Ein Barren feinsten Klanggolds – Ecler Warm2

Nuo 2.0 hieß das letzte Lebenszeichen von Ecler. Parallel zu dem Battle-Mixer brachte die spanische Kultschmiede noch ein Update für ihren Clubmischer Nuo 4 heraus. Wir mussten uns selbst die Augen reiben, aber das ist 14 Jahre her. Nun ist ein weiteres Mal Augenreiben angesagt. Denn Ecler meldet sich mit einem brandneuen 2+1-Kanaler auf dem Tanzparkett zurück.

Dass da nochmal etwas Neues kommen würde, hat wohl niemand so recht geglaubt. Denn nach dem Nuo 2.0, der übrigens bis heute gebaut wird, stellte die Company die Entwicklung neuer DJ-Tools ein. Komplett vom Fenster war die Marke damit keinesfalls. Wie für viele Audio-Unternehmen waren DJ-Produkte immer nur ein kleiner Randbereich. Entsprechend konzentrierte sich die bereits seit 1965 bestehende Company voll auf ihre anderen Geschäftsbereiche wie die Entwicklung maßgeschneiderter AV-Lösungen für Einzelhandel und Hotels. Im Randbereich waren sie bis zum Ende der Nullerjahre zweifellos erfolgreich. So zählten während des Ecler-Peaks illustre Haudegen wie Ricardo Villalobos, DJ Hell, Luciano  und John Aquaviva zum hauseigenen Pro-Team.

Das Warm2 -Konzept
Ganz im Gegensatz zu früher, als Ecler zu den technischen Innovatoren zählte und auch die Mixer-Digitalisierung keinesfalls scheute, schlägt der Warm2 die entgegengesetzte Richtung ein. Der Warm2 knüpft mit seinem Rotary-Konzept an die Anfänge der DJ-Kultur Ende der 1970er an, geprägt von House-Helden wie Frankie Knuckles und seinem legendären Warehouse-Club in Chicago. Das ist bereits an der Produktbezeichnung ablesbar: Warm ist die Abkürzung für „Warehouse analog rotary mixer“. Er setzt ausnahmslos auf analoge Komponenten und einen daraus resultierenden bestmöglichen Klang. Ein puristisches Werkzeug also für Aficionados genüsslicher Übergänge und gezielter Sound-Manipulationen statt hektischer Turntable-Akrobatiker. Das ist vielleicht umso erstaunlicher, da Ecler seinen Kultstatus mit der HAK-Serie auf genau letztere Hardcore-Szene begründete.

Schlank bleiben!
Wie schon der Nuo2 hat sich der Warm2 in seinem Segment den Titel „weltweit schlankester Mixer“ verdient – denn er unterschreitet mit seinen 185 mm den bisherigen Rotary-Titelhalter Omnitronic TRM-202 um 15 mm. Ganz anders verhält es sich bei der Länge und Höhe. Mit stolzen 400 x 100 mm passt er sich genau in ein Turntable-Setup ein und bildet so einen insgesamt eindrucksvollen Barren-ähnlichen Block von 3,6 kg Gewicht. Für die Qualität der verwendeten Bauteile wie auch der Verarbeitung bürgt – zum Glück – unverändert der Name Ecler. Hier gibt es wortwörtlich nichts zu rütteln. Das edle Stück ist vollständig in schwarz gebürstetes Aluminium gefasst, wobei schmale Holzohren mit eingebrannt wirkendem Ecler-Logo das betont retrograde Design komplettieren. Auch wurden die silberglänzenden Schriften nicht einfach aufgedruckt, sondern per Anodisation dauerhaft aufgetragen. Sämtliche Schrauben inklusive der Faceplate sind im Metall versenkt, damit sie auf der Faceplate keinerlei Reibungspunkt für die Hände bieten.

Sowohl ein optischer wie auch haptischer Hochgenuss sind die Rotary-Elemente. Sie kommen ausnahmslos vom japanischen Top-Hersteller ALPS und entstammen der legendären Blue-Velvet-Serie. Sie wurden mit seitlich fein geriffelten Aluminium-Kappen statt der sonst vielfach verbreiteten Mulden-Köpfe versehen, haben einen exzellenten Grip und erlauben feinste Justierungen. Kleine Pfeilmarkierungen am Basisring zeigen die eingestellte Position an. Zudem erweisen sie sich in Größe und Drehwiderstand ihrer Funktion entsprechend gestaffelt. Was bedeutet: Die Potis für die Kanal-Lautstärken sowie 3-Band-Isolatoren sind besonders groß (Ø ca. 3cm) und schwergängig, sodass sie eine exakte Feinjustierung erlauben. Am zweitgrößten (Ø 2 cm) und zugleich leichtläufigsten erweisen sich die 3-Band-EQ-Regler pro Kanal, um auch mal eine beherzten Zugriff mit Schnelldrehung zu ermöglichen. Die Kanal-EQs besitzen übrigens als einzige einen kleinen 0-Wert-Einrastpunkt – nur als Hinweis und ohne Wertung, da hier die Meinungen seit jeher auseinandergehen.

