Dapayk & VARS – Kontraste

Mit Projekten wie Dapayk Solo, Dapayk & Padberg, Marek Bois und zahlreichen Remixen für namhafte Künstlerkollegen zählt Niklas Worgt seit nunmehr fast zwei Dekaden zum Innercircle einflussreicher Impulsgeber der europäischen Technoszene. Mit dem in Berlin ansässigen Timo Mitsch alias VARS veröffentlicht er nun das Debüt-Album „Streets & Bridges“ als Dapayk & VARS. Das Duo changiert zwischen Deep House, Minimal Electro und Pop und setzt gekonnt VARS‘ Vocals ein, die dem Ganzen eine besondere Tiefe und Melodiösität verleihen. Die beiden Künstler kommen aus gänzlich verschiedenen musikalischen Lagern – so steht schon der Titel des Albums als Metapher für das Verbinden von Gegensätzen. Das Werk mit insgesamt neun Titeln erscheint am 5. Juli auf Ritter Butzke Studio. Ein Interview.

 

Niklas, Timo, Glückwunsch zum gemeinsamen Album! Wie lange habt ihr daran geschraubt?

Niklas: Vielen Dank! Die eigentliche Produktion lief etwa ein halbes Jahr, mal mehr, mal weniger intensiv.

Gehen wir ein paar Schritte zurück. Wie habt ihr euch kennengelernt und dann entschieden, gemeinsam Musik zu machen?

Timo: Bei einer Veranstaltung, bei der ich eine Residency habe, lernten wir uns beim Artist-Dinner kennen. Danach habe ich Niklas ganz oldschool eine CD mit ca. zwölf Demo-Tracks mitgegeben. Wir hielten anschließend Kontakt und daraus ergab sich dann mein erstes Release „See The Sunset“ auf Niklas’ Label. Später lieferte ich die Vocals zum Track „After All“ auf Niklas’ letztem Album und da kam dann die Idee, das weiter zu verfolgen bzw. zu intensivieren. Zumal die Vorstellung, unsere Musik zu mischen, für uns beide sehr vielversprechend war.

Timo, welchen musikalischen Werdegang hattest du bislang?

Timo: Ich habe zehn Jahre Schlagzeug in einem Orchester gespielt und parallel immer eigene Musik gemacht. Zuerst mit Gitarre und Gesang, seit zehn Jahren nun elektronische Musik. Dabei habe ich mich interessehalber ganz wild durch Genres durchprobiert und nun irgendwie zu meinem eher ruhigen Sound gefunden. Parallel zu VARS produziere ich zurzeit als Krønzeuge eher düsteren Deep House. Seit 2010 lege ich auf oder spiele live.

Niklas, du bist als Studio-Wizard hinlänglich bekannt und hast schon mit zahlreichen Leuten gearbeitet. Wie war es für dich, mit Timo zu arbeiten, deinen Sound an Timos anzupassen und darüber hinaus noch seine Vocals zu integrieren?

Niklas: Ich habe seine Sachen ausarrangiert und ergänzt. Wenn eine Grundidee zu einem Track von mir kam, hat er dann ergänzt – mal mit Vocals, mal mit Synth-Spuren. Das Ganze war also ein ziemliches Hin- und Herspielen von Ideen, die am Ende dann das große Ganze ergeben haben.

Stilistisch gesehen kommt ihr beide aus sehr konträren Lagern. War genau das der Reiz an der Angelegenheit?

Niklas: Als Timo seine ersten Demos geschickt hat, war schnell klar, dass seine Stärke in den Melodien liegt. Ich versuchte, ihn zu ermutigen, weniger mit dem Club im Hinterkopf zu produzieren und mehr in die Listening-Richtung zu gehen. Nach der Zusammenarbeit bei „After All“ war mir klar, dass aus der Kombination seiner meist melancholischen Ansätze und meiner Vorstellung von Clubsound etwas Neues entstehen könnte.

Wie verlief dann eure Arbeit im Studio? Gab es Herausforderungen?

Niklas: Wir sind beide eher Schrauber, die für sich an neuen Sachen bauen. Deshalb haben wir uns die Soundfiles eher zugeschoben und der andere hat daran dann weitergearbeitet. Wir trafen uns dann ein- bis zweimal pro Woche, um abzustimmen, in welche Richtung es weiterlaufen soll. Bei der Gelegenheit haben wir Timos Vocals dann im Studio neu aufgenommen. Das Ganze lief ziemlich reibungslos – wenn eine Idee beim anderen nicht zündete, flog der Titel raus oder wurde umgearbeitet. So kam es, dass es von „Follow The Light“ am Ende fünf Versionen gab. Timo fand meinen Ansatz am Anfang zu poppig. Ich muss gestehen, er hatte recht. Im ersten Entwurf hätte der Titel nicht auf das Album gepasst. Also hieß es rumprobieren, bis wir beide happy waren.

Mit dem Titel verbindet ihr sozusagen verschiedene musikalische Lager und Knotenpunkte, aber auch das Thema Entfremdung wird angeschnitten. Erzählt uns mehr darüber.

Timo: In Bezug auf Entfremdung geht es eher darum, dass man sich heute einfach immer zu viel offenhält. Die Kurzlebigkeit in der Musik, aber auch in vielen anderen Momenten im Leben. Im Track „Fire“ stehen die Bäume für etwas, dass man sich erarbeiten muss oder erarbeitet hat. Bäume brauchen Zeit zum Wachsen. Oder man pflanzt einen neuen Baum und wartet ab, ob der wohl schneller wächst. So deep. (lacht)

Das Werk erscheint auf Ritter Butzke Studio. Wie kam es dazu?

Niklas: Ich spiele solo schon eine Weile regelmäßig im Ritter Butzke. Ich mag den Laden und die Crew und so war es naheliegend, mit einem neuen Projekt einfach mal beim Label Ritter Butzke Studio anzufragen.

Mit dem Track „Fire“, der gerade schon angesprochen wurde, ist die erste Single bereits erschienen. Welche weiteren Pläne habt ihr mit dem Album? Einige gemeinsame Shows stehen ja bereits.

Timo: Genau. „Fire“ spiegelt ein bisschen unsere Aufbruchsstimmung wider. Wir spielen die nächste Zeit gemeinsame Gigs, worauf wir uns auch schon sehr freuen. Dann kommen noch weitere Singles auf Ritter Butzke Studio und Niklas’ neuem Label Sonderling Berlin.

Niklas: Und für den Herbst planen wir gerade eine gemeinsame Clubtour.

Was steht bei euch beiden – gerne auch fernab dieses Projektes – für das restliche Jahr an?

Timo: Also, für meinen Teil stehen dieses Jahr noch ein, zwei Releases als VARS und auch noch ein bisschen was als Krønzeuge an. Zudem spiele ich noch einige Solo-Shows.

Niklas: Ich werde weiter als Dapayk solo veröffentlichen, aber nun auch als Niklas Worgt. Dann aber eher Downbeat-Electronica. Nebenbei arbeite ich mit meiner Frau Eva an einer neuen Dapayk-&-Padberg-Single, die dann auf meinem neuen Label Fruehling erscheinen wird, seines Zeichens Sublabel von Sonderling Records, genauso wie Sonderling Berlin.

 

Aus dem FAZEmag 089/07.2019
Text: Triple P