Dirty Doering – Die Hauptstadt im Blut

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Berlin – das Mekka der elektronischen Musikszene. Künstler, Musiker, Clubs, Kultur wohin das Auge reicht. Mit wohl keine anderen Stadt der Welt verbindet der moderne Raver mehr. Eine Metropole, die für diejenigen, die noch nicht genug getanzt haben, zu jeder Tages- und Uhrzeit einen Platz zum Austoben bietet. Dirty Doering hat dieses Berlin, von dem so viele reden, nicht nur gelebt sondern geprägt. Er war Resident in der Bar25 und im KaterHolzig, mischt aktuell im entstehenden Holzmarkt mit und betreibt mit Katermukke eines der beliebteren Labels dieser Tage. Er releaste auf Stil vor Talent, Rauschenbach Music, Microfon, Burlesque Music, Kittball und auch Dantze. Es war also lange überfällig, dass der Leipziger uns nicht nur ein Interview gibt, sondern auch den offiziellen FAZEmag Download-Mix anfertigt.


Schaut man sich deine Diskografie an, blickt man auf eine ziemlich lange Liste. Denkt man an Berlin, denkt man automatisch an Dirty Doering und umgekehrt …

Danke für die Blumen. Es ist toll, so etwas zu hören. Es ist mir viel Gutes passiert auf meinem Weg hierher. Und aus meiner Perspektive habe ich einfach nur ganz viel Spaß gehabt und sehr viel Glück, dass alles so funktioniert hat. Ich verdanke diese lange Diskografie auch sicherlich den Labels, auf denen ich releasen durfte und meinem nahen Umfeld wie meinen Freunden, die mich immer unterstützt haben.

Du hast 2002 deine erste Veröffentlichung gehabt. Wie würdest du die vergangenen zwölf Jahre deiner Karriere persönlich rekapitulieren?
Schlichtweg unglaublich. Hätte mir jemand vor 20 Jahren gesagt, dass ich in 2014 schon mehrmals um die Welt geflogen bin und so viel erlebt habe, hätte ich es definitiv nicht geglaubt oder überhaupt für möglich gehalten. Aufzulegen war für mich immer nur ein Hobby – bis ich 1999 nach Berlin zog. Es war nie mein Plan, DJ zu werden.

… sondern?
Sportlehrer. Halt was Vernünftiges. Dafür, dass ich nie Musiker werden wollte, ging es stetig bergauf, wenn man das so nennen kann. Ich habe jede Minute bis hierher genossen, und es ist toll zu sehen, dass die Leute scheinbar auch sehr viel Spaß mit meiner Musik bzw. meinen Sets haben. Und wenn ich ehrlich bin, sind glückliche und lachende Gesichter für mich immer wieder ein großartiges Gefühl.

Gab es in deiner Karriere Tracks oder Momente, die deiner Meinung nach besonders wichtig waren?
Nicht direkt, nein. Um ehrlich zu sein gehöre ich nicht zu den Acts, die irgendetwas bereuen. Ich habe stets das gemacht, worauf ich Lust hatte und in dem Moment gut fand. Meine Tracks sind alle mit sehr viel Liebe gemacht. Und natürlich freut man sich immer über die gerade neuen bzw. aktuellen, weil man sie erst recht in seine Sets einbauen möchte. Ich bin nicht auf der Jagd nach Trophäen. Für mich ist jeder Gig toll. Für mich gab es sehr viele persönliche Erfolge und schöne Momente beim auflegen. Es fällt mir daher schwer, eine besondere Situation herauszupicken. Wenn ich genauer drüber nachdenke, fallen mir haufenweise besondere Events ein.

Wie wäre es z.B. mit den Residencies wie die Bar25, KaterHolzig oder jetzt das Kater Blau?
Ja, das stimmt. Diese Clubs haben eine ganze Stadt und die elektronische Szene grundlegend mitgeprägt. Grundsätzlich liebe ich es, eine Homebase zu haben, und somit sind meine Residenzen für mich immer etwas ganz Besonderes. Es gibt Clubs, in denen fühlt sich das Auflegen an wie das Spielen im eigenen Wohnzimmer. Bei mir sind das logischerweise die drei aufgezählten Läden. Zu wissen, dass in jeder Nacht etwas Magisches passiert und die Leute, die dort vor dir stehen, ebenfalls auf einer Wellenlänge sind …

Du hast den Closingtrack der Bar25 produziert und gespielt …
In der Tat eine der aufregendsten Projekte bislang. Ich wurde erst zwei Wochen vor dem Closing gefragt, und tatsächlich wurde der Track auch erst am Closingmontag, zwei Stunden vor meinem Set, fertig. Für manche mögen zwei Wochen nach einer ausreichend Zeit klingen, um so etwas auf die Beine zu stellen, aber ich wollte natürlich etwas Besonderes abliefern. Erste Version – nicht zufrieden. Für die zweite? Extra eine Sängerin eingeladen. In der Hektik verpeilt, die richtige Spur aufzunehmen – sie musste trotz Gig am gleichen Abend nochmal kommen. Ich habe in diesen Track sehr viele meiner Emotionen aus der Bar25 gepackt, und daher bedeutet er mir noch immer sehr viel.

