Liebe Freunde der elektronischen Klänge! Es war wieder die schönste Zeit des Jahres. Die Messe für alle Fans von Musikinstrumenten und Audio-Technologie fand vom 12. bis 14. Mai wieder im FEZ Berlin statt. Mit über 200 Aussteller*innen war die Superbooth einmal mehr ein beeindruckendes Schaufenster für die neuesten Produkte und Entwicklungen in der MI-Branche. Anstatt vieler Erzählungen über die wahnsinnige Energie, die während der Superbooth jedes Jahr in einem Besucher wie mir entsteht, möchte ich euch in meinem diesjährigen SB-Special aber so viele Neuheiten wie möglich vorstellen.
Ich starte mit meinem persönlichen Design-Highlight 2023: Dem Teenage Engineering TP-7. Ein mobiler Recorder im teenage-typischen metallisch-grauen Design. Im Verbund mit dem OP-1 field, dem TX-6 Pocket Mixer und dem vor einigen Wochen bereits releasten Kondensator-Mikrofon CM-15 hat man nun eigentlich ein komplettes Tonstudio für die Hosentasche. Der TP-7 hat einen internen Speicher von 128 GB und einen Akku, der für bis zu sieben Stunden (Field-)Recording ausreichen soll. Mehrspurige Aufnahmen sind problemlos möglich. Über drei Stereo In-Outs lassen sich sämtliche Zuspieler anschließen. Ein Mikrofon sowie ein Lautsprecher sind aber auch bereits „on board“. Absolut cool ist die iOS App, die gleich mitgeliefert wird. Mit ihr kann man aufgenommene Sprache direkt in Text umwandeln. Ein technisches Highlight ist mit Sicherheit das große motorisierte Jogwheel, mit dem man nicht nur durch die Aufnahme jogglen kann, sondern gleichzeitig auch durch das Menü der kleinen Wunderwaffe skippt.
Weiter geht’s mit dem Elektron Analog Heat+FX, einer erweiterten Version des Analog Heat. Wie der Name schon erahnen lässt, nun also mit digitalen Effekten (Noise Gate, Reverb, Delay, Chorus, Warble, Bits, Compressor, Bass Focus) bestückt ist es die völlig notwendige Erweiterung des beliebten Klassikers, der jeder Live-Musiker*in im Studio oder auf der Bühne die nötige Wärme verleiht.
Von der Firma Lambda Synthetics gab es einen Prototyp Namens „Poly Pulse“ – eine fünfspurige Live-Workstation, mit der man komplexe (Poly-) Rhythmen und Melodien erstellen kann. Der große graue Kasten hat für jede Spur ein eigenes Touchpad, mit dem man umfangreich in den Sound eingreifen kann. Die Klaviatur-Buttons unterhalb erinnern an eine 909 und im Mittelfeld gibt es 32 Regler. Viel kann ich dazu noch nicht verraten, da es sich hier noch nicht um das finale Produkt handelt. Aber ich hoffe auf einen ausgiebigen Test in einer meiner nächsten Ausgaben.
Unheimlich gefreut habe ich mich über den Stand von Playsuperlative. Die „SB01 (Space Bee) habe ich schon 2019 auf der Superbooth bespielt. Der ursprünglich als Kickstarter-Projekt finanzierte Synth erinnert mich an eine in allen Details neu durchdachte Roland SH-101. Sowohl vom Design als auch vom Sound. Fühlt und hört sich einfach sensationell gut an, und ich kann es nicht erwarten, eine Space Bee zu besitzen. Die Jungs haben viele Jahre entwickelt und nicht aufgegeben. Respekt!
Weiter geht’s mit einer Überraschung aus dem Hause Erica Synths: „Steampipe“ heißt der erste Synthesizer im Desktop-Format, der keine Oszillatoren verwendet. Er ahmt die Klangerzeugung von Blasinstrumenten via Physical Modeling Synthese nach. Von Streichern bis Orgeln. Hier gibt es eine Menge zu entdecken, was man so noch nicht kennt. Es gibt drei Sektionen: STEAM, PIPE & REVERBERATOR, die alle unterschiedliche Funktionen besitzen, um neue Klänge zu erzeugen. Als absolute Innovation muss man das TipTop Audio ART System bezeichnen: Modularsystem neu gedacht. Während wir normalerweise Steuerspannung oder Audiosignale verpatchen, werden hier mit dem neuartigen Polytip-Kabel polyphone Informationen über ein einziges Kabel versandt. Ob sich das am Ende durchsetzen wird, muss sich erst zeigen.
Auch von der Firma Tasty Chips gibt es Nachwuchs zu vermelden. Der GR-1 hat mit dem GR-Mega einen großen Bruder bekommen. Der beliebte Granularsynthesizer ist fast doppelt so groß und kommt natürlich auch mit mehr Tasten und Reglern daher. Es gibt jetzt 20 statt 11 Stimmen und man kann bis zu 5.000 Grans gleichzeitig erzeugen. Als absolute Neuheit ist jetzt der „Spectral“ Mode implementiert worden, mit dem man die Grains auf einen bestimmten Frequenzbereich begrenzen kann.
Als großer Tape-Delay-Fan habe ich mich besonders über den Finegear „The Dirt Magnet“ gefreut. Der Blickfang des Effektgerätes ist natürlich das echte Band, das man hier hinter einer Glasscheibe wundervoll in Szene gesetzt hat. Mit einer ganzen Reihe an Modulatoren, Filtern und LFOs macht es hier besonders viel Spaß, sich hier sogar in Stereo im Sound zu verlieren. Ich hoffe sehr, dass ich in einer der nächsten Ausgaben das ein oder andere Produkt einem intensiveren Test unterziehen kann. Bis dahin wünsche ich euch eine gute Zeit und viel Spaß beim Modulieren und Patchen!
Aus dem FAZEmag 136/06.2023
Foto: Angela Kroell