Frank Sonics modulare Suchtberatung

Herzlich willkommen, liebe FAZE-Leser*innen, zu meiner neuen Kolumne aus der Welt der elektronischen Producer-Tweaks. Als ich vor einem Jahr angefangen habe, hier zu schreiben, hätte ich mir gewünscht, dass es nie so weit gekommen wäre. Ich habe alles versucht, um es zu vermeiden, doch sie hat mich gepackt. So wie der Manni samstagsmittags regelmäßig ins Wettbüro rennt, um dort seine wöchentlichen Bundesliga-Tipps abzugeben, surfe ich nun sonntagsabends wahlweise bei Ebay-Kleinanzeigen oder auf der Webseite von Schneidersladen und befriedige meine modulare Sucht. Die Welt aus HE und TE, Knurlies und Flying-Bus-Boards hat mich voll und ganz eingenommen. Ich befülle gerade mein drittes Case und habe mein allererstes (kleines) 107-HE-Moog-Eurorack jetzt schon dreimal in den Keller gebracht und wieder raufgeholt, weil die neuen wieder voll sind. Man muss wirklich aufpassen, dass das Ganze nicht ein unaufhaltbarer Kreislauf wird. Es kommt einfach gefühlt jede Woche so ein geiler neuer heißer Shit raus, den man natürlich haben muss.

Ich glaube, es ist dieses Gefühl von Neugier, Patches zu bauen, die kein anderer jemals gepatcht hat. Neue schräge Sounds (die oft niemals auf dem Dancefloor funktionieren würden) zu kreieren. Eigentlich fast immer stelle ich fest, dass ich den Sound auch mit einem VST-Plug-in viel schneller hätte schrauben können. Aber das ist eben wie mit der Schallplatte. Klar gibt es MP3, aber diese analoge Wärme, den magischen „Sssssaund“, wie der Babba sagen würde, hast du eben nur auf Vinyl.

Ich rate also jedem von euch: Fangt nicht damit an! Und wenn ihr es doch tut, seid euch bewusst, dass es ein Fass ohne Boden ist und man oft auch einfach mal „nein, brauche ich nicht“ sagen sollte. Um es euch etwas leichter zu machen, gibt’s in dieser Folge ein bahnbrechendes Modul von meiner absoluten Lieblingscompany: Endorphine.es.

Der „Ground Control“ ist, wie der Name schon erahnen lässt, eine echte Steuerzentrale für dein Modularsystem. Ein Mehrspur-Sequencer mit elf Tracks – acht triggern davon die Drums und drei steuern die Melodien mit CV/Gate. Als absolutes Highlight gibt es den Ground Control jetzt als Standalone-Version im eleganten silbernen 42hp-Case. Spart natürlich Platz im Case und macht ihn damit noch vielseitiger. Vor allem die Möglichkeit, die erzeugten Sequenzen und Drum-Pattern über MIDI auch an den Rechner oder nicht-modulare Synthies/Drumcomputer zu senden, macht ihn zu einem wirklichen Allrounder-Tool. Das äußere Erscheinungsbild ist absolut wertig und massiv. Die Anschlüsse für die Steuerspannungen liegen alle im oberen Bereich der Frontplatte und stören somit im Live-Einsatz nicht beim Programmieren. Wo wir beim Thema sind – als großer Fan der Roland SH 101 fasziniert mich der 101 Mode, wo man Pattern genau wie beim Klassiker einspielen kann. Auch wenn mich das Modul aufgrund seiner Komplexität zunächst etwas überfordert hat – wenn man einmal den Durchblick hat und die Menüstruktur verstanden hat, macht es unheimlich viel Spaß und es wird schnell zum Gehirn seines Systems. Das Gesamtpaket macht hier – Endorphine.es-typisch – einfach wieder von Beginn an Spaß und ich kann den Ground Control mit gutem Gewissen jedem, der einen Sequencer sucht, mit dem man auch ganze Tracks programmieren kann, wärmstens ans Herz legen.

Das zweite Modul in dieser Episode heißt „Aikido“ und ist eine Kollabo aus dem Hause Bastl Instruments und Casper. Ein VCA-Mixer auf 11 TE, der mit Fadern, die bis zu 6 dB geregelt werden können, bestückt ist. Da man eigentlich generell nicht genug Mixer im Case haben kann – ist dieser doch schon wieder etwas speziell. Gerade im Live-Einsatz machen die vier Mute-Taster, mit denen man einzelne Kanäle stummschalten kann, absolut Spaß. Die vier VCA-Outputs sind intern verschaltet – funktionieren also auch ohne Patchkabel. Über den Mix-Ausgang greift man dann elegant die Summe der einzelnen Channels ab. Ein weiteres Highlight ist der Sidechain-Input mit Envelope-Follower. Kompression lässt grüßen, und der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Bevor ich mir nochmal einen normalen VCA kaufen würde, würde ich lieber noch zwei weitere Aikidos ins Rack bauen. Man kann diese nämlich über Anschlüsse an der Rückseite kaskadieren, was sicherlich noch viel mehr Freude bereitet. Generell bleibe ich bei Patches gerne in derselben Familie. Ich befeuere den Aikido mit beißenden Sequencen aus dem Bastl „Pizza“, den ich euch in meiner letzten Ausgabe eingehend vorgestellt habe. Eine monströse Kombi. Mal sehen, was es wieder Neues gibt – ihr merkt schon: Es bleibt spannend! In diesem Sinne wünsche ich euch frohes Patchen und einen schönen Frühling. Ich bin im Juni zurück und melde mich dann wieder mit dem heißesten Shit der Superbooth.

Euer Frank

 

Aus dem FAZEmag 134/04.2023
Text: Frank Sonic
www.franksonic.com/