Wie wichtig waren für dich Projekte wie freizeitglauben, labradorbar, ALLYOUCANBEAT oder auch Rauschenbach Music?
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass für mich ein Traum in Erfüllung ging, in einem Plattenladen zu arbeiten. Freizeitglauben war schon vorher mein Lieblingsplattenladen. Den neuesten heißen Scheiß hat man dort als erstes bekommen. Zu dieser Zeit haben die meisten DJs noch Vinyl gespielt. Immer wenn die neuen Releases kamen, war das ‚who is who‘ der Berliner DJ-Szene am Start. Man konnte fachsimpeln und sich austauschen – und das bei Kaffee, Kuchen und Sportzigarette. Genau, wie man sich das von früher vorstellt. Labradorbar war auch ne tolle Sache für mich. Ich kam ja eigentlich nur dazu. Kreiert wurde die Partyreihe von Denis, Klaus und Jose Marie. Sie hieß Labradorbar, weil der Hund von Denis eben ein Labrador war. Die Partys waren sehr familiär und ausschweifend. Ich trage immer noch gerne die Labradorshirts. Mit dem Label Allyoucanbeat habe ich quasi meinen Einstieg ins Label-Business gefeiert. Durch die Zusammenarbeit mit Housemeister konnte ich sehr viel lernen, und es hat sich zeitgleich eine schöne Freundschaft entwickelt. Durch die Pleite des Vertriebs Neuton ist das Label leider auch untergegangen, was sehr schade war. Aber ich bin happy, dass Housemeister es digital wiederbelebt hat als Aycb Records. Nachdem Allyoucanbeat und Freizeitglauben zu Ende waren, sollte Rauschenbach Music mein neues Baby sein, aber irgendwie kam der Erfolg mit „I Would“ dazwischen. Danach hatte ich ich zuviel mit Produktionen und Remix-Anfragen zu tun. Meine Karriere hatte einen Riesen Sprung gemacht und da ist Rauschbach Music ein bisschen auf der Strecke geblieben.

Wie oben bereits angesprochen, verbindet man dich sehr oft mit Berlin und der Szene. Wie siehst du diese aktuell, als wichtiger Akteur derselbigen, und wie ist der aktuelle Stellenwert der Hauptstadt im Ausland, wo du ebenfalls oft bist?
Wenn ich in anderen Städten oder Ländern unterwegs bin, bekomme ich ja meist nur einen kleinen Teil des Ganzen zu sehen. Da fällt es mir schwer zu beurteilen, wie die Szene vor Ort funktioniert. Sicherlich ist Berlin rund um den Globus für seine Feierkultur beliebt und bekannt. Sehr viele bekannte DJs leben hier. Ich sehe die Berliner Clubszene als eine Art Motor für die gesamte Szene. Das klingt jetzt vielleicht etwas blöd, aber aus meiner Perspektive ist in Berlin viel los, und ich kenne kaum eine andere Stadt, in der es so viele Clubs, Labels und Künstler gibt. Aber nicht nur Musikkünstler, sondern Künstler aus den verschiedensten Richtungen und Genres. Viele versuchen, zusammen Projekte auf die Beine zu stellen. Das macht diese Stadt zu einem ganz besonderen und einzigartigen Ort. Und deshalb lohnt es sich, darüber zu reden. Überall, wo ich hinkomme, fragen mich die Leute über Berlin aus, und alle wollen unbedingt mal hin. Und das ist auch gut so. (lacht)

