Formula Sound FF6.2L – Schwarzer Fels in der Brandung

Ricardo Villalobos am FF6.2
Ricardo Villalobos am FF6.2

Pioneer DJ kennt jeder, der sich auch nur ansatzweise mit DJ-Technik beschäftigt. Numark und Denon DJ auch. Bei Rane und Allen&Heath nicken noch die gut Informierten. Aber Formula Sound? Da dürfte selbst manch Profi-DJ passen 

Es sei denn, er hatte bereits das Vergnügen, mit einem High-End-Mixer wie dem aktuellen FF6.2L zu arbeiten. Es ist ein haptisches und klangliches Erlebnis, das in Erinnerung bleibt. Entsprechend wird man den Sechskanaler nur in einem kompromisslos gut ausgestatten Club unter die Fittiche bekommen. Allein schon aufgrund des Preises: Knapp 4000 EUR sind eine echte Ansage. 

Formula follows Funktion
Formula Sound ist keinesfalls eine junge Company, sondern besteht bereits seit 35 Jahren. Nur entwickelt der Londoner Hersteller keine Consumer-Tools, sondern hochwertige Pro-Audio-Werkzeuge für Veranstaltungen. Dass die Firma mit dem Spirallogo seit einiger Zeit stärker ins allgemeine Bewusstsein dringt, liegt an der Kooperation mit einem britischen Kulthersteller: Funktion One. Also jener legendären PA-Company, die die internationale Crème de la Crème der Clubs und Festivals mit maßgeschneiderten Lautsprechersystemen bedient. Und da auch der beste Funktion-One-Boxenturm nur so gut klingen kann, wie es der Mixer zulässt, haben sich die Techniker entschlossen, mit Formula Sound eigene Optimallösungen zu konstruieren. Erste Ergebnisse waren der FF-4000 und FF-6000. Mit dem neuen FF6.2L haben sich die Kooperationspartner nun ein Denkmal gesetzt. 

Dark Star
Dass der FF6.2L ein DJ-Mixer vornehmlich für Clubeinsätze ist, lässt sich an verschiedenen Punkten festmachen. So ist er nicht plakativ gestaltet, sondern ein eher schmuckloser schwarzer Brocken mit eindeutiger weißer Beschriftung. Jeder Firlefanz in Farb- und Formgebung ist dem FF6.2L fremd. Im Vergleich zu DJ-Mixern für den Massenmarkt ist zudem alles deutlich größer dimensioniert und robuster ausgeführt. Als steige man von Matchbox-Autos auf Tonka-Fahrzeuge um. So besitzt der FF6.2L, abgesehen von den Faderkappen und hinterleuchteten Druckknöpfen, beispielsweise keinerlei Kunststoffbauteile. Und selbst die wenigen Kunststoffelemente sind von bemerkenswerter Qualität. Als ergonomischer Genuss erweisen sich die je nach Funktion unterschiedlich groß ausgeführten Aluminiumpotis. Sie lassen sich mit idealem Widerstand führen und verfügen über einen fein strukturierten Rand, der selbst hochgradig verschwitzte Finger nicht abrutschen lässt.  

WYSIWYR
Aufgrund der Vollmetallkonstruktion und des analogen Innenlebens inklusive Netzteil und hörbaren Powerlüfters bringt es der dicke Brite dann auch auf ein Gewicht von knapp zehn Kilogramm. Zusammen mit der sowohl Media-Player als auch Turntables überragenden Höhe von 11 Zentimetern wird wiederum deutlich, dass er keine DJ-Nomaden im Blick hat, sondern für Festinstallationen gefertigt ist. Alles richtig macht der FF6.2L auch beim Layout und Funktionsumfang. Ein Clubmixer sollte den permanent wechselnden Nutzer selbst im spontanen Ersteinsatz vor keinerlei Bedienprobleme stellen. Genau das schafft der Formula-Sound-Neuling vorbildlich. WYSIWYR: What You See Is What You Rock. Keine verwirrenden MIDI- oder Controller-Funktionen, keine halbgare Multi-Effekteinheit oder Funktionen auf zweiter Ebene. Wer diesen Mixer nicht auf Anhieb versteht, sollte sich nicht mit der Bezeichnung DJ schmücken. Und schon gar nicht mit dem Zusatz  „professionell“. Von links nach rechts reihen sich zunächst sechs gleichwertige Kanalzüge aneinander, ergänzt um einen Booth- und Master-Streifen und schließlich die kombinierte Vorhör- und Mikrofonsektion. Hier gleich eine erste Besonderheit: Die ersten beiden Kanalzüge sind mit zuschaltbaren Kompressoren ausgestattet, um die Audiosignale beispielsweise von Mikrofonen oder auch Drumboxen verdichten und dem Gesamtklangbild anpassen zu können. Auf die restlichen vier Kanäle lassen sich klassisch wahlweise Phono- oder Line-Signale legen.  

