
Seine Karriere beginnt in einem kleinen Dorf bei Freiburg – mit einem gecrackten Cubase und einem Faible für Hip-Hop. Heute spielt der Produzent und DJ auf internationalen Bühnen, lebt zwischen Lissabon und Ibiza und hat mit Eklisso sein eigenes Label gegründet. Und doch war Musik für ihn nie mehr als ein Hobby – zumindest anfangs. Im Gespräch blickt Domenico Rondinelli auf seinen Werdegang zurück, erklärt, warum Ibiza alles verändert hat und was junge Artists seiner Erfahrung nach brauchen, um heute noch Gehör zu finden.
„Kurz und knapp: Nein“, sagt Domenico Rondinelli auf die Frage, ob es einen klaren Moment gab, in dem ihm bewusst wurde, dass aus dem Hobby eine Karriere werden würde. „Musik war für mich immer nur eine geliebte Passion.“ Dass er heute fast ausschließlich vom Produzieren und Auflegen lebt, sei nie geplant gewesen. Geprägt habe ihn vor allem sein Vater, der einst aus dem kleinen süditalienischen Dorf Vallina nach Deutschland auswanderte: „Er hat mir und meiner Familie ein wunderbares Leben geschaffen. Er liebte Musik, hatte aber nie die Möglichkeit, sich Instrumente zu kaufen oder Unterricht zu nehmen. Genau dies hat er jedoch mir später ermöglicht.“ Mit sieben Jahren erhielt Domenico Keyboardunterricht, wechselte bald zum Klavier und trat als Teenager bei Konzerten auf. „Das lief so gut, dass mir meine damalige Klavierlehrerin sogar ihr Piano schenkte.“ Dann kam die Pubertät – und mit ihr das Skateboard. Die Musik geriet in den Hintergrund, bis sich ab 2007 in seiner Region immer mehr Rapper formierten. „Ich fand den Sound spannend und begann aus Spaß, mit gecrackten Cubase-Versionen erste Hip-Hop-Beats zu basteln.“
Gleichzeitig war er „der Partysüchtige aus der Abiturklasse“, wie er sagt. „Ich war der Einzige, der zu dieser Zeit auf elektronischer Musik hängen blieb – das steht sogar noch in meiner Abizeitung.“ 2012/2013 folgte der erste elektronische Track, produziert gemeinsam mit Sebastian Prem alias Thimlife. Kurz darauf wurde Domenico unter dem Namen Dodobeatz Teil der regionalen Clubszene. „Der Name ,Dodo‘ stammt von meinem Spitznamen ,beatz‘, vom Hip-Hop, den ich produziert habe.“ 2015 lernte er Mausio kennen – die beiden gründeten das DJ-Duo Suicide Toast. „Später wurde ich sein Tourmanager und begleite ihn bis heute durch sein rasantes Tourleben.“ Die Kontakte erweiterten sich, die Gigs wurden größer, und auch seine Arbeit als Ghostproducer nahm an Fahrt auf. „Rückblickend ein ziemlich verrückter Weg – vor allem, wenn man bedenkt, dass ich nach dem Studium eigentlich als Grafikdesigner in der Schweiz arbeiten wollte.“
Einer der früheren Tracks von Rondinelli:
Der entscheidende Einschnitt kam aber nicht im Studio, sondern am Strand – auf Ibiza. 2021 besuchte Domenico die Insel zum ersten Mal. „Ich war ein Spätzünder. Aus ursprünglich vier Tagen Urlaub wurde fast ein ganzer Monat – mit Natur, Tauchen, Sonnen und viel Musik.“ Er sei begeistert gewesen von der Energie der Menschen und den Partys, die trotz Corona-Pandemie noch stattfanden. „Doch so richtig in den Bann gezogen wurde ich im darauffolgenden Jahr. Zum ersten Mal ANTS im Ushuaïa, zum ersten Mal im Hï Ibiza, zum ersten Mal im DC10.“ In der Menge habe er Acts wie Gordo, Chris Lake und Mau P erlebt – „und nach diesem Urlaub war für mich klar: Jetzt heißt es: alles oder nichts!“ Ab diesem Zeitpunkt fokussierte sich Domenico komplett auf seine eigene Energetic-Tech-House-Richtung. 2023 zog er schließlich um – nach Lissabon und auf die Insel. „Innerhalb von drei Monaten habe ich alles organisiert und meine neue Homebase war geschaffen. Und ich kann euch sagen: Ich hätte diesen Schritt schon viel früher wagen sollen.“ Die Energie vor Ort sei für ihn als kreativen Kopf „einfach einzigartig“.