Mit dem Holzmarkt steht ein riesiges Projekt in Berlin an – du kümmerst dich allerdings hauptsächlich weiterhin nur um das Label. Wie viel bekommst du von den Arbeiten mit, und wie weit bist du dort involviert?
Die Bar25, in der ich früher aktiv war als DJ, war ja schon ein Kulturort mit Wohnen, Essen, Theater, Fußball, Public Viewing, Pool, Massage und Sauna. Diese Ideen konnte man im alten KaterHolzig gar nicht umsetzen, zumal der Kater von Anfang an eine zeitliche Begrenzung hatte. Die Idee zum Holzmarkt gab es aber schon vorher, und die wurde dann auch ausgreift. Dass das überhaupt alles geklappt hat, war dann einfach auch Glück. Natürlich haben auch viele hart dafür gearbeitet, ich jetzt nicht, ich mache nur meinen musikkulturellen Beitrag mit dem Label und meinetwegen dem Club, dem ich sehr nahe bin. Ich war bei vielen Besprechungen des Konzepts dabei, aber das ist so vielseitig und mit so vielen Leuten behaftet, auf einem riesigen Gelände. Das Areal geht ja jetzt weit über das ehemalige Gelände der Bar25 hinaus. Die Idee ist jedenfalls super. Ich habe zwar bei vielen Entscheidungen gar nicht mitgewirkt, aber online abgestimmt für das Konzept. Einen reinen Club hätte das Gelände gar nicht bekommen. Es gab unser Konzept oder das Konzept Glasbauten. Ich sehe dieses Projekt es als Pionierarbeit. Man darf aber auch nicht vergessen, dass der Club grade mal fünf Prozent der Gesamtfläche ausmacht. Man kann sich daher vorstellen, wie viele Sachen es dort geben wird: einen Friseur, ein Restaurant, eine Strandbar, die Studios, die Theaterhalle, die Hostels oder die Kooperation mit der Uni. Die Realisierung wird zwei bis drei Jahre dauern. Es ist schön, hautnah dabei zu sein, wenn etwas dieser Art entsteht. Aber mein Hauptding ist und bleibt die Musik und das Label. Von Bauaufträgen, Architektur und Drainageanlagen – was auch immer das ist – habe ich keine Ahnung. (lacht)

Lass uns über dein Label sprechen. Katermukke ist 2014 drei Jahre alt geworden …
Wie die Zeit vergeht, unglaublich. Gerne können wir schon jetzt das Jubiläumsinterview zum 25-jährigen Label-Bestehen anpeilen. (lacht) Eigentlich sollte das Label nur so lange wie der Club KaterHolzig bestehen. Geplant waren also zwei Jahre als temporäres Label zum temporären Club – eine kleine Plattform für die Familie. Irgendwie ging das schief. Wir wollten einfach nur ein bisschen Quatsch machen mit so Spaßtracks , wie z.B. „Heiße Katzen“. Aber schon nach dem fünften oder sechsten Release war klar, dass in Katermukke noch viel mehr steckt …

Was steht in 2014 noch für dich an – und wie feiert ein Dirty Doering Weihnachten?
Der Fokus liegt eindeutig darauf, auch dieses Jahr wieder mit einem großen Knall zu beenden. Es wird eine riesige Sause im Kater Blau geben. Der 1. Januar ist ja ein Donnerstag – somit wird die Party von Silester an auf jeden Fall fünf Tage gehen. Olé. Weihnachten – wie jedes Jahr – mit guten Freunden, einem guten Wein und definitiv ohne Weihnachtsbaum. Dafür aber Weihnachtstüten. Für den Tanzflur gibt es zu Weihnachten nicht viele Geschenke. Außer von Sascha Cawa und mir einen schönen Happy Christmas-Track. Haltet die Ohren offen, das wird ’ne Bombe.

Und was ist für den Rest von 2015 geplant, nach der Erholung?
Es wird nächstes Jahr wieder Katermukke Showcases geben. Wir werden zum dritten Mal auf dem SonneMondSterne Festival sein. Von Freitag bis Sonntag beschallen wir den SMS Beach non-top mit unseren Künstlern. Es sind natürlich noch andere Festivals in Planung, aber das wird noch nicht verraten. Auf jeden Fall viele, viele Festivals im In- und Ausland …

Wann stelle ich dir Fragen zu einem Dirty Doering-Album?
Es gibt selbstverständlich verschiedene Ideen und Konzepte. Aber ein Soloalbum wird es wahrscheinlich vorerst nicht geben. Wenn, dann wird es ein Album mit meinem langjährigen Freund Sascha Cawa, Anfang 2015 werden verschiedene Kooperationen veröffentlicht wie z.B. eine EP mit Ante Perry auf Kittball oder Einmusik auf Katermukke. Außerdem ein Remix mit Sascha Cawa für Miyagi auf Turnbeutel und weitere Bomben mit ihm aus der Katerschmiede. Es bleibt spannend. / Rafael Da Cruz

Ab FAZEmag DJ-Set #34: Dirty Doering – ab sofort und exklusiv bei iTunes:

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www.dirtydoering.info
Aus der FAZE-Ausgabe 034/12.2014