Filterfreuden
Die wenigen Klangbearbeitungswerkzeuge, die der FF6.2L mitbringt, sind von allererster Güte. Allen voran die Analogfilter pro Kanal. Diese kommen nicht als kombinierte Lowpass/Highpass-Typen mit Überblendregler daher. Sie lassen sich über separate Potis gezielt im LP- und HP-Verhalten im Frequenzbereich von 20 kHz bis 1 kHz steuern. Ein Resonance-Regler fehlt dem Formula-Sound-Neuling, sodass mit den Filtern keine drastischen Soundveränderungen möglich sind. Vielleicht sollte man dem Hersteller aber genau dafür danken. Denn ein hackedichter DJ, der mit einer Filterresonanz Amok läuft, gehört zum Nervigsten, was es für Gäste und Veranstalter gibt. Mal abgesehen davon, dass es Gehör und die PA schädigen kann. Stattdessen glänzt der FF6.2L auch hier mit britischem Understatement. Hohe Sweeps und niederfrequente Blubbereien klingen in allen Regelbereichen erstklassig und verwöhnen das Ohr durch ihre feine Transparenz beziehungsweise das warme, druckvolle Volumen. Ergänzend erlauben die EQs pro Kanalzug feinfühlige Klangeingriffe. Hierbei wurde der Mittenbereich nochmals in Mid-High und Low-High aufgeteilt, sodass sich der Klang in insgesamt vier Frequenzbereichen sehr gezielt bearbeiten und auch komplett killen lässt. Das ist für einen High-Class-Clubmixer jetzt keine wirkliche Neuerung, aber dennoch eine lobende Erwähnung wert.  

Effekt(um)weg
Wer unbedingt Wert auf die Einbindung zusätzlicher Effekte legt, kann über zwei rückseitige Aux-Eingänge externe Geräte anschließen. Eine klassische Send/Return-Schleife besitzt der Mixer nicht. Für den Return muss man deshalb bis zu zwei Hauptkanalzüge abzwacken, kann das Effektsignal aber dann eben auch mit den Filtern und EQs weiter feintunen. Die Lautstärke der Aux-Kanäle wird über zwei Potis im Masterkanal eingestellt. Der Master ist übrigens insgesamt angenehm simpel gehalten. Es gibt natürlich einen Volume-Regler, einen On/Off-Button für einen Insert-Kanal sowie eine 12-segmentige Pegelanzeige.  

Links daneben befindet sich ein nahezu identisch aufgebauter Booth-Strip, um die Abhören in der Kanzel anpassen zu können. Statt der zwei Aux-Regler befinden sich hier ein Poti für die stufenlose Regelung der Crossfaderkurve sowie ein Panorama-Regler für die Booth-Speaker. Die Stereoposition des Master-Outs kann übrigens mixerseitig nicht eingestellt werden. Muss aber auch gar nicht. Denn dort, wo der FF6.2L zum Einsatz kommt, wurde die PA (hoffentlich) im Vorfeld von einem Sound-Engineer perfekt ausbalanciert. Hier könnten Veränderungen seitens des DJs wiederum mehr schaden als nutzen. 

Supersymmetrisch
Bleiben wir noch kurz auf der Rückseite. Alle Ausgänge (Master, Booth, Sub Bass) übermitteln die Signale ausschließlich auf XLR-symmetrischem Wege. Wiederum ein Indiz dafür, dass der FF6.2L für große Clubs und Festivals prädestiniert ist. Denn die Symmetrie sorgt dafür, dass der Klang auch am Ende langer Übertragungswege störungsfrei ankommt. Daheim sind symmetrische Anschlüsse in aller Regel ein netter, aber überflüssiger Luxus. Komplett verzichten kann der Heimanwender zudem auf zusätzliche FF6.2L-Spezialitäten wie Zone-Outs, um einen zweiten Raum zu beschallen, oder den Remote-Mute, um die Kanäle beispielsweise für Notfalldurchsagen aus der Ferne stumm zu schalten. 

Knusperklang
Kommen wir zu dem, was den Formula-Sound-Giganten so teuer, aber eben auch herausragend macht: den voll analogen Klang. Er erweist sich als studiotauglich, warm und doppelrahmstufig fett, ohne dass er in hohen Pegelbereichen wegbricht. Ihn zu übersteuern, ist nahezu unmöglich. Wer dennoch in die Clipping-Spitze vordringt, wird nicht etwa mit üblem Scheppern bestraft, sondern mit angenehmer Verzerrung geradezu belohnt. Aber das ist auch wieder ein Merkmal, das sich in den heimischen vier Wänden kaum ausspielen lässt. Natürlich kann man ihn dort nutzen – aber das ist ein wenig so, wie wenn man mit einem Humvee zum Bäcker führe. Veranstalter und Clubbetreiber hingegen, die ihren Gästen ein Optimum an Sound bescheren wollen, werden mit dem FF6.2L den Stein der Weisen finden. Oder eben Fels. Denn er ist gemacht für die Ewigkeit. Und er wird in Kürze alternativ als Rotary-Version unter der Bezeichnung FF6.2R erhältlich sein.  

Aus dem FAZEmag 066/08.2017
www.formula-sound.co.uk

www.funktion-one.com 

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