DJ iDJa im Interview – Musik für Menschen, nicht für Algorithmen

Interview mit DJ iDJa: Musik für Menschen, nicht für Algorithmen. Credit: Tina Dubrovsky

Markus Johnsen Thonhaugen aka DJ iDJa widmet seine aktuelle EP den ruhigeren Klängen der elektronischen Musik. Dazu hat der Musiker Field Recordings aufgenommen, in der Natur, aber auch von mechanischen, industriellen Geräuschen. Diese wurden im Studio anschließend elektronisch bearbeitet. Im Interview erzählt uns der aus dem Nordland Norwegens stammende Künstler, der in Berlin elektronische Musik studiert hat, wie er für die EP vorgegangen ist und inwiefern diese mit seiner Sámi-Identität zusammenhängt.

Hallo Markus, auf deiner letzten EP „Klubbas“ hast du noch elektronische Beats mit klassischen Opernklängen verbunden. Deine kommende „Šuvva EP“ schlägt mit Ambient ruhigere Klänge ein. Wie kam es dazu? Kann es sein, dass du Kontraste magst?

Ja, ich denke, Kontraste sind ein natürlicher Teil meiner Persönlichkeit und meiner Arbeitsweise. Ich habe mich schon immer zwischen laut und leise, zwischen Clubkultur und dem alleinigen Hören bewegt. „Klubbas“ war extrovertiert und rhythmisch, „Šuvva“ hingegen ist introspektiv, auf Stille und Details ausgerichtet. Es war der richtige Zeitpunkt, mich auf etwas Langsameres und Nachdenklicheres zu konzentrieren.

Was ist die Intention hinter der „Šuvva EP“?

Das ist meine erste EP, die sich auf Ambient und ruhigere elektronische Musik konzentriert. Ziel war es, etwas zu schaffen, das Raum für Nachdenken und bewusstes Zuhören lässt – ohne eine klare Botschaft zu vermitteln. Sie schöpft aus der Natur, aber auch aus meiner eigenen Kultur, in einer eher abstrakten Weise. Einige Tracks suggerieren Verlust oder Abwesenheit, andere sind einfach nur ruhig. Sie sollen den Hörerern Raum für eigene Interpretationen lassen.

Du hast für die EP Field Recordings gemacht – in der Natur, vom samischen Handwerk. Wie bist du dabei vorgegangen, womit hast du aufgenommen? Welches Equipment hast du später im Studio zur Transformation dieser Aufnahmen verwendet?

Ich habe in Wäldern, an der Küste und zu Hause mit Hydrophonen, Kontaktmikrofonen und Stereorekordern alles aufgenommen – von Kiefernzapfen bis zu den Klängen von Silber und Rentierleder. Ich hatte das große Glück, ein Stipendium vom Sámi Dáiddárráđđi, dem samischen Künstlerrat, zu erhalten. Das ermöglichte mir, in neue Ausrüstung zu investieren. Besonders viel Freude hat mir die Arbeit mit dem Analog Heat gemacht, der dazu beigetragen hat, einige der Klänge auf dieser EP zu formen. Im Studio habe ich verschiedene Tools mit Granularsynthese und Time-Stretching kombiniert, um das Rohmaterial in vielschichtige, sich entwickelnde Texturen zu verwandeln. Ziel war es, die Aufnahmen in der physischen Welt zu verankern – und sie zugleich in neue Bereiche vorzustoßen.

Wie lange hat dieser Arbeitsprozess angedauert und wie bist du auf die Idee gekommen?

Die Aufnahmen erstrecken sich über zwei Jahre, aber es war kein linearer Prozess. Ich habe etwas aufgenommen, es ruhen lassen und später wieder aufgegriffen. Die Idee für „Šuvva“ entstand in Berlin, wo ich am Catalyst Institute elektronische Musik studierte und mit räumlichen Klängen und experimentellen Ansätzen in Berührung kam. Diese Umgebung hat mein heutiges Denken über Klang entscheidend geprägt.

Stichwort Berlin: Wie haben die Zeit, die du dort verbracht hast, und die Erfahrungen vor Ort deine Arbeit beeinflusst?

Berlin hat meine Praxis wirklich herausgefordert und erweitert – besonders Orte wie Kwia, eine Hörbar, die meine Ohren für langsamere, tiefere Klänge geöffnet hat. Ich habe gelernt, dem Minimalismus mehr zu vertrauen – mich stärker auf das Gefühl als auf die Struktur zu konzentrieren. Das hat sowohl meine Ambient- als auch meine Club-Produktionen geprägt.

Mit der EP erkundest du einmal mehr deine samische Identität. Was meinst du, wenn Menschen anderer Identitäten die Tracks von „Šuvva“ hören, wie sie diese auf ihr eigenes Umfeld projizieren können? Nehmen wir jemanden, der in Berlin lebt versus eine Person, die in einem kleinen Dorf lebt.

Ich hoffe, dass sie die Emotionen und Atmosphären nachempfinden können – auch wenn sie die spezifischen Klänge nicht direkt erkennen. Ein flüsternder Wind oder eine Meereswelle müssen nicht übersetzt werden. Aber ich hoffe auch, dass die kulturellen Schichten Neugier wecken – auf samische Traditionen oder auf die eigene Beziehung zu Land und Klang.

An wen richtet sich die „Šuvva EP“?

An alle, die für einen Moment innehalten möchten. Ich mache keine Musik für Algorithmen – ich mache sie für Menschen, die mit Absicht zuhören – sei es in einer Hütte, einer Galerie oder mit Kopfhörern im Zug.

Dein Lieblingstrack auf der EP, mit dem du am meisten verbindest?

Das ist schwer zu sagen – aber vielleicht „Mearra“, die erste Single-Auskopplung. Sie besteht aus Aufnahmen entlang der Küste von Helgeland, wo ich aufgewachsen bin. Man hört Wellen, Möwen – und auch Andeutungen der nahen Industrie. Diese Spannung zwischen Schönheit und Störung beschäftigt mich sehr. Es ist ein ruhiger Track, aber er sagt viel aus.

Danke dir für das Interview!

Die „Šuvva EP“ von DJ iDJa erscheint am 6. Juni 2025 als Self-Release.

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