In der Berliner Kulturszene sorgt ein Mietvertrag für Spannungen: Die landeseigene Immobiliengesellschaft BIM hat die „Alte Münze“ in Mitte für drei Jahrzehnte an die Spreewerkstätten GmbH vermietet – einen Clubbetreiber, der sich bereits in der Vergangenheit dort engagierte.
Linke und Grüne kritisieren die mangelnde Transparenz und fordern Details zu den Vertragskonditionen. Der Mietvertrag umfasst 12.400 von insgesamt rund 15.000 Quadratmetern Nutzfläche im historischen Gebäudekomplex zwischen Leipziger Straße und Spree.
Die jährliche Miete beträgt 240.000 Euro – deutlich unter dem von der BIM ermittelten Marktwert von 350.000 Euro. Damit wird die Immobilie offiziell unter Marktpreis vergeben, was der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses aus politischen Gründen genehmigen musste.
Brisant: Viele Details bleiben geheim. Die Vorlage wurde trotz dieser Intransparenz von den Regierungsfraktionen CDU und SPD abgesegnet. Die Opposition kritisiert das scharf. Der Linken-Haushaltspolitiker Steffen Zillich fordert:
„Wenn das ein so tolles Modell ist, können sie doch die Konditionen nennen.“ Er sieht Klärungsbedarf bei der künftigen Nutzung und der Kontrolle über kreative Inhalte.
Zentrale Frage der Kritiker ist, ob es ein öffentlich überprüfbares Konzept für die kulturelle Nutzung gibt. Der Mietvertrag schließt zwar eine Weitervermietung an Dritte aus, enthält aber keine klare Regelung zur Kuratierung.
Zwar sollen weiterhin Akteure der freien Szene zu ermäßigten Preisen aufgenommen werden – doch wie diese Auswahl erfolgt, bleibt unklar. Genau hier sehen Linke und Grüne ein demokratietheoretisches Problem.
Ein Pluspunkt aus Sicht des Senats: Die Spreewerkstätten investieren selbst. Bereits zuvor flossen Millionen Euro in Sanierungen. Nun sind weitere Investitionen in Höhe von 23,5 Millionen Euro zugesagt.
Damit reduziert sich der öffentliche Finanzierungsanteil für die Instandsetzung auf 32,8 Millionen Euro. Der Großteil der Kosten – 27,5 Millionen – wird durch den Mieter gedeckt. Das Geld stammt aus dem Sonderfonds Siwa, nicht aus dem regulären Haushalt.
Der Konflikt ist nicht neu. Die Nutzung der Alten Münze war über Jahre politisch umkämpft. Ein „House of Jazz“ war geplant, scheiterte jedoch an der Finanzierung – auch unter dem früheren linken Kultursenator Klaus Lederer (FAZEmag berichtete).
CDU-Finanzpolitiker Christian Goiny betont, dass mit dem jetzigen Modell ein Durchbruch gelungen sei: „Es ist ein großer Erfolg, dass es nun endlich vorangeht.“ Für Goiny ist die jetzige Lösung Teil einer größeren Strategie, die auf private Beteiligung setzt.
Bereits 2012 wurden mit der „neuen Liegenschaftspolitik“ Subkultur-Standorte wie der Holzmarkt und der Yaam-Club dauerhaft gesichert. Die Alte Münze vervollständigt nun dieses Trio.
Das neue Konzept vereint Kultur, Club, Gastronomie und Events – mit privatem Engagement als Stütze. Laut Goiny ist Misstrauen gegenüber den Spreewerkstätten unbegründet. Er verweist auf erfolgreiche Modelle wie den Tresor im alten Kraftwerk Mitte, wo der Techno-Pionier Dimitri Hegemann zeigt, wie Subkultur und Wirtschaftlichkeit zusammengehen können.
Trotz der Kritik steht fest: Mit dem langfristigen Mietvertrag ist einer der wichtigsten Kulturorte Berlins langfristig gesichert. Die politische Debatte zeigt jedoch, wie unterschiedlich die Vorstellungen darüber sind, wie kulturelle Orte verwaltet und entwickelt werden sollen – und wie viel Einfluss die Öffentlichkeit dabei behalten muss.
Quelle: Morgenpost
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