Distillery-Re-Opening für diesen Samstag abgesagt

Fotocredit: Stefan Leuschel

Auf das Distillery-Re-Opening an diesem Samstag haben wir uns alle gefreut. Heute haben wir eine offizielle Pressemitteilung erhalten, in der steht, dass die Veranstalter*innen sich dazu gezwungen sehen, das Event aufgrund des Ausbleibens einer Genehmigung seitens des Leipziger Gesundheitsamtes abzusagen. 

Hier die gesamte Pressemitteilung

Pressemitteilung Distillery Leipzig Nr. 01-2021 vom 07.05.2021

 

Absage: Re-Opening der Distillery kann aufgrund fehlender Genehmigung des Hygienekonzeptes nicht stattfinden

 

Indoor-Tanzveranstaltung sollte mit Antigen-Schnelltests und Kontaktnachverfolgung stattfinden I Unklare Vorgaben für Hygienekonzepte durch die Landesregierung Sachsen l Keine Öffnungskonzepte für Clubs trotz einer 7-Tage-Inzidenz unter 5 seit dem 22. Juni

Am Samstag, 10. Juli 2021 sollte die Indoor-Wiedereröffnung der Distillery nach der fast 16- monatigen Schließung aufgrund der Corona-Pandemie gefeiert werden. Gemeinsam mit dem Techno-Kollektiv fäncy sollte ein Clubabend, abgesichert durch Antigen-Schnelltests und einer digitalen Kontaktnachverfolgung, ohne Maskenpflicht und Abstandsregelungen stattfinden. Die Veranstalter:innen sehen sich allerdings gezwungen, die Veranstaltung abzusagen: Bis zum jetzigen Zeitpunkt liegt keine Genehmigung des Hygienekonzeptes durch das Gesundheitsamt Leipzig vor.

Das Vorgehen der hiesigen Behörden ist für die Mitarbeitenden und die Geschäftsführung der Distillery nicht nachvollziehbar. Laut §3 der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung (SäcsCoronaSchVO) vom 22. Juni 2021 entfallen bei einer Inzidenz unter 10 für Musikclubs alle Beschränkungen außer der folgenden Basismaßnahmen:

  • Ein Hygienekonzept muss erstellt und eingehalten ODER genehmigt vorliegen
  • Zudem entfallen Masken- und Abstandsregeln, sofern die Gäste undMitarbeitenden die 3G (Getestet, Geimpft, Genesen) -Regel einhalten.

Für Hygienekonzepte die Allgemeinverfügung des sächsischen Staatsministeriums für soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt, die in Punkt 9 wie folgt lautet:

Besondere fortgeltende Hygieneregeln, auch wenn die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 10 unterschreitet:

  • Es ist ein Hygienekonzept zu erstellen, von der zuständigen Behörde genehmigen zu lassen und umzusetzen. Darin sind Basishygienemaßnahmen, Vorgaben zur Testpflicht und Kontakterfassung sowie die allgemeinen Regelungen dieser Allgemeinverfügung aufzunehmen.
  • Bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen ist ein Lüftungskonzept zu erstellen und umzusetzen, welches eine gesteigerte Frischluftzufuhr vor, während und nach der Veranstaltung gewährleistet.

Im Zuge des Modellprojektes im Juni wurde der Distillery ein Hygienekonzept genehmigt, welches die oben genannten Punkte berücksichtigt und auf der damaligen Teststrategie mit PCR Testungen basierte.

Auf Nachfrage Anfang dieser Woche beim Gesundheitsamt Leipzig wurde uns jedoch Ende dieser Woche mitgeteilt, dass die aktuellen 3G – Regelungen nicht ausreichen, im Vergleich zu PCR Testungen nicht die ausreichende Sicherheit bieten und weitere Maßnahmen notwendig sind.

Konkret gefordert, jedoch nicht in der SächsCoronaSchVO verankert, wurde:

  • Mindestfläche von gewünscht 4qm pro Gast
  • zusätzliche digitale Kontaktnachverfolgung zur Corona-Warn-App
  • gesteigerte Frischluftzufuhr von 30 cbm pro Gast und Stunde
  • Aussagen zur Toilettensituation und Wegekonzepten

Das Hygienekonzept der Distillery erfüllt alle Kriterien außer die Mindestfläche pro Gast, die jedoch in §3 SächsCoronaSchVO aufgehoben wurde. Beispielsweise kann die Lüftungsanlage im Club mehr als die geforderten 30 cbm pro Gast pro Stunde umwälzen (37 – 86 cbm). Zusätzlich zur Corona Warn App – die in der SächsCoronaSchVO ausdrücklich zur Kontaktnachverfolgung empfohlen wird, gibt es die geforderte digitale und analoge Kontaktnachverfolgung, wobei sich kurzfristig aufgrund des Wunsches des Gesundheitsamtes dazu entschieden wurde, neben der CWA auch die LUCA-App einzusetzen. Auch die Testpflicht wird eingehalten: Zutritt erhält nur, wer einen negativen Corona-Antigen-Schnelltest, einen digitalen Impfnachweis oder einen positiven PCR-Test (älter als 28 Tage und jünger als 6 Monate) vorweisen kann. Ein weiterer Fakt, der nicht zu vernachlässigen ist, ist die Aussage des Gesundheitsamtes, wonach zunächst keine weiteren Hygienekonzepte eingereicht werden sollten, da das Gesundheitsamt Leipzig aktuell keine personellen Kapazitäten dafür hätte.

