Christian Smith – Dem Chef vertrauen

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Inspiriert von den frühen Technojahren in Frankfurt, ist Christian Smith seit den 90er- Jahren als DJ und Produzent tätig und außer dem Chef des Labels Tronic, das gerade sein 100. Release feiert. Jetzt erscheint im April sein neues Album „Omakase“, natürlich ebenfalls auf Tronic.

Diesen Monat erscheint – zehn Jahre nach deinem Debüt – dein neues Album “Omakase”. Wie entstand der Titel, und was inspirierte dich für die Produktion?

Ich habe mich entschlossen ein neues Album zu machen, weil es Spaß macht und zur gleichen Zeit fordernd ist. Es ist relativ einfach, normale Singles zu machen, aber ein richtiges Album erfordert sehr viele Gedanken und viel Zeit. Was den Titel anbetrifft: Ich bin ein großer Feinschmecker. Seit über zehn Jahren toure ich durch die Welt und habe mich an viele verschiedene Kochkünste gewöhnt und meinen Geschmack entwickelt. Eines der Highlights für mich sind jedes Jahr meine Auftritte in Japan, ich liebe einfach die Kultur und die Obsession für Essen. Omakase bedeutet „Anvertrauen“ auf Japanisch, wenn man also in ein Restaurant geht und das Omakase-Menü bestellt, heißt das, dass man bekommt, was auch immer gerade frisch ist und der Chefkoch für richtig empfindet. Du vertraust dem Koch.

Hast du die vergangenen Jahre immer wieder an dem Album gearbeitet, oder wie bist du an die Produktion herangegangen?

Nach einem meiner Gigs im letzten Jahr bei „Enter“ für Richie Hawtin auf Ibiza entschied ich, dass es an der Zeit sei, ein weiteres Album zu produzieren und zurück zu meinen Wurzeln zu kehren: Techno. Nach der Sommersaison habe ich einige Wochen sehr konzentriert und produktiv im Studio verbracht und es geschafft, das Album fertig zu stellen.

Wie arbeitest du im Studio selbst? Lässt du dich treiben oder weißt du vorab genau, was du willst?

Ich bin sehr konzentriert im Studio. Ich mag es nicht, Zeit zu verschwenden, außer für Mittag- oder Abendessen. Wenn ich arbeite, dann üblicherweise in Zwölf-Stunden-Sessions, und in den meisten Fällen fertige ich einen Track pro Session. Ich arbeite außerdem immer am Tag. Früher habe ich auch viel nachts gearbeitet, aber ich finde, dass ich tagsüber sehr viel konzentrierter und kreativer  bin. Zusätzlich ist es nicht sonderlich gesund die jede Nacht wach zu sein, ich mache das schon jedes Wochenende für meine Auftritte. (lacht)

Dein Album ist toll geworden, “Transition” und “Indulge Me” sind echte Highlights. Wie ist überhaupt deine Liebe zur elektronischen Musik entstanden, wie hast du deinen Style entwickelt?

Vielen Dank! Ich habe schon immer House- und Technomusik geliebt und bin kein Purist. Wenn ich also an meiner Musik arbeite, starte ich ohne Vorurteile und bin sehr aufge schlossen. Ich habe in vielen Ländern gelebt in den letzten 15 Jahren, und der größte Vorteil als internationaler DJ ist, dass ich so gut wie überall leben kann, wo immer ich will. Ich habe dies genutzt und wohnte in New York, Barcelona, Sao Paulo, London und Mallorca. Da ich in verschiedenen Ländern gelebt habe, lernte ich viel von diesen Kulturen und ihren Musikszenen kennen, besonders in meinen sechs Jahren in New York. Dort hörte ich faszinierende Musik von Deep House über Soul bis Techno. Wie alles begann? Als ich circa zehn Jahre alt war, habe ich in Frankfurt gelebt. Mein Vater war damals Pilot bei der Lufthansa, und ich habe noch einen älteren Bruder und eine Schwester. Sie waren oft im Dorian Gray. Die beiden haben es häufig geschafft, Mixtapes von den Partys mitzubringen. Das war ungefähr 1982 bis 1985. Ich habe diese Tapes geliebt und sie hunderte Male angehört. Damals spielten DJs wie Bijan Blum und der junge Sven Väth alles an Disco, frühem Electro und New Wave. Diese Mixtapes beeinflussten meinen Musikgeschmack für die Zukunft. In den späten 80ern und frühen 90ern fing ich selbst an, ins Dorian Gray, Omen und andere Clubs zu gehen und war mir sicher, dass ich Musik zu meinem Beruf machen will.

Neben dem Album hast du einige andere Dinge in der jüngeren Vergangenheit veröffentlicht. Welche Bedeutung hatte für dich z.B. das “House This House”-Release auf Richie Hawtins Label Plus 8?

Richie Hawtin und ich sind seit über zehn Jahren befreundet, die Technowelt ist eigentlich ziemlich klein und wir kennen uns alle. Er fragte mich mehrere Male nach Tracks für seine Labels, und letztes Jahr habe ich dann schließlich die Zeit und die Energie gefunden, ihm einige Songs für Plus 8 zu machen. Es war schon immer eins meiner persönlichen Ziele, einen Release auf Plus 8 zu haben, weil ich Richie und sein Label sehr respektiere. Ich würde sagen, dass Plus 8 vermutlich das wichtigste Label für Techno ist, das noch existiert.

Inzwischen bist du also wieder in Europa, genauer: Mallorca. Ist es die dortige Ruhe, die du bei deinem überfüllten Tourkalender so zu schätzen weißt?

Ja, ich bin nach Mallorca gezogen, weil es hübsch und sauber ist, es gibt großartiges Essen und einen guten Flughafen. Die wirklich geschäftigen Monate für Touristen sind Juli und August und in diesen Monaten spiele ich selbst ungefähr zwölf bis vierzehn Auftritte im Monat, also bin ich selbst beschäftigt und habe kaum Zeit, von den Touristen genervt zu sein. Ich liebe die Insel, vor allem in den Wintermonaten. Im Moment bin ich sehr zufrieden mit meinem Leben dort und denke, dass ich einige Zeit noch bleiben werde. Es ist sehr einfach, komplett Europa von dort aus zu erreichen, und es gibt mir die Balance, die ich für meinen hektischen und umtreibigen Lebenstil benötige. Außerdem haben die Deutschen eigentlich einen sehr positiven Einfluss auf die Insel gehabt. Sachen funktionieren hier. Es ist viel effizienter als zum Beispiel Barcelona. Ich habe sogar eine 100MBit Internetverbindung!

Wird es eine Tour zu “Omakase” geben?

Ja, natürlich. Ich werde eine ausgiebige Tour in den nächsten drei bis vier Monaten zur Unterstützung des Albums machen. Aber um ehrlich zu sein, ich bin sowieso immer auf Tour, so wie jeder andere in dem Business auch. Nun wird die Tour aber einen Namen haben. (lacht)

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