher konzentriere ich mich auf Klang und Breaks. Derzeit arbeite ich an einer EP auf Sven Schallers Label Nonlinear-Systems.“
Sein neues Imprint Lanthan.audio hat Gerlach als eine Symbiose aus Kunst, Architektur und Musik geplant. „Das Gesamtprodukt ist mir sehr wichtig. Kunst definiert sich nicht nur durch Musik, sondern steht in stetigen Spannungsfeldern. Diese gilt es aufzubrechen, allerdings ohne den Bezug zueinander zu verlieren. Das beginnt bei den Releases und führt sich z.B. in Form einer Vernissage im kommenden Jahr fort. So beziehe ich Musik sowie Kunst von Personen meiner engen Entourage. Grundstein für die Artworks z.B. liefert ein Freund namens Paul Krause, der Fotograf ist. So hat es sich einfach nach und nach herauskristallisiert, mit wem ich zusammen arbeiten möchte. Enormes Potenzial liefern z.B. Obscure Shape, Escape to Mars, Acensor, die Sector-Residents aus Köln, Prieuré und Damiano Di Cagno. Vereint mit etablierteren Künstlern, ergibt es eine sehr effektive Mischung. Sehr stolz bin ich auf unser erstes Release, den Edit Select rausbringt inkl. Versionen von Mike Parker und Claudio PRC. Der Blick auf den weiteren Releaseplan verspricht ein spannendes Jahr.“
Bald stehen neben der Sommer-Saison im zum Resident-Club gehörenden ÜberTage, bei dem auch der Label-Launch gefeiert wird, Festivals im Kalender, u.a. Ruhr-in-Love und sein Debüt bei der NATURE ONE. / Rafael Da Cruz

Aus dem FAZEmag 039/05.2015
www.soundcloud.com/christian-gerlach