Nach langjähriger Album-Abstinenz ist DJ Emerson wieder da. Mit „Repetitiv Music“ präsentiert er nun nicht nur seinen dritten, sondern auch einen musikalisch sehr reichhaltigen und breiten Longplayer. Wir haben das zum Anlass genommen, ihm ein paar Worte über seine Arbeit sowie seine zahlreichen Projekte zu entlocken.
Worauf hast du bei „Repetitiv Music“ besonderen Wert gelegt?
Ich wollte einen kleinen Spannungsbogen in der Trackabfolge haben, der meine musikalischen Vorlieben und Ursprünge im elektronischen Bereich wiedergibt. Und mir ist schon immer besonders wichtig, dass die Tracks vom Sound her einfach gut, warm und druckvoll klingen.
Wieso hat es zehn Jahre gedauert, bis dein drittes Album erschien?
Das Medium „Album“ und die Art, wie Musik insgesamt konsumiert wird, haben sich genau in dieser Zeit völlig verändert. Mir war lange gar nicht klar, wie so ein digitales oder physikalisches Release auszusehen hat, und ich musste mir das erst einige Male angucken. In meiner Zeit bei CLR habe ich an einigen Albumprojekten mitgearbeitet und so entwickelte sich dann auch in mir langsam wieder der Wunsch, selbst ein solches Format abzuliefern. Als ich dann auf CLR mit „Anonymous“ ein sehr erfolgreiches Release hatte, war die Zeit eigentlich perfekt. Es hat dann nur noch etwas länger gedauert, weil natürlich auch meine Ansprüche gestiegen sind. Ich denke jedoch, „Repetitiv Music“ ist das letzte Album von mir, das als CD erscheinen wird. Auf Vinyl und in digitaler Form wird es jedoch auch weiterhin Veröffentlichungen geben. Mal schauen, wie sich das weiterentwickelt.
Im letzten Interview vor ziemlich genau einem Jahr hast du mir erzählt, dass du hauptsächlich mit Ableton arbeitest. Auch die Zusammenarbeit mit Circuit Breaker hast du erwähnt. Wie entstand nun „Repetitiv Music“?
An meiner Arbeitsweise hat sich nichts groß verändert, aber wenn ich die Tracks fertig habe, gehe ich jetzt immer ins Studio eines Freundes, der absoluter ProTools-Profi ist. Dort werden die Tracks final abgemischt. Wir nutzen da viele Plugins und Channel-Strips von ProTools, Native Instruments, Waves sowie UAD und lassen die Sachen dann auch noch durch analoges Outboard-Equipment laufen. So kann ich mit meiner eigentlich rein digitalen Arbeitsweise wirklich das Maximum rausholen und trotzdem einen guten analogen Klang hinbekommen.
Schön, dass dein Album auch auf deinem eigenen Label erscheint.
Auch andere Labels wären möglich gewesen. Ich habe da einige, mit denen ich liebäugele und die auch in dieser Hinsicht Interesse hatten, aber mir war es wichtig, mal ein Statement auf meinem eigenen Label abzugeben. Und gerade der Aspekt, dass ich dort alles genauso machen kann, wie ich möchte, spielt natürlich eine Rolle. Von der Trackauswahl über das Mastering bis hin zum Artwork und zur Promotion. Auch wenn das sehr viel Arbeit ist.
Im letzten Interview meintest du, dass ein Ende deiner musikalischen Reise noch lange nicht in Sicht sei. Was hat sich in den letzten zwölf Monaten verändert?
Für mich sind das eher Entwicklungen innerhalb des Technos. Bestimmte Sounds oder Produktionsweisen. Auch dass die ganzen Produktionen durchsichtiger und klarer geworden sind, so was. Ich kann mir nicht vorstellen, mal ganz andere Musik als Techno aufzulegen, der Zug ist abgefahren. Produzieren ist da wieder was anderes. Da könnte ich mir schon vorstellen, auch mal in andere elektronische Richtungen zu gehen. Das wäre eine Herausforderung für mich!
Wie wäre es denn mit einem Hip-Hop-Album zusammen Raphael Dincsoy? Eine neue Kolumne gibt es ja schon.
Nein, da ist nichts geplant. Das ist eher ein Hobby, das ich gar nicht so sehr zum Beruf machen möchte. Das dient mehr meinem musikalischen Leerlauf und der Entspannung.
Das mit der Kolumne ist natürlich lustig, denn ich mag es, über Musik zu sprechen. Für mich ein absolut lebensbestimmendes Thema.
Was steht bei Micro.fon, abgesehen von deinem Album, noch auf dem Plan für 2016?
Auf Micro.fon kommen ein spannendes Release von Roland Werk – einem tollen neuen Artist, der einen sehr rauen Sound hat – sowie eine EP von mir zusammen mit dem hochtalentierten Thomas Hoffknecht. Außerdem wird es Remixe zum Album geben.
Wie beobachtest du als Künstler und vor allem als Labelbetreiber den Nachwuchs, neue Talente?
Ich habe immer ein Auge auf neue Talente, es inspiriert und motiviert mich, zu hören, was die „Young Guns“ so abliefern. Und alle paar Jahre kommt mir dann so ein Juwel wie Thomas Hoffknecht unter die Fittiche. Ich bin nicht wirklich auf der Suche, aber irgendwann kreuzen sich die Wege und es entsteht meist eine langjährige Kooperation. Mit Thomas sitze ich aktuell an einer EP, da sollen wirklich nur fünf bis sechs Titel drauf, die voll nach vorne gehen. Ich hatte ihm mein Album gegeben und er meinte, dass es wirklich cool klinge, aber ihm nicht genug abgehe. So schlug ich vor, etwas zusammen zu machen, und schon ging es los. Wir haben gerade auch schon den ersten gemeinsamen Remix für ein Release von Sven Schaller auf Micro.fon fertiggestellt. Nun setzen wir uns an die neuen Tracks.
Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Welche besonderen Momente hast du 2016 erlebt?
2016 war ein aufregendes Jahr für mich, aber es hat sich eigentlich, abgesehen von Gigs, alles nur um das Album gedreht. Die Planung, die Produktion, das Abmischen, Mastering, Artwork, Promo, CD-Verkauf und -Vertrieb, Organisation und Vertrieb der Vinyls, das digitale Release, Interviews – und da ist immer noch kein Ende in Sicht. Deshalb freue ich mich schon, wenn das Ding durch ist und ich mit Holgi mal wieder Zukunftspläne für neue Events, Releases und andere Projekte schmieden kann. Außerdem war da noch meine dreiwöchige Südamerika-Tour im Sommer, die wirklich großen Spaß gemacht hat. Ich habe in so kurzer Zeit so viele Eindrücke und Erlebnisse gesammelt, das muss ich alles erst mal noch richtig aufarbeiten.
Was steht in den nächsten Wochen noch an?
Die Veröffentlichung des Albums ist am 14.11. und dann geht es mit der Album-Tour los. Die meisten Dates finden aber erst Anfang nächsten Jahres statt. Auf Micro.fon kommen noch ca. zwei Releases in diesem Jahr und ich selbst arbeite an Material für Credo, das Label von Alex Bau, und an einigen Kollaborationen mit befreundeten Künstlern. Außerdem betreibe ich mit Holgi zusammen das neue district4-Label und wir haben ja auch die dazugehörige Partyreihe. Abgesehen davon möchte ich im nächsten Jahr ein paar mehr Micro.fon-Showcases in ausgewählten Clubs veranstalten.
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Aus dem FAZEmag 057
Text: Gutkind
Foto: Zydre Venckus
www.soundcloud.com/micro-fon