Der Dritte Raum – Ein Album für die Freunde

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Nach seinem unaussprechlichen Album „Aydszieyalaidnem“, das im letzten Jahr erschien, ist Andreas Krüger schon mit einem frischen Longplayer zurück. „Electric Friends“ erscheint diesen Monat und präsentiert sich mit einem frischen, bunten Cover, das zur momentanen Frühlingsstimmung passt wie die Faust aufs Auge. Es ist außerdem sein 16. Album und bereits das elfte als Der Dritte Raum. Wir haben uns mit dem Pionier über sein neues Werk unterhalten.

„Electric Friends“ wird als eine Art Flashback angepriesen. Ein Album, das uns trotz der Modernität an die Ursprünge des Techno führt. Was hat dich zu diesen zwölf Nummern inspiriert?

Die Zeit war reif für etwas Neues, denn in den vergangenen Monaten hatte sich wieder eine ganze Menge an Tracks angesammelt. Und abgesehen von der Gesamtidee, die meiner Meinung nach hinter einem Album steht – nämlich Spektrum zeigen und in verschiedenen Genres produzieren –, standen hier natürlich die elektrischen Freunde im Vordergrund. Damit meine ich unser kleines Labelteam, sprich die Leute, die geholfen haben, dieses Release überhaupt erst möglich zu machen. Den Gedanken, das Team in den Albumtitel miteinzubeziehen, fand ich großartig. Die Vorlage dafür lieferte der eigentliche Titeltrack „Electric Friends“ – dieser hieß schon so, lange bevor die Idee kam, das ganze Album danach zu benennen. Weshalb der Track so heißt, kann ich dir aber nicht mehr sagen. Manche Titel sind konstruiert, andere haben direkten Bezug zum Inhalt oder zu einzelnen Sounds. Vielleicht war es aber auch eine Vorstellung in meinem Kopf oder ein spontanes Gefühl. Letztendlich lässt sich jedoch festhalten, dass dieses Album auch all jenen gewidmet ist, die mich bei meiner Leidenschaft zur Musik und der damit verbundenen täglichen Arbeit unterstützen.

Eine wirklich schöne Idee, Andreas. „Electric Friends“ erscheint noch dazu auf deinem eigenen Label. Wie viele Mitstreiter sind denn nötig, um so ein Projekt zu stemmen?

Das fängt schon bei der Live-Unterstützung von meinem Co-Piloten Ralf Uhrlandt an, mit dem ich ja schon seit Ewigkeiten zusammen toure. Bei der Realisierung der Projekte ist Stephan Lieb von Resopal immer zur Stelle. Auf seinem Label habe ich auch mein erstes Album nach dem Majordeal mit Virgin vor etwa zehn Jahren veröffentlicht, „Der kleine Korg und das Echo“. Über die Jahre hat sich unsere Zusammenarbeit intensiviert und im Grunde kann man sagen, dass wir das Label mittlerweile zu dritt führen. Aber da sind noch viele weitere Freunde und Helfer, an die ich mich immer mit meinen Fragen wenden kann. Auch mein Vertrieb WordandSound ist immer stark involviert.

Arbeits- und organisationstechnisch muss man da auf jeden Fall mehr im Auge behalten als bei einem – du hast ihn eben schon kurz erwähnt – Majordeal.

Ich habe ja damals – wie viele andere auch – mit einem eigenen Label angefangen. Das lag wohl daran, dass man ab einem gewissen Punkt seine eigene Musik veröffentlichen wollte. Der Wunsch oder das eigentliche Ziel war – früher zumindest –, eine Plattenfirma im Rücken zu haben, die sich um alles kümmert, denn das ist schließlich viel einfacher. Natürlich ist die Chance, als Unbekannter einen fetten Plattendeal zu bekommen, deutlich geringer und so war man gewissermaßen gezwungen, erst mal sein eigenes Label aufzubauen. Das waren dann kleine Kassettenlabels und nach und nach kamen dann die ersten Vinyls. Man ist also in dieses Labelgeschäft so reingestolpert, ich persönlich wollte aber eigentlich immer nur Musik machen. Das Geschäft mit einem Label hat sich aber über die letzten zehn bis 15 Jahre stark gewandelt. Eigene Releases dienen hauptsächlich der Promotion, Geld wird damit kaum noch verdient. Das geht größtenteils über damit zustande kommende Gigs und Touren.

