Mehr als 1.200 Künstler, DJs und Veranstalter aus der französischen Musikbranche haben sich zusammengeschlossen, um die Nachtkultur für politische Aktionen zu mobilisieren und gegen die mögliche erste rechtsextreme französische Regierung seit dem Zweiten Weltkrieg zu protestieren.
Die Kulturschaffenden haben sich als Front Électronique (FE) vereint und unter anderem Live-Debatten auf Twitch, kostenlose Konzerte sowie ein Spendenalbum namens „Siamo Tutti Antifascisti“ (Wir sind alle Antifaschisten) mit 38 Interpreten veröffentlicht. Der Unmut der Szene richtet sich gegen die von Marine Le Pen angeführte rechtsextreme Partei Rassemblement National (RN), die als größte Widersacherin des amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron gilt. Bei der von Macron ausgerufenen Neuwahl des Parlaments konnte das RN allerdings nur einen überraschenden dritten Platz erzielen – hinter dem Linksbündnis Nouveau Front Populaire und Macrons Renaissance.
Um gegen Le Pen und RN zu protestieren, waren Mitglieder der FE, darunter auch der bekannte Produzent Étienne de Crécy, vergangene Woche vor zehntausenden Menschen in Paris aufgetreten. Lucas Langlais, Gründer des Plattenlabels Unfair Music, sagte: „Unsere Kultur hat zu lange geschwiegen. Wir können nicht länger tatenlos zusehen, ohne zu handeln, um zu verteidigen, wer wir sind und die Menschen, die wir lieben. Die elektronische Szene war schon immer ein Zufluchtsort für Vielfalt, ob es nun um sexuelle Orientierung, ethnische Herkunft oder individuelle Überzeugungen geht. Wir glauben, dass Musik und Tanz ein mächtiges Mittel sind, um sich gegen Intoleranz zu wehren und die Meinungsfreiheit zu feiern.“
Glaubt man den Worten des Singer-Songwriters Vouyou, hätte der Protest aus der Musikszene allerdings noch größer ausfallen können. Einige der bekanntesten Persönlichkeiten der französischen elektronischen Musik hatten sich offenbar privat gegen Le Pen positioniert, sich öffentlich hingegen in Zurückhaltung geübt. Vouyou erklärt: „Ich fordere meine Anhänger immer auf, zur Wahl zu gehen, ohne ihnen zu sagen, wen sie wählen sollen, aber dieses Mal hatte ich das Gefühl, dass ich eine aktivere Rolle übernehmen muss. Künstler können in der politischen Sphäre eine große Bedeutung haben.“
Eine der größten Ängste innerhalb der Musikkultur – bei einer möglichen Machtübernahme des RN – ist die Aussetzung des „intermittent du spectacle“-Systems, das Musik- und Kulturschaffenden ein Grundeinkommen garantiert. Kürzlich hatte Le Pens Nichte Marion Maréchal ihren Wunsch geäußert, das System außer Kraft setzen lassen zu wollen.
Quelle: The Guardian
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