Helmut Dubnitzky – Im Hier und Jetzt

Foto: Maximilian Freitag

Seine ersten Releases datieren ins Jahr 2006 zurück. Seitdem und vor allem durch sein eigenes Label Brise Records hat sich Helmut Dubnitzky innerhalb der Szene eine ansehnliche Reputation erarbeitet. In Sachen Langspieler debütierte der Württemberger im Jahre 2011 mit dem Werk „We Walk“, gefolgt von „Authenticity“ in 2016. Ende vergangenen Dezember erschien mit „NOW“ sein drittes und bislang persönlichstes Album. Inspiriert wurde das Projekt durch sein Mitwirken an der interdisziplinären Theaterproduktion „Jetzt!“ des Theaterlabels Tacheles und Tarantismus während der Corona-Pandemie. Er produzierte Musik für die Inszenierung und wurde zudem als „Cyber Jesus“ und Live-Musiker Teil des Bühnengeschehens. Die Stimmung der einzelnen Titel pendelt zwischen verträumten Laid-back-Vibes und nachdenklichen, energischen Höhenflügen. Der Groove bleibt verbindendes Stilmittel, das sich durch das gesamte Album zieht und die DNA dieses Konzeptalbums bildet. Wir haben Helmut Dubnitzky für euch gesprochen.

Helmut, ein ereignisreiches Jahr 2022 liegt hinter uns. Wie resümierst du das Jahr für dich?
Ich hatte mir für das Jahr viel vorgenommen, umgesetzt habe ich dann sogar noch mehr (lacht). Ich bin happy, dass ich ein weiteres Album produzieren konnte. Zudem habe ich mich im Bereich Audio- und Mastering-Engineering weitergebildet und mein Label Brise Records ausgebaut. Jetzt konnte ich auch mit „Brise Mix & Mastering“ an den Start gehen. Puuuh, es war ganz schön viel los.

„Now“ ist dein drittes Studioalbum. Wie würdest du sagen, hast du dich als Künstler in diesen nun zwölf Jahren verändert und entwickelt?
Künstlerisch konnte ich mich sicherlich weiter öffnen, neue Perspektiven einnehmen und meinen Horizont erweitern. Auch ist meine Definition von „Kunst“ mittlerweile eine ganz andere als noch vor ein paar Jahren. Es ist ein stetiger, künstlerischer Entwicklungsprozess, eine „Never Ending Story“ sozusagen. Diese Dynamik treibt mich in meinem Schaffen an und gibt mir den nötigen Ehrgeiz.

Der Grundstein für das neue Werk wurde während der Pandemie beim Theater gelegt. Wie entstand diese Zusammenarbeit?
Pandemie-bedingt war ich in die interdisziplinäre Theaterproduktion „Jetzt!“ des Theaterlabels Tacheles und Tarantismus involviert. Dort habe ich die Musik produziert und war neben den Schauspieler*innen ebenfalls Bestandteil der Live-Performance. Für mich eine ganz eigene und neue Erfahrung. Die Probenarbeit, die theaterspezifischen Anforderungen an die Musikproduktion, aber auch die Arbeit des Schauspiel-Ensembles, deren Ausdruck, Dynamik und Intellekt waren sehr inspirierend für mich. In mir reifte plötzlich die Idee, ein bis zwei Single-Releases mit zweien der Schauspieler*innen zu machen. Ich hatte eine Songskizze, zu der der Text der Spieler*innen kam. Die Interpretation meines Musikstückes, der frische Ansatz und das Wechselspiel von Sound und gesprochenen Worten hat mich umgehauen. Nachdem die beiden Tracks fertig waren, wusste ich sofort, dass es nicht bei einem Single-Release bleiben soll.

Wie würdest du das Resultat beschreiben?
Als einen eigenen Sound, eine eigene Ästhetik. Nicht 100 Prozent clubtauglich, aber mit Message, frischem Esprit und eigenem Groove. Nachdem die Vorstellungen von „Jetzt!“ vorbei waren, habe ich ein Album recordet, das den Titel „NOW“ bekommen sollte. Alle Künstler*innen von „Jetzt!“ waren sofort dabei und hatten großes Interesse daran, ein einzigartiges Konzeptalbum entstehen zu lassen.