HOUSE-Master
Bei den Anschlüssen wird deutlich, wie sehr der Ecler-Neuling analogpuristisch verhaftet ist. Einen USB-Port und andere digitale I/O spart der Zweikanaler ebenso aus, wie einen MIDI-Anschluss. Als Controller für externe Soft- oder Hardware-Tools fällt er also aus. Dafür fährt er nahezu das Komplettprogramm klassischer Audioanschlüsse auf, die zugleich den Funktionsumfang offenbaren. So lassen sich für jeden der beiden Hauptkanäle ein Line- und Phono-Signalgeber über Stereo-Cinches anstöpseln und oberseitig mittels Umschalter anwählen. Hinzu kommt ein Klinke-Eingang für ein Mikrofon sowie ein weiteres Cinch-Paar, um  alternativ ein weiteres Line-Gerät (CD-, MP3-Player o.ä.) einzubinden. Die Microphone-Klinke ist lobenswerterweise symmetrisch angelegt und für den Anschluss hochwertiger Niederohm-Modelle zwischen 200 bis 600 Ohm vorgesehen. Für Kondensatortypen ist ab Werk sogar eine 18V-Phantomspeisung aktiviert. Diese lässt sich prinzipiell abschalten – jedoch muss man dazu den Warm2 komplett aufschrauben und innen einen 4-poligen DIP-Schalter verändern.

+1, bitte!

Für die Bearbeitung des Mikrofonsignals ist auf der Mixeroberfläche mittig ein eigener Kanal vorgesehen – dazu später mehr. Die Ausgabe des Hauptsignals erfolgt wahlweise über XRL- oder Cinch-Ausgänge, sogar ein eigener Record-Out lugt als Stereo-Cinch heraus. Nettes Gimmick am Rande: Der Master-Out heißt bei Ecler – vermutlich als Reminiszenz an die frühere (Ware-)House-Kultur – tatsächlich HOUSE. Hinzu gesellt sich ein getrennt regelbarer Booth-Out im Cinch-Format. Wie sehr die Spanier beim Warm2 um ein zugleich klangliches Maximum und Optimum bemüht sind, zeigt auch an dieser Stelle ein interessantes Detail. So lassen sich, wie bei der Phantomspeisung wiederum über innenseitige DIP-Schalter, die Level für den HOUSE/Master- und Booth-Ausgang bei Bedarf nochmals um satte 12 dB anheben. Dabei verspricht der Hersteller keinerlei negative Einwirkung auf die Klanggüte, beispielsweise in Form von Verzerrung. Interne Effekte bringt der Warm2 erwartungsgemäß ebenfalls nicht mit – dafür aber die Möglichkeit, eine externe FX-Schleuder über rückseitige Stereo-Send-Returns einzuschleifen. Frontseitig ist schließlich noch der Headphone-Anschluss sowohl in Klinke- als auch Miniklinke-Ausführung vorhanden. Ebenfalls dort muss man übrigens die Kopfhörer-Lautstärke und den Vorhör-Mix bestimmen – beide Potentiometer ragen aus der Stirn heraus. Abbruchgefahr droht aufgrund der Stabilität kaum, zumal der Warm2 eher nicht als Reisetool konzipiert wurde. Dennoch erfordert der dortige Zugriff etwas Gewöhnung.

