Doch, die gibt es auch noch. Und das ist gut so. Denn bei aller Rückbesinnung auf die Vorzüge des Auflegens mit einem Standalone-Mediaplayer haben sie immer noch Ihre Berechtigung: Single-Controller. Sei es, weil sie mehr noch als platz- und kostensparende Doppeldecker mit integriertem Mixer das großflächige Vinyl-Feeling vermitteln. Oder weil man nur einen dieser Einteiler als Erweiterung benötigt. Mit dem LC6000 bietet Denon DJ einen neuen Single-Vertreter an. Breit aufgestellt ist die Konkurrenz in dieser Kategorie übrigens nicht mehr: Genau genommen gibt es als Neuheit nur noch den motorisierten Top-Vertreter Rane One.
SC-Mimikry
Im grundsätzlichen Design und auch bei der Grundfläche gleicht der LC einem SC6000 Prime Mediaplayer (Test FAZEmag März 2021). Er ist mit seinen knapp 35,9 x 31,9 Zentimeter also nicht gerade klein geraten, erfüllt aber damit aber eben genau das, was die Interessenten erwarten: Viel Arbeitsfreiraum, fette Knöpfe im großen Abstand und ein riesiges Jogwheel. An der oberen Flanke wirkt das Gerät im Vergleich zum SC jedoch seltsam amputiert. Denn hier fehlt ein wie auch immer geartetes (Touch) Display. Aber wofür auch? Den visuellen Part übernimmt, wie bei den meisten Doppelcontrollern, der Computerbildschirm. Dennoch ist frappierend, wie man die vor knapp sieben Jahren eingeführte Neuerung touchfähiger Tool-Displays heute als Selbstverständlichkeit betrachtet. An die Stelle des Screens wurde im angewinkelten Reststummel sinnvollerweise ein 130 mm langer Needle Drop-Streifen eingelassen. Da aufgrund seiner reinen Controllerneben dem Display auch vieles andere an interner SC-Technik nicht verbaut werden musste, konnte ebenso das Gewicht um ziemlich genau die Hälfte auf 2,8 Kilogramm gesenkt werden. Eingespart wurden logischerweise alle Anschlüsse für Audio und USB- sowie SD-Speichermedien. Gleichfalls weggefallen ist eine Netzwerk-Link-Buchse. Verblieben ist lediglich ein Port: Der USB Typ B für den Anschluss eines Rechners oder anderen Hardware-Tools, darunter besagter SC6000(M) und SC5000(M). Um ihn Spannung versorgen, reicht im Regelfall die USB-Power. Dennoch verfügt er zusätzlich über einen Netzteilanschluss, falls der Saft des Rechners, Tablets oder einer verkoppelten Hardware nicht ausreicht. Das passende Netzteil ist erfreulicherweise im Lieferumfang enthalten.
Die Verarbeitungsqualität auch dieses Neulings ist so, wie man es von den Japanern gewohnt ist: bis ins Detail hochwertig, dabei ebenso stoß- wie feuchtigkeitsfest. Dem neuen 6000er folgend, arbeitet man auf einer gebürsteten Aluminium-Oberfläche mit hartgummierten Buttons inklusive des angenehm gnuckenden Druckpunkts. Ebenfalls entspricht die Beleuchtung dem Understatement der neuen SC-Klasse und erfolgt hintergründig über transparente Steife, Rahmen und Schriften, die entsprechend ihrer jeweiligen Funktionalität farblich unterschiedlich codiert sind. Auf dicke rutschfeste Füße gestellt, ergibt sich durch die Höhe von rund 12 Zentimeter eine einheitliche Arbeitshöhe mit nahezu allen gängigen Mixern, Mediaplayern und Turntables.
Meister oder Sklave?
Das Bedienlayout mit seinen Funktionen hinterlässt bei Single-Player erfahrenen DJs keinerlei offene Fragen. Links unten befinden sich der große Start/Pause- und Main-Cue-Knöpfe, darüber Beat Jump- und Track-Buttons gefolgt vom Censor/Reverse-Switch, um die Spielrichtung umzukehren. Ebenfalls integriert ist die SC-Loop-Sektion oben links, innerhalb der über einen Push-Encoder sowohl automatisch als auch manuell eingegrenzte Schleifen erzeugt werden können. Weitere Funktionen auf der rechten Seite sind der aktivierbare Vinyl-Mode z. B. für Scratch-Moves, ein amtlicher 100-Millimeter-Pichtfader ohne Einrastpunkt, dafür aber mit Pitch-Bend-Tasten und Key-Lock sowie einem aktivierbaren Slip-Mode. Der LC kann dabei zum einen die Rolle des Masters übernehmen, was bedeutet, dass ihm (bzw. seinem zugeordneten Deck) alle anderen virtuellen oder realen Decks im Tempo folgen. Oder er befindet sich zum anderen im Sync-Betrieb und übernimmt dann die Geschwindigkeit des als Master definierten Decks. Die Pitchfader aller Sync-Player sind dann außer Kraft gesetzt. Die dritte Spielbetrieb-Option ist dann noch „off“, wodurch der LC völlig unabhängig agiert. Über den Shift-Button oberhalb der Performance-Sektion erreicht man schließlich einige, bereits vom Mediaplayer bekannte Funktionen in zweiter Ebene. So lassen sich beispielsweise die festlegten Loop-Ausschnitte verschieben und der Pitch-Wert ad hoc auf null Prozent zurücksetzen. Am Wichtigsten ist aber wohl die Unterfunktion des Slip-Mode. Denn darüber kann eingestellt werden, auf welches der maximal vier virtuellen Deck der Controller zugreift. Dazu aktiviert man einfach eines der ersten vier Performance-Pads.
