DJ – Traumberuf oder einsamer Job mit wenig Entspannung?

DJ – Traumberuf oder einsamer Job mit wenig Entspannung?

Dröhnende Bässe, Lichtershows und tanzen bis zum Morgengrauen: Wenn die Nacht zum Tag gemacht wird, gibt die Musik den Rhythmus an. Rund 30.000 DJs gibt es allein in Deutschland. Vom Betriebsfest bis zur Hochzeitsfeier und Megaparties in den angesagtesten Clubs sorgen die Profis für Stimmung.

Die großen Stars der Szene sind international begehrt und können für eine einzige Nacht, in der sie auflegen, sechsstellige Summen kassieren. Doch das sind absolute Ausnahmen. Die meisten DJs schlagen sich mehr schlecht als recht durch in einem Job, der nur auf den ersten Blick glamourös ist.

Wie fast alle Künstler leben DJs meist von der Hand in den Mund, in der Hoffnung auf den nächsten Gig. Vom großen Durchbruch träumen die meisten zumindest am Anfang. Doch dazu gehört mehr als nur die Auswahl der richtigen Platten und deren Manipulierung für das jeweilige Publikum. Eigene Kompositionen und Mixe dienen inzwischen als Visitenkarte, um sich aus der Menge abzuheben. Mit sehr viel Glück und Talent springt ein Vertrag mit einem der großen Clubs, ein Engagement bei einem Festival oder ein längerfristiger Gig auf einer Partyinsel dabei heraus.

Die meisten DJs müssen sich allerdings mit kleineren Auftritten vor ständig wechselnder Kulisse begnügen, die zudem mit einem Zweitjob unter einen Hut gebracht werden müssen, damit die Kasse stimmt. Dauernde Umstellungen und Unsicherheit, durchwachte Nächte und die Verantwortung, dass die Party tatsächlich so richtig abgeht, fordern allzu oft ihren Zoll.

Wenn die Menge auf der Tanzfläche abfeiert und der DJ der Held ist, kann Hochstimmung aufkommen. Doch sobald die Scheinwerfer erlöschen und das Mischpult ausgestellt wird, ist es vorbei mit dem Adrenalinrausch. Der Job kann einsam machen und er birgt zudem die Gefahr, sich in den negativen Aspekten der Szene zu verlieren. Alkohol, Aufputschmittel und andere Drogen sind keine Seltenheit, um sich in die richtige Stimmung zu versetzen oder die stressigen Nächte durchzustehen. Depressionen sind ebenfalls keine Seltenheit, mitsamt allen Begleiterscheinungen, von emotionaler Taubheit bis zu Potenzproblemen, die mit Viagra kaufen nur vorübergehend zu lösen sind.

Ob psychische Störungen und Suchtprobleme bei Künstlern häufiger vorkommen als bei anderen, nicht in musischen Berufen tätigen Leuten, ist nicht wissenschaftlich erwiesen. Aber dank der Prominenz vieler Musiker, Schauspieler und Schriftsteller, die durch Reha-Aufenthalte oder Überdosen Schlagzeilen machen, ist die Verbindung zwischen Kunst und Gefährdung zur Binsenweisheit geworden. Sex, Drugs und Rock ‚n‘ Roll gehören zum Klischeebild dazu, genau wie die Idee vom Grenzen sprengen, sein Unterbewusstsein auszuloten und so sein künstlerisches Potenzial freizusetzen.

Hinzu kommt die Allgegenwart von Pillen und harten Getränken bei Raves und Disconächten.

Je tiefer die DJs in der Szene stecken, desto schwieriger kann es werden einen klaren Kopf zu bewahren – oder am nächsten Morgen ohne chemische Nachhilfe aus dem Bett zu kommen.

Einigen DJs hilft Meditation oder ein Zweitberuf, der einen Ausgleich für Körper und Seele bietet. Gesunde Ernährung und der absolute Verzicht auf Alkohol und Drogen sind für etliche DJs zum Rettungsanker geworden. Die Musik als Rausch ist auch dann möglich, nur ohne die negativen Begleiterscheinungen.

Das hilft auch dabei, langfristig den Beruf ausüben zu können. DJ sein heißt den Ton angeben und alle Fäden in der Hand zu halten, damit das Publikum eine unvergessliche Nacht erlebt. Das erfordert Konzentration, Ausdauer und zudem Sensibilität. Wer in seiner eigenen künstlich erzeugten Welt verschwindet, kann nicht mehr registrieren, wie die Stimmung auf der Tanzfläche sich entwickelt.

Je gedrängter der Terminkalender ist, desto schwieriger kann es sein, abzuschalten. Freie Stunden und Tage werden meist vor dem Mischpult verbracht, um mit den Manipulationen von Songs, Änderungen im Tempo oder neuen Mischungen zu experimentieren, die den Unterschied zwischen den verschiedenen DJs ausmachen. Hinzu kommen Werbung und all die anderen Dinge, um die sich Freischaffende selbst kümmern müssen.

Viel Freiraum bleibt dadurch selten. Das kann einsam machen – und den Wunsch nach dem Hochgefühl verstärken, dass beim Auflegen entsteht. Eine Menge, die mit jedem Song mitgeht und den DJ zum Helden werden lässt, fehlt jenseits der Clubs und Hallen.

Die meisten der Mischkünstler lieben ihren Beruf dennoch. So anstrengend es sein kann, immer wieder von einem Gig zum nächsten zu ziehen und nie zu wissen, was der Auftritt bringt, oder ob das Geld am Ende des Monats reicht: Das Musikmachen liegt ihnen im Blut.

Selbst wenn nur wenige DJs zu Stars werden und sogar ein kometenhafter Aufstieg genauso schnell von einem dramatischen Absturz begleitet werden kann, leben sie wie andere Künstler auch von der Hoffnung auf den Durchbruch, vom Applaus und vor allem von der Liebe zu dem, was sie der Welt zu bieten haben in der Form von dröhnenden Bässen, Lichtershows und durchgetanzten Nächten. Das ist ihr Rhythmus, allen Schwierigkeiten zum Trotz.