Layout
Da sich der schicke Spanier auf die wesentlichen Mixerfunktionen konzentriert, gibt er keinerlei Bedienungsrätsel auf – selbst, wenn man dem Fader-Lager entstammt. Links und rechts befinden sich jeweils die beiden Hauptkanäle 1 und 2 mit den streng vertikal angeordneten Elementen Eingangs-Switch, Eingangs-Trim-Regler, 3-Band-EQs, Vorhör-Button, Effekt-Send-Regler und den fetten Kanallautstärke-Rotary. An der oberen Flanke lassen sich zwischen den Kanälen nebeneinander der HOUSE-Master-Ausgang und Booth-Ausgang einstellen. Den unteren Abschluss bilden zwischen den Kanal-Rotarys drei 12-Segment-Pegelanzeigen: eine für das Vorhörsignal, davon separiert zwei für das Links-Rechts-Ausgangssignal. Eine Sonderstellung nimmt der mittig angelegte und etwas abgespeckte +1-Kanal, der in erster Linie dem Mikrofonsignal vorbehalten ist. Er verfügt typischerweise über 2-Band-EQs (High und Bass) sowie einen Trim- und kleinen Lautstärke-Poti. Letzterer befindet sich dort, wo in den Hauptkanälen die Effekt-Send-Einsteller eingelassen sind. Was gleichzeitig bedeutet, dass eine Effektzuteilung für den mittleren Kanalzug nicht vorgesehen ist. Dennoch ist das völlig ausreichend, um ihn im Notfall auch mal als dritten Line-Kanal einzusetzen – die Voraussetzungen sind ja mit den entsprechenden Anschlüssen und dem Umswitcher gegeben. Die Isolatoren-Sektion für den Master setzten die Spanier im Gegensatz zur Konkurrenz dorthin, wo sie vielleicht am meisten Sinn macht: als horizontales Band gleich oberhalb der Kanal-Rotarys. Als zentralen Angriffspunkt für die Klangmanipulation will man sie schließlich jederzeit im direkten Zugriff haben.

In Isolation
Die Send FX in den Hauptkanälen sind dankenswerterweise mit kleinen Pre-/Post-Schaltern versehen. Das Effektsignal kann also wahlweise parallel mit den Rotarys ein- und ausgeblendet oder davon abgekoppelt werden, beispielsweise, um sie vorzuhören. Ebenso gehen die 3-Band-EQs, mittels 12-dB-Filter als Isolatoren ausgeführt, sehr zünftig zu Werke. So lassen sich die Höhen, Mitten und Bässe bei Linksanschlag komplett wegschneiden und entgegengesetzt bis auf +12 dB boosten. In seiner Flankensteilheit noch zwei Ordnungen darüber liegt der Filter, der für den Master-Isolator zur Anwendung kommt. Mit seinen 24 dB/Oct. verwöhnt er das Gehör selbst in Extremeinstellungen mit einem zugleich transparenten und satten Analogklang, der weder im Frequenzkeller schmierig wird noch in den Spitzen unangenehm pfeift oder ausfranst. Stattdessen stehen feistes Bollern und feinstes Zirpen auf dem Programm, ohne dass der Sound seine grundsätzliche Ausgewogenheit verliert. Dabei erlauben die großen Rotarys das akzentuierte Herausarbeiten oder Stilllegen einzelner Instrumentenklänge, sodass man – abgesehen vielleicht von einem Delay oder Hall – weitere Effekte überhaupt nicht vermisst. Über Rotarys manipulieren lassen sich traditionell die Bass-, Mitten- und Höhen-Frequenzen, jeweils ebenfalls vom kompletten Cut bis zur 12-db-Anhebung. Die Übergangsbereiche sind gleichfalls ziemlich klassisch bei 300 Hz und 4 kHz angelegt.

Fazit
Innerhalb der Rotary-Nische bedient Ecler sehr geschickt eine Marktlücke. Denn zwischen den Mitbewerbern Omnitronic TRM-202 für 400 Euro und dem nächsthöheren Master Sounds Radius 2 für umgerechnet 1.100 Euro klaffte bislang eine Preisspanne, die der Warm2 mit seinen 645 Euro genau ausfüllt. Dabei kann man sich den Ecler-Spross im professionellen Clubeinsatz absolut vorstellen, was für die Gegenspieler im unteren Dreher-Preissegment nur bedingt gilt. Natürlich muss man ein*e ausgesprochene Freund*in der alten DJ-Schule sein, um sich mit diesem komplett digitalbefreiten Konzept überhaupt anzufreunden. Zumal das geradezu meditative Mixen und Manipulieren zweier Tracks grundsätzliche DJ-Skills erfordert, die in dieser Ausprägung längst nicht mehr jede*r auf der Pfanne hat. Was das Klangverhalten angeht, macht dem Warm2 in Anbetracht des Preises wieder einmal niemand etwas vor.

 

Aus dem FAZEmag 121/03.22
www.eclerdj.de