Stichwort 360°-Deals.

Viele meiner Kollegen haben solche Vereinbarungen. Nach außen sieht das aus wie in den guten alten Zeiten – ein Künstler veröffentlicht seine Arbeiten über Label XY und wird auch über die angeschlossene Agentur verbucht. Tatsächlich aber kümmert sich das Label nur um die Promotion und die entstandenen Kosten werden mit den Einkünften aus Bookings abgerechnet. Das kann natürlich auch gut laufen, mir war das allerdings zu unsicher. Letztendlich war und bin ich also richtig froh um die eigene Plattform.

Würdest du auf diese selbst geschaffene Unabhängigkeit noch mal verzichten wollen?

Also, gegen einen richtig schönen Majordeal mit einer Plattenfirma, die sich tatsächlich um alles kümmert, hätte ich nichts! Doch das ist ziemlich unrealistisch, so etwas gibt es heutzutage eigentlich gar nicht mehr. Die großen und bekannten Künstler sind mehr denn je „Kunstprodukte“ der Plattenindustrie und weniger Leute, die an der Kunst selbst arbeiten und unabhängig sein möchten. Durch die Schnelllebigkeit in der Musik brauchst du auch laufend neue Inhalte und neue Gesichter. Für eine Plattenfirma ist es also viel schlauer, einen Produzenten zu haben, der stilsicher seine Produktionen abliefert und diese mit jungen Gesichtern schmückt, um sie eine Saison lang durchlaufen zu lassen. Das lässt sich einfach besser verkaufen als jemand, der seit Jahren an seiner Kunst arbeitet und sich nur langsam weiterentwickelt.

Lass uns wieder zu „Electric Friends“ zurückkehren. Das ist nun schon dein elftes Album allein unter dem Namen Der Dritte Raum. Wie gehst du einen Longplayer an?

Zum einen ganz profan über die Menge an Skizzen, die sich über die Zeit angesammelt haben. Wenn ich dann merke, dass da eine Basis für ein Album geschaffen ist, versuche ich, eine runde Sache daraus entstehen zu lassen. Diese Arbeitsweise ist wohl die herkömmlichste und lässt sich auch auf „Electric Friends“ übertragen. Wenn wir uns zum Beispiel den Titelsong oder auch „Oberton“ und „Random Clock“ anhören, fällt die – ich nenne sie mal – krautrockige, psychedelische Note auf. Das sind gestalterische Elemente, die ich schon seit Längerem nicht mehr benutzt habe und die nun das Album ausmachen.

Mit analogen Gerätschaften kennst du dich nach all den Jahren ja bestens aus. Ist dein Flashback-Album „Electric Friends“ ausschließlich auf analogem Equipment entstanden oder nutzt du hier auch digitale Technik?

Ich arbeite geräteunspezifisch, denn die Technik ist nicht entscheidend für das Ergebnis. In meinen Produktionen tauchen allerhand Geräte auf, wobei der Fokus doch deutlich auf alten analogen Synthesizern liegt. Ich habe mir glücklicherweise in einer Zeit, als diese Dinger noch bezahlbar waren, einiges an Geräten gesichert. Es hat sich also eine Menge Equipment angesammelt, das ich immer wieder gerne benutze. Das macht einfach auch wesentlich mehr Spaß, als mit der Maus irgendwelche Plug-ins zu bedienen. Sehr gerne und oft arbeite ich zum Beispiel mit dem System 100 von Roland. Auch analoge Sequenzer und modulare Technik kommen zum Einsatz, was oft Überraschungen und Zufälle mit sich bringt. Aber wie schon erwähnt, versuche ich, mich nicht auf irgendein Instrument – ob digital oder analog – zu fokussieren. Ich kann mit allem arbeiten, es zählt aber die Idee im Kopf und letztendlich das, was am Ende dabei rauskommt. / Gutkind

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www.der-dritte-raum.de 

Aus dem FAZEmag 051/05.2016