Daox – im Interview mit DJ und Moga-Mitbegründer

Daox. Picture taken by Yasmine Hatimi

Der aus Casablanca stammende Daox ist in marokkanischen Kreisen einer, der die Szene im Land nicht nur maßgeblich beeinflusst sondern nach wie vor vorantreibt. Internationales Echo gelingt ihm nicht zuletzt durch das 2016 ins Leben gerufene Moga Festival, dass mittlerweile nicht nur in Essaouira sondern auch an der Costa da Caparica vor den Toren Lissabons beheimatet ist. Abdeslam Alaoui, wie Daox mit bürgerlichem Namen heißt, stand uns während unserer Reise zur diesjährigen Ausgabe des Moga-Festivals in Essaouira Rede und Antwort.

Abdeslam, wie bist zur Musik gekommen?

Mein Vater liebte Musik und ging auf unzählige Konzerte, dementsprechend kam auch ich recht früh mit Musik in Berührung. Ich erinnere mich, mit acht oder neun Jahren ein Musikvideo von Ken Ishii zu sehen. Es hat mich gefesselt und ich habe Jahre damit verbracht, einzelne Tracks wiederzufinden, an die ich immer wieder denken musste. Aufzulegen habe ich ungefähr 2004, als hier in Marokko Psy-Trance eine riesige Nummer war. Es gab bzw. gibt enorme Festivals in dem Genre wie „Rythm Of Peace“ oder „Transahara, wo ich 2005 und 2006 gespielt habe. Ein paar Jahre später, um 2009 herum, habe ich in Casablanca angefangen, Events zu organisieren. Später dann auch in Marrakesch. Irgendwann erlangte ich einen gewissen Rhythmus, sodass ich mindestens ein Wochenende pro Monat eigene Events in beiden Städten hatte. Wir hatten dabei sowohl nationale als auch internationale Gäste vor Ort, unter anderem Shaun Reeves, DJ Tennis und mehr.

Wie ging es dann für dich weiter?

Irgendwann hatte ich das Angebot, Art Director vom damaligen Pacha in Marrakesch zu werden. Der Club galt hier in Marokko als sehr posh und spielte dementsprechend recht kommerzielle Musik, im Gegensatz zu den bekannten Clubs auf Ibiza oder in Barcelona. Irgendwann gingen die Besucherzahlen so stark zurück, dass sie nach neuem Personal gesucht haben, um gewisse Stellschrauben zu verändern. Wir fingen also bei Null an und kreierten eine völlig neue Identität. Wir organisierten Nächte mit Life & Death und verschiedenen anderen Label und Kollektiven. Dennoch habe ich in all der Zeit keine Passion zu diesem Club entwickeln können, sodass ich einige Monate später die Zusammenarbeit beendet habe. Ich suchte nach einem neuen Projekt, bei dem ich wieder mit Leidenschaft agieren konnte. Ich hatte mit zwei Freunden aus Berlin die Idee, einige recht undergroundige Künstler nach Marokko zu bringen und mit lokalen Musikern zu connecten. Das war zum einen Floating Points, Vessel, Biosphere und James Holden. Gemeinsam mit den lokalen Gnawa-Acts Mahmoud Guinia & Maâlem Mohamed Kouyou gab es dann den ersten Boiler Room-Stream aus Marrakesch. Im Anschluss ging ich für ein Jahr nach Montreal, ehe ich zurück nach Marokko kam. Ein paar Jungs schrieben mich an und fragten, ob ich nicht wieder Lust hätte, etwas zu organisieren. So ist das Moga Festival entstanden.

Die erste Ausgaben Moga fand 2016 statt, damals noch in einem verlassenen Hotel.

In der Tat, es waren verrückte Zeiten. Aber seit 2016 haben wir fantastische Beziehungen und sogar Freundschaften zu Künstlern aufbauen können, die uns seitdem Treu geblieben sind. Unter anderem deswegen, finde ich den Vibe und die Energie auf diesem Festival so besonders, weil es noch immer, nach all den Jahren, etwas so familiäres und intimes hat. Wir lernen von Jahr zu Jahr dazu und entwickeln und stetig weiter, das merkte man auch in diesem Jahr, wo wir erstmals fünf Stages hatten in Essaouira. Es ist uns wichtig, dass quasi die Hälfte des Line-ups aus Marokko kommen und diese Acts nicht wahllos an die kleinsten Stages verteilt werden sondern gute Playtimes bekommen, um sich präsentieren zu können. Wir legen immer mehr Wert auf Live-Acts und auch organischer Musik. Genau so ist es uns wichtig, unsere Kultur und ihre Menschen einzubinden. Genau deshalb gab es in diesem Jahr so viele Aktivitäten in der Medina von Essaouira.