Es irritiert, dass ein Hygienekonzept, welches vor drei bzw. vier Wochen in ähnlicher Form im Rahmen eines Modellprojektes genehmigt wurde, nun nach vermeintlichen Lockerungen durch die neue SächsCoronaSchVO nicht als ausreichend angenommen wird.

Die Distillery ist sich darüber im Klaren, dass das Gesundheitsamt Leipzig nur nach Vorgaben der sächsischen Landesregierung handeln kann. Hier sehen wir massiven Optimierungsbedarf, was die Transparenz, klare Absprachen und Vorgaben angeht. Aufgrund unzureichender Vorgaben der Landesbehörden und teilweise in sich widersprüchlicher Regelungen wird es den kommunalen Stellen erheblich erschwert, schnelle und nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen. In den Verordnungen werden Hoffnungen geweckt, die sich bei näherer Betrachtung und Einbeziehung des „Kleingedruckten“ als unhaltbar herausstellen.

Es ist zwar nachvollziehbar, dass Testungen mit Antigen-Schnelltests im Vergleich zu PCR- Tests als kritisch und unsicher betrachtet werden, entsprechend haben wir uns in der Presse bereits geäußert. Nun aber kurzfristig eine PCR- statt Antigen-Testung unserer Gäste zu fordern, lässt Schikane und Willkür vermuten, da die gesamte Öffnungsstrategie der Politik bisher ausschließlich auf Antigen-Tests beruht.

Bei einer aktuellen Inzidenz von unter 5 und einer angepeilten Gästezahl von 300 i.V.m. 95% genauen Antigentests, liegt das Risiko, dass eine infizierte Person in den Club kommt, bei 25% (1, siehe Fußnote). Dieses niedrige Risiko hat uns dazu veranlasst, jetzt eine Öffnung zu wagen.

Wenn es unter den aktuellen Gegebenheiten mit niedrigen Inzidenzen keine Öffnungsperspektiven für Clubs und Livemusikspielstätten gibt, sehen wir keine Möglichkeit, Musikclubs 2021 wieder zu öffnen. Bereits seit März 2020 sind die Orte geschlossen und erhalten auch nach knapp 16 Monaten keine Perspektive, in einen wirtschaftlich tragbaren Betrieb zurückzukehren.

Wir fordern daher klare Vorgaben und Regelungen, unter denen ein verantwortungsvoller Clubbetrieb jetzt UND auch bei steigenden Inzidenzen möglich ist!

Wir gehen aufgrund der Ergebnisse des Leipziger Modellprojektes davon aus, dass PCR- Testungen auch im Herbst die notwendige Sicherheit geben können. Hier benötigen wir Unterstützung beim Aufbau und der Finanzierung entsprechender Teststrukturen und den Mut, dies entsprechend in den Verordnungen zu verankern.

Unter anderem zeigen die Geschehnisse auf der Leipziger Sachsenbrücke, wie wichtig es ist, Menschen (Frei-)Räume zu ermöglichen. Clubabende sind genau das: Freiräume, in denen sozialer Austausch stattfindet und Gäste zum ”Experimentieren, Begegnen und Erfahren einladen.” (Pressemitteilung Parlamentarisches Forum Clubkultur im Bundestag vom 7. Mai)

Eine ”aktive Clubkultur ist ein großer kultureller und wirtschaftlicher Wert (…), die Clubs sind unternehmerisch, kulturell, gesellschaftlich und architektonisch einmalig.” (Pressemitteilung Parlamentarisches Forum Clubkultur im Bundestag vom 7. Mai) Diese Einmaligkeit gilt es zu erhalten und zu schützen. Ein erster Schritt ist es, endlich eine Öffnungsperspektive aufzuzeigen und Clubbetreiber:innen nicht länger im Stich zu lassen.

Steffen Kache, Geschäftsführer Distillery und Vorstand LiveKOMM:
„Wir brauchen klare Perspektiven und Lösungen! Wir fordern seit Monaten, dass bei der Erarbeitung der Verordnungen auch Menschen aus der Praxis mit am Tisch sitzen, um dann auch umsetzbare Konzepte zu erarbeiten.

Wir sind es leid, unzähligen Förderprogrammen hinterherzurennen und über die Stöckchen zu springen, die uns vorgehalten werden, nur um das finanzielle Überleben zu sichern, während die Teams ausbluten und die kreativen Impulse sterben. Wir wollen nicht künstlich am Leben erhalten werden, wir wollen endlich wieder leben dürfen – die Clubs und unsere Gäste!“

 

   1.) Einzugsgebiet Stadt Leipzig mit 600.000 EW, 1/3 potenzielle Gäste nach Altersgruppe, die wiederum 50% der Infizierten ausmacht (im Moment stecken sich insbesondere junge Menschen an), davon 10% potenzielle Clubgänge sind knapp 20.000 Personen. Laut unserer Rechnung sind bei der aktuellen Insidenz und einer infektiösen Zeit von 14 Tagen ca. 3 Personen infektiös

 

www.distillery.de

Fotocredit: Stefan Leuschel