
Der italienische Produzent und DJ, längst eine feste Größe der Berliner Szene, knüpft mit seinem neuen Werk „Café Futuro“ an sein gefeiertes Debüt „Mondo Della Notte“ an, geht jedoch einen deutlichen Schritt weiter. Es ist sein zweites Album auf Slow Motion und bewegt sich zwischen Italo-Disco, Cosmic und New Beat. Er schafft einen Sound, der gleichermaßen nostalgisch und futuristisch wirkt – eine Hommage an einen legendären Ort in Neukölln und ein Statement zu Erinnerung, Zeit und Weiterentwicklung.
„’Café Futuro’ war nicht einfach nur eine Bar – es war eher wie ein Wohnzimmer für eine ganze Community von Künstlern, Musikern und Nachtschwärmern in Neukölln“, erinnert sich Franz Scala. Der Ort hatte für ihn eine besondere Magie: „Es gab dort etwas Unpoliertes, Echtes. Man konnte allein hingehen und fand sich am Ende des Abends doch in tiefen Gesprächen wieder.“ Diese Atmosphäre floss direkt in das neue Album ein. „Einige Stücke wurden von dieser späten Stimmung inspiriert, von dem Gefühl von Verbindung und auch Entfremdung, das in diesen nebligen Stunden entstehen kann. So wurde das Album zu einer Art Klangpostkarte aus dieser Welt – eine Hommage und ein Versuch, ihren Geist lebendig zu halten.“
Im Vergleich zum Vorgänger wollte Scala eine Entwicklung zeigen. „’Mondo Della Notte’ war ein traumähnlicher Schnappschuss nächtlicher Emotionen – roh, instinktiv und intim. Mit ,Café Futuro’ wollte ich nach vorne schauen. Die Produktion ist aufwendiger, die Themen sind weitreichender. Ich habe über Erinnerung, Zeit und das persönliche wie künstlerische Weitergehen nachgedacht.“ Das Album vereine eine subtile Spannung zwischen Nostalgie und Futurismus: „Es trägt weiterhin meine DNA, aber es ist mutiger, vielschichtiger. Ich wollte, dass die Hörer das Gefühl haben, mit mir gewachsen zu sein – und trotzdem etwas Unerwartetes zu hören.“ Die Balance aus Vergangenheit und Zukunft ist für ihn kein theoretisches Konzept. „Ich fühle mich von nostalgischen Klängen angezogen, weil sie emotionale Schwere und Kindheitsvertrautheit tragen. Gleichzeitig inspiriert mich das Unbekannte, die Zukunft. Ich denke da nicht zu viel nach, sondern folge einfach dem, was sich richtig anfühlt.“
Wichtige Impulse lieferten auch die zahlreichen Kollaborationen. „Mit Furotica zu arbeiten, fühlte sich von Anfang an natürlich an. Ich habe ihre Musik immer bewundert, und es passte perfekt zur Stimmung von ,New Look‘.“ Neben diesem Opener prägen weitere Gäste das Album entscheidend. „Jede Zusammenarbeit brachte eine eigene emotionale Tiefe mit und hat das Klangspektrum erweitert. Es hat mich kreativ herausgefordert und die Platte auf neues Terrain geführt.“ Ein herausragendes Beispiel ist „Saxon Rebel“ mit Local Suicide und Dina Summer. „Dieser Track ist meine Verneigung vor der Italo- und New-Beat-Szene. Diese Ären standen für rohe Emotion, hypnotische Rhythmen und eine euphorische Underground-Atmosphäre. Für die heutige Tanzfläche verbinde ich diese analogen Texturen mit moderner Energie.“
Unverzichtbar bleibt Scalas Arsenal an Vintage-Synthesizern. „Für ,Café Futuro’ habe ich vor allem OB-6, E-mu Vintage Keys, Korg Wave Station, Matrix 1000 und den Crumar Bit99 verwendet. Die Mischung aus klassischen Texturen, warmen Pads und expressiven Leads hat die emotionale Atmosphäre des Albums entscheidend geprägt.“ Gerade dem Bit99, einem Stück italienischer Synth-Geschichte, widmet er einen eigenen Track: „Dieses Instrument repräsentiert für mich einen besonderen Moment im italienischen Synth-Design – eigenwillig, voller Persönlichkeit und unterschätzt im Vergleich zu den japanischen und amerikanischen Klassikern. Ihm ein Stück zu widmen, war meine Art, diese Kultur zu würdigen.“ Auch die Dramaturgie des Albums ist sorgfältig durchdacht. „Ich wollte, dass sich das Album wie eine Geschichte entfaltet, mit jedem Track als eigenes Kapitel.“ Den Schlusspunkt setzt „Fase Lunare“ mit dem L.A.-Duo Acid Gymnastics. „Ihr Beitrag brachte zugleich Verletzlichkeit und Intensität – das machte den Song zum perfekten Finale, wie eine letzte Filmszene.“
Am Ende versteht Scala „Café Futuro“ als Dokument und Einladung zugleich: „Ich hoffe, die Hörer spüren ein Gefühl von Zeitlosigkeit. Ich wollte sie transportieren, Neugier wecken und ihnen das Gefühl von Entdeckung mitgeben. Es ist eine Feier der Szene und zugleich ein Spiegel eines Moments in meinem eigenen Leben.“
Aus dem FAZEmag 164/10.2025
Text: Triple P
Foto: Julius Dettmer
www.instagram.com/franzscala