Wie habt ihr die Pandemie rund um Covid-19 verbracht?

Die Edition in 2019 war für uns ein riesiger Erfolg. Wir starteten unmittelbar im Anschluss mit den Planungen für 2020. Als das Virus dann im Frühjahr 2020 ausbrach, war niemandem klar, wie lange das Thema uns begleiten würde. Wir steckten inmitten der Planungen für das Festival und hangelten uns von Woche zu Woche, bis uns klar wurde, dass es in dem Jahr absolut keine Chance gab, ein Festival auszurichten. Also haben wir uns auf 2021 fokussiert und festgestellt, dass sich die Situation in Europa recht schnell verbesserte. Zeitgleich bekamen wir in Marokko die Information, dass auch 2021 kein Festival möglich sein wird. Somit haben wir umgeplant und die erste Ausgabe in Portugal ins Auge gefasst. Für uns ist dieser Schritt eine logische Konsequenz. Marokko und Portugal verbindet sehr viel, genau so wie Essaouira und Lissabon. Binnen weniger Wochen haben wir das Event announced und am wundervollen Strand von Caparica gefeiert. Es war ein wahnsinniges Gefühl.

Ein ebenfalls wahnsinniges Gefühl muss das diesjährige Comeback nach Essaouira gewesen sein.

In der Tat, das war unglaublich. Wir haben fast drei Jahre an dieser Ausgabe gearbeitet und konnten es einfach nicht mehr abwarten, dass es los ging. Die Planungen haben sich permanent verändert, weil uns ständig neue Ideen kamen und Künstler, die vor drei Jahren noch riesig waren, plötzlich an Relevanz verloren hatten und damals noch kleine Acts auf einmal zu richtigen Headline avanciert sind. Es hat sich so viel verändert und wir haben unsere Heimat so sehr vermisst, dass es klar war, dass wir mit einem Knall zurück kommen mussten. Und wie fantastisch waren die ganzen Acts und die Stimmung bitte? Sei es bei der Kollaboration zwischen Moullinex und den Acts aus Marokko oder bei meinem persönlichen Favorites DJ Python und Soichi Terada live. In unseren Augen gehört uns das Festival nicht sondern dem Publikum, der Stadt und allen, die es gut mit uns meinen. Wir versuchen stets, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen und dabei alle Meinungen und Interessen unter einen Hut zu bekommen. Wir haben nicht viel geschlafen in den letzten Wochen aber umso glücklicher sind wir mit dem Ergebnis. Es fühlte sich an, als wenn die gesamte Stadt im Moga-Vibe war. Und das erfüllt uns so sehr. Es war immer unser Anspruch, das musikalische Erbe und die Tradition dieser Region einzubinden. Und ich glaube, das haben wir in diesem Jahr besonders gut geschafft.

Welche Pläne gibt es für die Zukunft? Sowohl für dich als auch für Moga?

Ich habe in diesem Jahr unglaublich viel gespielt. So viel, dass ich schon fast überlege, im nächsten Jahr einen Gang zurück zu schalten. Ich bin in viele verschiedene Länder gereist, teilweise zum ersten Mal. Das war extrem schön, dennoch möchte ich mich in den nächsten Wochen mehr auf meine eigene Musik und die Produktionen konzentrieren. Es sind einige Projekte, darunter mit portugiesischen Musikern geplant. Auch planen wir, Moga in ein drittes Land zu bringen. Für jetzt muss die Destination aber noch geheim bleiben. Wir freuen uns jetzt erstmal auf die kommende Ausgabe in Portugal, die vom 1. bis zum 4. Juni 2023 stattfinden wird. Dort möchten wir das Event nach zwei Ausgaben auf das nächste Level heben.

Tickets für das nächste Moga Festival in Portugal (1. bis 4. Juni 2023) sind auf www.mogafestival.com erhältlich.