FAZEmag-Jahrespoll 2021: Breakthrough International

 

Im letzten Jahr haben wir die Durchstarter/Breakthrough-Kategorie ruhen lassen, die Voraussetzungen waren denkbar ungünstig. In dieser Kategorie sollen die Künstler*innen geehrt werden, bei denen eurer Meinung nach der Knoten geplatzt ist – und das können natürlich auch schon halbwegs etablierte Acts sein.

01 LEA OCCHI
02 Nusha
03 Nico Moreno
04 Indira Paganotto
05 Daria Kolosova
06 Prauze
07 Elad Magdasi
08 Neon Graveyard
09 Anastasia Kristensen
10 Jimi Jules

 

 

INTERVIEW MIT LÉA OCCHI

Léa, herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung als „Breakthrough Artist International“ bei unserem Leservoting 2021.

Hallo FAZE-Team! Ich bin so glücklich und fühle mich geehrt, von euren Leser*innen ausgewählt worden zu sein. Das ist unglaublich, vielen Dank! Ich bin zurzeit zu Hause in Berlin und fühle mich endlich wieder besser, nachdem ich Weihnachten wegen Covid-19 isoliert von der Außenwelt war.

Gebürtig kommst du aus Frankreich, wo du auch aufgewachsen bist. Erzähl uns etwas über deine musikalischen Wurzeln und deine Anfänge in der Szene.

Ja, ich bin in Paris geboren und habe dort lange Zeit gelebt. Musik war schon immer ein wichtiger Teil meines Lebens, schon seit meiner Kindheit. Jazz, Soul oder französische Lieder – Familienmomente sind bei uns immer gleichbedeutend mit Musik und Austausch. Elektronische Musik trat noch in der Schule in mein Leben. Eine starke Neugierde, die mich dazu brachte, parallel zu meinem Kunststudium mit dem Auflegen anzufangen und zu experimentieren. Ich fing an, in einigen Pariser Bars und auf Studentenpartys zu spielen. Ernst wurde es für mich 2017, als ich mein eigenes Kollektiv Spectrum gründete, mit dem ich in einer Residency im La Station Gare des Mines in Paris spielte. Schon immer von der Berliner Kultur inspiriert, beschloss ich 2019, nach Berlin zu ziehen, um eine neue Szene zu entdecken und neue Möglichkeiten auszuloten. Es war definitiv eine gute Entscheidung, denn ich hatte die Chance, in berühmten Berliner Clubs zu spielen und in Deutschland eine gewisse Sichtbarkeit zu erlangen.

Erzähle uns mehr zur Philosophie bei Spectrum.

Mit meinem besten Freund und Partner David habe ich Spectrum 2017 mit dem Ziel gegründet, einen sicheren Ort für Minderheitengemeinschaften zu schaffen, an dem alle Künste zum Ausdruck gebracht werden können. Ein LGBTQ+ Kollektiv mit Toleranz, Freiheit, Sharing und Respekt als Hauptwerte. Wir haben eine Residency im Gare des Mines – einer sanierten Industriebrache und einem ehemaligen Bahnhof – mit der wir gerne zusammenarbeiten, da wir die gleichen Werte und Visionen teilen. Über unsere Line-ups und unseren Podcast stellen wir aufstrebende französische und internationale DJs und Produzent*innen vor. Es ist uns wichtig, junge, in Frankreich noch unbekannte Künstler*innen zu fördern und ihnen eine Chance zu geben, quasi als Sprungbrett. Wir engagieren uns auch sehr für die Sichtbarkeit von Frauen und der LGBTQ+-Community in der Elektronikszene. Wir kümmern uns um Sicherheit und Drogenprävention vor, während und nach all unseren Veranstaltungen. Außerdem engagieren wir uns sehr, indem wir nach jeder Veranstaltung einen Teil unserer Einnahmen an verschiedene Organisationen, wie Migranten- und Flüchtlingshilfen, LGBTQIA+-Vereinigungen wie z.B. Le Refuge, oder den Kampf gegen Aids spenden.

Eine großartige Community. Wie würdest du deinen Sound und deine stilistische Entwicklung der letzten Jahre beschreiben?

Ich habe immer denselben Stil verfolgt, fundiert auf denselben Einflüssen, muss ich sagen. Wenn ich mir meine Sets von 2017 anhöre, gibt es definitiv Tracks, die ich heute wieder spielen würde und oft sogar tue. Ich habe mich schon immer zu groovigen und Tribal-Sounds hingezogen gefühlt. Seit ich in Berlin lebe, werde ich noch mehr von dieser mentalen Seite beeinflusst. Mit den Jahren sind meine Sets natürlich reifer und konstruierter geworden und offenbaren immer meine aktuellen Gefühle – wie Freude, aber natürlich auch Ängste oder Unsicherheiten. Ich würde aber behaupten, dass ich heute wesentlich öfter Musik junger/aufstrebender Produzent*innen in meinen Sets inkludiere.

Du planst einige Events und Kollaborationen, darunter auch einige Projekte in Berlin, nicht wahr?

Genau, mit meinem Spectrum-Team arbeiten wir gerade an unseren Line-ups für 2022. Eine große Neuigkeit: Unser Veranstaltungsort La Station wurde umgestaltet – eine riesige neue Indoor-Bühne mit einem neuen Soundsystem ist in Planung. Das ist sehr aufregend und erlaubt uns, uns neue, sehr coole Formate auszudenken. Aber es ist immer noch schwierig und eine ziemliche Herausforderung, weil wir in Frankreich immer noch nicht wissen, ob die Clubs wieder öffnen bzw. wann. Und ja, wir werden dieses Jahr tatsächlich unser erstes Event in Berlin in Zusammenarbeit mit einem tollen Label organisieren. Bald darf ich mehr verraten.

Was sind deine bzw. eure Pläne für die Zukunft – in Bezug auf Musik, Events, Projekte, aber auch privat?

Der erste Wunsch für dieses Jahr ist es, wieder Events in Frankreich und Deutschland zu organisieren und spielen zu können. Bei Spectrum ist das Ziel, sich auf den Aufbau eines kohärenten und scharfen Line-ups mit hauptsächlich aufstrebenden und jungen Künstler*innen zu konzentrieren. International möchte ich Events organisieren und mehr Kollaborationen mit Kollektiven, die unsere Werte teilen, eingehen. Privat war 2021 kein einfaches und ruhiges Jahr für mich, um ehrlich zu sein. Natürlich wegen der angespannten Lage, aber auch wegen vieler Ängste und Befürchtungen. Deshalb habe ich beschlossen, im Februar einige Wochen Pause zu machen, um mit meinem Freund durch Lateinamerika zu reisen und im April voller Energie, Kreativität und bereit für einen Neuanfang zurückzukommen. Ich kann es kaum erwarten, wieder zu spielen! Bis dahin, viel Liebe für euch!

 

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