Im Januar 2024 erschien Domenicos erste Single unter seinem bürgerlichem Namen: „One More“, eine Zusammenarbeit mit AKA AKA. Die Idee dazu kam – wie könnte es anders sein – auf Ibiza. „Ich war montags im DC10 bei Circoloco feiern und habe am Tag danach beim Sonnenuntergang am Es Vedra eine Bassline-Idee in mein iPhone eingesungen.“ Der Track schaffte es in die Top 10 der Beatport-Bass-House-Charts, lief unter anderem in den Radioshows von Robin Schulz und Plastik Funk. „Wenn der Vibe mit anderen Künstlern passt und ich die Zeit finde – let’s go! Musik kennt für mich keine Grenzen.“
Mit seinem eigenen Label Eklisso möchte Domenico nun eine Plattform für Newcomer*innen schaffen. „Eigentlich müsste sich heutzutage jeder klonen können“, sagt er und spielt damit auf die vielen Rollen an, die Artists einnehmen müssen – Produzent, DJ, Social-Media-Creator. „Ich respektiere die Hype-Generation sehr, weil ich weiß, wie viel Aufwand dahintersteckt. Ich selbst bin kein großer Fan davon, weil oft die Musik in den Hintergrund gerät. Am Ende des Tages glaube ich aber trotzdem fest daran, dass gute Musik das A und O ist.“ Eklisso will genau hier ansetzen – mit kreativer Freiheit, klarer Identität und einem Netzwerk, das junge Talente sichtbar macht. „Unsere Community wächst stetig – und wir freuen uns über jede*n kreative*n Musiker*in, der oder die unsere Vision teilt.“
Und was treibt ihn heute an, immer weiterzumachen? Die Antwort kommt ohne Zögern: „Ich merke, dass ich, je älter ich werde, dieser Musikwelt immer mehr verfalle und mich immer wieder neu in Musik verliebe – obwohl alle immer meinten, ich würde mit dem Alter ruhiger werden.“ Für ihn sei ein Abend im Club oder eine Nacht im Studio oft entspannender als jede Serie. „Ich gebe mir zwei Stunden Bass auf die Ohren – und fahre danach nach Hause. Oder ich sitze lieber im Homestudio, suche neue Samples und Vocals und beginne neue Tracks.“ Dazu kommen echte Begegnungen. „Durch die Musik sind Menschen in mein Leben getreten und Freundschaften entstanden, die mein Leben enorm bereichert haben.“ Gerade arbeite er sogar an einer Parfum-Kollaboration mit dem Künstler Flocke. „Das sind Synergien, die auch außerhalb der Musik entstehen und mich selbst auf neuen kreativen Ebenen entfalten lassen.“
Doch der größte Antrieb bleibe für ihn das Publikum. „Glückliche Fans, die ich mit meiner Musik erreiche und inspiriere. Menschen, die mir schreiben, wie meine Tracks sie durch bestimmte Lebensphasen begleiten – oder die auf meinen Shows einfach mal alles loslassen. Dafür mache ich das.“
Das aktuellste Release von Domenico Rondinelli, „Como Tú Te Mueves“:
Aus dem FAZEmag 160/06.2025
Text: Triple P
Credit: Huy Tran
Web: www.instagram.com/domenicorondinelli_ofc/