Kissenschlacht & Drehrad
Bleiben wir gleich bei den insgesamt acht Performace-Pads. Auch deren Handhabung und Funktionen unterscheiden sich nicht vom vollausgestatteten SC-Modell. Im Hot-Cue-Modus können bis zu acht Startpunkte definiert und abgelegt werden, im Loop-Modus sind es bis zu acht automatisch oder von Hand eingerichtete Schleifen und im Falle der Betriebsart Roll lassen sich schließlich Stakkato-Wirbel in acht Längen von 1/8- bis 2/1-Beats auslösen. Die Track-Timeline wird während des Abfeuerns übrigens fortgesetzt, was in der unteren Hälfte des Wellenform-Displays auf dem Laptop-Monitor zu erkennen ist. Fehlt noch der Slice-Mode, welcher einen bestimmten Trackabschnitt in acht Teile zerstückelt, die dann separat abgerufen werden können. Von Hause aus ist der LC6000 natürlich auf die hauseigene Engine Prime Software ausgerichtet. Und das Zusammenspiel funktioniert sofort nach Start der Software und des Gerätes absolut tadellos – inklusive der Synchronisierung der Farben beispielsweise beim Leuchtring des Jogwheels. Das drucksensitive Jogwheel selbst gibt mit seinem 21,6 Zentimeter großen Durchmesser ebenfalls keinen Anlass zur Kritik. Es folgt im Drehverhalten gängigem Standard und lässt sich im Widerstand stufenlos anpassen, auch wenn eine motorisierte Platter-Ausführung vom Feeling (und Preis) natürlich noch mal eine ganz andere Nummer wäre. Aber die gibt es beim LC6000 im Gegensatz zum SC6000 bislang nicht. Einen dicken Pluspunkt heimst das Wheel allerdings für das integrierte Display ein. Wurde bei den Trackfiles ein Albumcover hinterlegt, wird es hier angezeigt. Hinzu kommen im segmentierten Ring die virtuelle Nadelposition des gespielten Titels sowie ggf. ein Slip-Marker und der Umfang eines Auto-Loops. Um einen bestimmten Punkt innerhalb eines Tracks anzusteuern, ist der oben angesetzte Needle Drop Strip ein akzeptabler Touchscreen-Ersatz. Die Breite des Sensorstreifens repräsentiert dabei jeweils die gesamte Titellänge. Um den gewünschten Trackpunkt anzusteuern, legt man schätzend seinen Finger auf den Drop Strip und steuert mit dem Jogwheel noch ein bisschen nach – das klappt wirklich wunderbar.
Software & Sidekick
Abgesehen von Denon Engine Prime unterstützen auch andere DJ-Applikationen den LC6000 Prime. Allen voran Serato DJ Pro, aber auch Virtual DJ und Algoriddim DJay. Die Einrichtung des Controllers erfolgt ist dabei selbsterklärend und erfolgt selbstständig – man wählt in der entsprechenden Software einfach den LC „new detected device“ an und weist ihm eines von vier virtuellen Decks zu. Sobald der Jogwheel-Leuchtring die Grundfarbe des Decks übernommen hat, weiß man: s‘läuft! Da der LC kein internes Audio-Interface besitzt, muss man diese im Einzelfall separat ergänzen, um professionell arbeiten zu können. Ebenso ist es logisch, dass die Ab-Werk-Funktionszuweisung leicht abweicht, sobald man eine andere Software als Engine Prime nutzt. Das betrifft am Auffälligsten die Performance Pads – in Kombination mit Serato lassen sich darüber beispielsweise Sonderfunktionen wie Pitch Play sowie der Sampler steuern oder in Virtual DJ die Stems-Funktionen. Was den dicken Denon-Controller aber wirklich herausragend macht, ist neben der obligatorischen Software-Steuerungsfunktion die Option, auf den zweiten Layer einer anderen SC-Hardware zuzugreifen. Dazu verbindet man einfach den LC mittels USB-Kabel direkt mit einem SC5000(M) oder SC6000(M), woraufhin dessen Track in zweiter Ebene auf den Controller ausgelagert und dort komfortabel mit dem vollen Funktionsumfang bearbeitet werden kann. Diese Idee einer flexiblen Sidekick-Erweiterung ist ebenso einzigartig wie genial, zumal man sich so die Investition in einen zweiten SC spart. Hinterhergeworfen bekommt man den Controller aber auch nicht. Immerhin knapp 840 EUR UVP ruft der Hersteller für den LC6000 Prime ab.
Aus dem FAZEmag 113/07.21
www.denondj.com