Wie sehr hat dich die Arbeit am Theater aus deiner „Komfortzone“ und deinem vorherigen Künstlerdasein herausgerissen?
Naja, die Arbeit unterscheidet sich grundlegend von einer Studioproduktion. Es geht nicht um meine eigene Perspektive als Produzent, als Künstler Helmut Dubnitzky, sondern darum, was das Beste für das Theaterstück ist und in diesem Kontext funktioniert. Die Symbiose der einzelnen Teile, der Austausch mit den anderen Künstler*innen und dem Regieteam steht im Vordergrund. Mein Sound hat sich super eingefügt. Auf der Bühne habe ich dann als „Cyber Jesus“ performt. Alle Tracks habe ich als Bühnenmusiker live mit Synths, Drummachine usw. umgesetzt. Zum Glück war ich bereits früher einige Zeit live unterwegs, aber gerade zu Pandemie-Zeiten und geschlossenen Clubs war es ein großartiges Feeling, wieder vor Publikum spielen zu können.

Erzähle uns von der Idee, das Geschehen auf der Theaterbühne in deinem Studio fortzuführen sowie von den Sessions mit den jeweiligen Protagonist*innen.
Jeder Track erzählt seine eigene Geschichte. Mal rüttelt sie wach, mal lädt sie zum Träumen ein, mal eckt sie an. Aber sie ist immer vielfältig und bunt. Ursprung war manchmal der Groove, der Text, die Melodie oder mal auch nur eine Idee. Mein Anspruch war es, diese unterschiedlichen Tracks zu einer Einheit verschmelzen zu lassen. Zu einem Sound, der aber zugleich bildgebend für das ganze Album werden sollte. Mir war es wichtig, dass alle Künstler*innen dabei ihren eigenen Spielraum und Platz für ihren individuellen Ausdruck haben. Die Produktion ist eine Mixtur aus allem: analog, digital, live, recordeten Vocals, Atmos, Synths, E-Gitarren, Rhodes, Percussion, Drummachines und Effektgeräten. Der Sound von „NOW“ lässt sich, wie ich finde, mit drei Worten beschreiben: frisch, authentisch und warm.

Wie, würdest du sagen, haben sich dein Sound und auch deine Arbeit im Studio im Rahmen dieses besonderen Backgrounds verändert?
Ich merke, dass ich offen an neue Projekte herangehe. Ich bin nicht festgelegt, probiere mehr aus und bin mutiger. Ich scheue auch den Exkurs in andere Spielarten der Musik nicht und freue mich darauf, stetig an meinem eigenen Sound zu experimentieren und zu forschen.

Es sind auch einige Remix-EPs geplant.
Korrekt. Es wird drei Remix EPs geben. Wir haben geniale Remixe von Gorge, Jackpot, Jürgen Kirsch, Mario Franca, Massimiliano Mascaro, Arteforma und Bang&Cherry.

Das Album erscheint auf deinem Label Brise. Das Label geht nun in das 14. Jahr. Was ist Status quo beim Label und was sind deine Pläne für die Zukunft?
Brise ist und soll auch weiterhin eine Konstante für gute Qualität sein. Dabei geht es nicht darum, wie viele Follower*innen und Reichweite die einzelnen Artists auf Social Media haben. Der Fokus liegt ausschließlich auf der Musik. Da das Album „NOW“ so persönlich, besonders und wichtig für mich ist, ist es nur konsequent, wenn das Release dann auch auf meinem eigenen Label erscheint. Ach ja, für alle Vinyl-Fans habe ich auch noch tolle News – es wird ab diesem Jahr wieder eine Vinyl-Serie geben.

Das sind gute Neuigkeiten. Welche weiteren Pläne hast du für 2023?
Erst einmal werde ich das „Brise Mix & Mastering“ aufziehen und ausbauen. Im Februar erscheint ein weiteres Release auf Muna. Und dann werde ich wohl wieder einige Releases in meinem Studio produzieren. Vielleicht bin ich auch wieder öfter live zu sehen. Ich habe noch eine Anfrage für das Musik-Arrangement einer zeitgenössischen Operette vorliegen. Es bleibt spannend.

Erzähle uns bitte mehr zu „Brise Mix & Mastering“.
Es handelt sich um einen Premium-Service für Mixing und Mastering, der sich ausschließlich an den elektronischen Musikbereich richtet. Seit über 20 Jahren mache ich für viele Künstler*innen und Labels das Mastering. Ich habe das nie so nach außen getragen, doch nun möchte ich diesen Service für alle anbieten, die einen kompromisslosen Sound wollen. Ich unterstütze gerne Künstler*innen, die es zum Beispiel vor lauter Gigs nicht ins Studio schaffen oder auch Newcomerinnen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen und denen das nötige Know-how fehlt, um ihre Projekte qualitativ hochwertig umzusetzen. Mehr Infos gibt es auf der neuen Seite: www.brisemixandmastering.com.

Aus dem FAZEmag 131/01.2023
Text: Triple P
Foto: Maximilian Freitag
www.instagram.com/helmut_dubnitzky